Zwei Gesichter und drei Hände sind zu
sehen.
Simeons Hände sind groß. Die Finger überlang, von Gicht
gezeichnet.
Sie halten das Kind.
Sorgsam, behutsam schließen sie sich um
den kleinen Leib.
Jeder Finger fasst mit zu.
Die Linke drückt das Köpfchen sanft an
die Wange.
Er selber neigt seinen Kopf zum Kind hin.
Voller Gegensätzlichkeit sind die beiden
Gesichter:
Simeons Gesicht ist dunkel, verwelkt, von
vielen Furchen gezeichnet.
Die Erfahrungen eines langen Lebens haben
Spuren hinterlassen
und Falten eingemeißelt.
Simeon ist alt geworden im Warten auf
Jesus.
Aber das Gesicht ist offen, ohne
Verbitterung.
Es drückt Güte und Liebe aus.
Eine Freude liegt auf dem Gesicht.
Ein Strahlen von innen her verklärt die
Last der Jahre.
Um den Mund ist ein Lächeln und verrät
Glück.
Alles freut sich:
die Augen, der Mund, die Nase und die
Hände.
Freude geschauter Hoffnung und Frieden
erlöster Sehnsucht.
Das Kind selbst fühlt sich in den Händen
und auf den Armen des Mannes geborgen.
Ohne Scheu berührt es mit der linken Hand
den Mund bzw. Kinn und Bart des Mannes.
Beide bilden eine innige Einheit.
Zwischen beiden besteht eine zarte
Vertrautheit.
Dieses Kind, das Licht der Welt, ist zu
ihm gekommen.
Und er ist mit seinem Leben bei diesem
Kind angekommen.
So kann er das Abendgebet seines Lebens
sprechen.
„Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie
du gesagt hast in Frieden scheiden...“
Das Kindergesicht strahlt hell und offen.
Aber es ist ernster als das Gesicht des
Greises.
Der Blick geht in die Ferne, dem
Betrachter des Bildes entgegen.
Die Lippen sind entschieden geschlossen,
des Redens noch unkundig.
Als Zwölfjähriger wird dieser Knabe mit
den Schriftgelehrten diskutieren.
Noch später wird von Jesus gesagt, dass
er spricht wie einer der Vollmacht hat.
Voll göttlicher Macht verkündet er eine
ganz neue Lehre.
Das Kind schenkt dem Greisen von seinem
eigenen Leuchten
und zeichnet es in das alt gewordene Gesicht
des Mannes:
Seliger Austausch zwischen Gott und Mensch,
zwischen dem Schöpfer und seinem Geschöpf.
Das
Kind sieht mich an, es sieht dich an.
Es ist
als wollte es sagen:
Ich
kenne dich. Kennst du auch mich.
Ich
liebe dich. Hast du mich auch lieb?
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