geistliche Impulse

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Bildmeditation

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Gib mir dein Herz!

Bildmeditation zum Herz-Jesu-Bild von Pompeo Batoni, 1760, Kirche Il Gesu - Rom 

 

In der Kirche Il Gesu in Rom, der Mutterkirche des Jesuitenordens aus dem späten 16. Jahrhundert, befindet sich das wohl weltweit berühmteste und bekannteste Herzen-Jesu-Gemälde. Wegen seiner Beliebtheit wurde es oft und oft kopiert. Es stammt von dem Künstler Pompeo Girolamo Batoni.

 

Pompeo Batoni (1708 - 1787) erblickte in Lucca (Toscana) das Licht der Welt. Sein Vater war Goldschmied. Der junge Batoni stieg in das traditionelle Familienhandwerk ein. Mit 19 Jahren verließ er jedoch die Werkstadt seines Vaters und ging zum Studium der Malerei nach Rom. Dort entwickelte er sich zu einem der bekanntesten und besten römischen Maler seiner Zeit. Vor allem als Maler von Porträts war er hoch angesehen und sehr begehrt. Unter anderem porträtierte er den österreichischen Kaiser Joseph II. und Papst Pius VII.

 

Im Jahr 1760 wurde Pompeo Batoni vom römischen Jesuitenoberen beauftragt für die Kirche Il Gesu ein Herz-Jesu-Bild zu schaffen.

Er machte sich sogleich an die Arbeit. Aber – obwohl selbst tief gläubig und ein großer Verehrer des Herzens Jesu – tat er sich schwer. Es fehlte ihm die zündende Idee. Wie sollte er die unendliche Liebe des Herzens Jesu im Bild zum Ausdruck bringen? Er zog sich zum Gebet zurück und machte Exerzitien. Doch es kam ihm keine befriedigende Idee. Seine innere Not war groß.

 

Eines Tages – nach dem Besuch der Frühmesse, in der er bewusst in diesem Anliegen kommunizierte – begegnete er auf dem Heimweg einem Bettler, der ihn um ein Almosen bat. Meister Batoni zögerte, da er nur ein größeres Geldstück bei sich hatte, mit dem er sich eigentlich ein Frühstück gönnen wollte. Doch in dem Moment, als er dem Bettler die Münze hinreichte, wurde das stille Gebetsanliegen des Malers erhört. Der Bettler legte nämlich seine linke Hand ans Herz und streckte gleichzeitig die rechte Hand bescheiden aus, um die Gabe entgegenzunehmen. Als Batoni das sah, hatte er den rettenden Einfall. Unwillkürlich dachte er an Jesus, der auch seine Hand nach uns ausstreckt, um unsere Liebe als Antwort auf seine große Erlöserliebe zu erbitten und zu empfangen, gemäß dem Schriftwort: „Gib mir dein Herz, mein Sohn!“ (Spr 23, 26).

Auf diese Weise erhielt Batoni die entscheidende Inspiration. Er eilte nach Hause und entwarf in einem Schwung das Bild und malte es binnen kurzer Zeit zur vollen Zufriedenheit seines Auftraggebers.

 

Es handelt sich um ein Brustbild Jesu, mit Öl auf eine ovale Kupferplatte gemalt. Die jugendliche und schöne Gestalt Jesu hebt sich leuchtend vom dunklen Hintergrund ab.

 

Jesus ist mit einer roten Tunika bekleidet. Die Farbe Rot symbolisiert sowohl Blut (Martyrium) als auch Liebe. Sie ist ein Hinweis auf die Menschheit und die Erlöserliebe Jesu, um die es ja bei der Herz-Jesu-Verehrung wesentlich geht. Christus hat uns geliebt und sich für uns hingegeben. Das Obergewand, welches die rechte Schulter Jesu bedeckt, verweist mit seiner blauen Farbe auf die Gottheit Jesu.

 

Um Jesu Haupt ist dezent ein lichter Strahlennimbus in Kreuzform angedeutet. Jesus dreht sich leicht um und dem Betrachter des Bildes zu.  Sein dunkelbraunes Haar fällt in Locken auf seine Schultern herab. Ein schmaler Bart umrahmt das Gesicht.

 

Die rechte Hand Jesu ist – wie die beim Erlebnis mit dem Bettler – ausgestreckt. Sie ist nach oben sanft geöffnet wie eine Schale. In der Handinnenfläche wird die Wundmale der Kreuzigung sichtbar. Ein erneuter Hinweis auf das Mysterium der Erlösung. Es ist nicht so sehr eine Zeigegeste, sondern – entsprechend der Begegnung Batonis mit dem Bettler – eine Geste der Bitte. Liebe will Liebe. Jesu Liebe will Gegenliebe. Sie sehnt sich nach Erwiderung, nach Antwort. Jesu Herz ruft unser Herz.

 

In der linken Hand hält Jesus sein Herz und zeigt es dem Betrachter. Viele hell leuchtende Lichtstrahlen gehen davon aus. Es ist von einer Dornenkrone umwunden. Links unten – so scheint es – blutet es aus der Schnittwunde, dem Lanzenstich. Nach oben sendet es lodernde Flammen empor und wird von einem kleinen Kreuz gekrönt. Der Blick Jesu ist ernst, seine Augen wirken suchend und durchdringend.

 

Mit seinem hingehaltenen Herzen und der empfangsbereit geöffneten Rechten fordert Jesus den Betrachter auf, seine Liebe anzuschauen, sie zu meditieren, damit in Kommunikation zu treten, ins Zwiegespräch mit dem Heiland und Erlöser zu kommen und – vor allem – seine Liebe mit der eigenen Liebe zu erwidern.

 

Es geht darum, sich der Liebe Jesu, die in seinem göttlichen Herzen symbolisiert ist, nicht zu verschließen und zu verweigern, sondern sich ihr gegenüber zu öffnen, sie aufzunehmen, sie anzunehmen, sich davon durchdringen, durchströmen und erfüllen zu lassen, um sie schließlich in der Liebe und im Dienst am Nächsten weiterzugeben, konkret und fruchtbar werden zu lassen.

 

So gesehen und so verstanden, mag die Antwort der Liebe die Gabe sein, die wir gleichsam in die ausgestreckte leere Hand Jesu legen, um sie ihm zu schenken, ihm, der in seinen Schwestern und Brüdern, vor allem in den Geringen, Armen, Kranken und Verachteten, wahrgenommen, angesehen und geliebt werden möchte.

 

In der zweiten Lesung am Herz-Jesu-Fest (Lesejahr A) heißt es:

„Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat…. Wenn Gott uns so geliebt hat, dann müssen auch wir einander lieben.“ Und weiter: „Niemand hat Gott je geschaut; wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet.“ (1 Joh 4, 10 - 12)

 

Von der kirchlichen Tradition wird für die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu ein Gebet überliefert und besonders für den Herz-Jesu Freitag (jeweils am ersten Freitag im Monat) und für den Monat Juni (der dem Heiligsten Herzen Jesu geweiht ist), empfohlen.

Es handelt sich um ein Stoßgebet und ist ein gleichzeitig ein echtes und kerniges Jesusgebet, das auf Wiederholung angelegt ist.

Es lautet: „Jesus, mildes und demütiges Herz, mache mein Herz deinem ähnlich!“ Oder kurz: „Jesus, bilde mein Herz nach deinem Herzen!“