Es war im Jahr 1855. Ein Turiner Priester
hatte 300 Sträflingen der staatlichen Zwangeserziehungsanstalt
Exerzitien gegeben.
Bis auf einen hatte er alle jugendlichen
Häftlinge für den Empfang der heiligen Sakramente gewonnen. Das
erscheint heute wie ein Wunder. Dafür wollte der Priester die
inhaftierten Jugendlichen mit einem Tagesausflug belohnen. Die
Jugendlichen sollten wenigstens einen Tag außerhalb der tristen
Gefängnismauern erleben.
Der Gefängnisdirektor sieht sich
außerstande, ihm diesen Wunsch zu erfüllen und verweist ihn an den
zuständigen Minister. Der gute Minister schlägt die Hände über dem Kopf
zusammen und fragt, wie er sich das vorstellt. Er allein, mit 300
unbewachten jugendlichen Straftätern. Trotzdem geschieht das zweite
Wunder. Der Minister gibt nach langem Zögern die Erlaubnis. – Und
zuletzt folgt das dritte Wunder. Nach einem schönen Tagesausflug in der
Freiheit kehren alle 300 Jugendlichen in ihre Gefängniszellen zurück.
Dieser Priester war Johannes Bosco.
Geboren ist er als Sohn armer Bauersleute am 16. August 1815 in Becci,
einem kleinen Dorf in der Nähe von Turin. Mit zwei Jahren stirbt sein
Vater. Die Mutter muss allein auf dem kleinen Bauernhof den Unterhalt
für die Familie dem kargen Boden abringen. Johannes Bosco erlebt eine
entbehrungsreiche Kindheit und Jugend. Die Familie ist bitter arm. Aber
Margareta verzweifelt nicht. Die Mutter schenkt ihren Kindern das, was
sie hat: ihre Liebe. Sie besitzt einen tiefen Glauben und ein großes
Vertrauen in die Liebe Gottes und seine Hilfe. Diesen Glauben pflanzt
sie ihren Kindern ein.
Als Johannes neun Jahre alt ist, kommt es
zu einem entscheidenden Ereignis in seinem Leben. Er hatte einen Traum,
der ihm seine Berufung aufzeigte und sein ganzes weiteres Leben
bestimmen und prägen sollte.
Er sah im Hof eines Hauses eine große
Kinderschar spielen. Die einen tollten fröhlich herum, andere waren
vertieft in ihr Spiel, einige Kinder aber standen etwas abseits und
fluchten. Der neunjährige Johannes möchte am liebsten auf die fluchenden
Kinder dreinschlagen. Da erscheint ihm ein vornehm gekleideter Mann, dem
er nicht ins Gesicht schauen kann, weil sein Antlitz wie die Sonne
leuchtet.
Der Geheimnisvolle ruft ihn beim Namen und befiehlt ihm,
sich an die Spitze der Kinder zu stellen. Und er sagt zu Johannes:
„Nicht mit Schlägen, sondern mit Sanftmut und
Liebe sollst du diese dir zu Freunden machen. Fange sofort an, sie über
die Hässlichkeit der Sünde und die Schönheit der Tugend zu belehren.“
Kein
Wunder, wenn sich der kleine Johannes damit hoffnungslos überfordert
fühlt. Aber in diesem Augenblick hören die Kinder auf mit dem Streiten
und Fluchen und scharen sich um den vornehmen Mann. Der vornehme Mann
versichert ihm: „Wie das geschieht, darüber
brauchst du dir keine Sorgen machen. Du wirst eine Lehrmeisterin
erhalten, die dir alles zeigen wird.“
Der kleine
Johannes fasst sich ein Herz und fragt: „Wer
seid ihr, Herr?“ „Ich bin der Sohn derjenigen, die täglich dreimal zu
grüßen deine Mutter dich lehrte.“
Da sieht er
auf einmal eine wunderschöne, hoheitsvolle Frau an seiner Seite. Die
Kinder sind verschwunden. Dafür sieht Johannes jetzt eine Herde wilder
Tiere. Die Frau nimmt ihn bei der Hand und erklärt ihm: „Schau, das ist dein Arbeitsfeld. Was du jetzt an diesen
Tieren geschehen siehst, sollst du für meine Kinder tun.“
Als er ungläubig
auf die wilden Tiere schauen will, erblickt er statt dessen eine Herde
Lämmer, die um den Herrn und die Dame herumhüpften, als gäbe es ein Fest
und dann ganz zutraulich auf ihn zukommen.
Der kleine Johannes erwacht schweißgebadet und erzählt am
anderen Tag seiner Mutter und seinen Geschwistern den Traum. Die Deutung
fällt unterschiedlich aus. Der eine Bruder meint: „Johannes, du wirst
einmal Schafhirte werden.“ Ein anderer Bruder meint: „Vielleicht
wirst du Räuberhauptmann.“ Die Großmutter meint: „Träume sind
Schäume“. Seine Mutter ist anderer Meinung: „Vielleicht wirst du einmal Priester“.
Dieser Traum ist
die Geburtsstunde seiner Berufung für die Straßenkinder, die
Geburtsstunde für den Wunsch, sich ganz ohne Gewalt, sondern mit Liebe
für sie einzusetzen, um sie zu Gott zu führen, so wie Christus und Maria
es ihm im Traum nahegelegt hatten.
Der Junge macht
sich mit Feuereifer ans Werk. Er überlegt sich, wie er die anderen
Kinder des Dorfes ohne Zwang dazu bringen kann, dass sie ihm freiwillig
zuhören, wenn er ihnen von Gott erzählt. Da hat er eine Idee. Er
arbeitet auf den Feldern der Bauern, um etwas Geld zu verdienen. Dieses
verwendet er als Eintritt für Zirkusvorstellungen, Darbietungen von
Gauklern und Zauberern. Doch Johannes bestaunt nicht nur die Tricks,
sondern lässt sie sich auch erklären. Und ahmt er sie nach, mit großem
Erfolg.
Sonntagnachmittags lädt er dann alle Kinder des Dorfes zur „Katechese“
mit anschließender „Zirkusvorstellung“ ein.
Zunächst singt er
mit den Versammelten ein Kirchenlied. Es folgt der Rosenkranz. Dann
steigt er auf einen Stuhl und trägt vor, was er sich von der Predigt
gemerkt hat. Nach der Predigt kommt noch ein kurzes Gebet. Dann beginnt
die Vorstellung.
Und aus dem
Prediger wird ein Marktschreier. Er führt den Salto Mortale vor, geht im
Handstand, schluckt Geldstücke und zieht sie anderen wieder aus der
Nase, vermehrt Bälle und Eier, verwandelt Wasser in Wein, spaziert auf
dem Seil wie auf einem Gehsteig. Er springt, tanzt, hängt mal an einem
Bein, dann an beiden und dann wieder an beiden Händen oder nur an einer.
Immer stärker
wächst in dem jungen Johannes der Wunsch, Priester zu werden. Als er
vierzehn Jahre alt war, kam in seine Heimat ein 74 Jahre alter Priester,
Don Calosso, der seine Pfarrstelle aufgegeben hatte. Dieser half ihm
durch Privatunterricht, die ersten Schritte zu tun, um dann aufs
Gymnasium gehen zu können. Aber vor allem gab er ihm „väterliches
Vertrauen, Zuversicht, ein Gefühl von Geborgenheit“ und verkörperte
für ihn das Ideal eines aufrechten Priesters.
Don Bosco
erzählt später selbst, wie sehr er sich ihm damals anvertraute: „Ich habe mich ihm ganz zu erkennen gegeben. Jedes
Wort, jeden Gedanken, jede Tat habe ich ihm bereitwillig offen gelegt.
Das gefiel ihm sehr, denn so konnte er mich in gleicher Offenheit und
aus festem Grund in geistlichen und weltlichen Dingen leiten... In
dieser Zeit habe ich zu verstehen begonnen, was ein geistliches Leben
ist...“
Da das Schulgeld
fürs Gymnasium die finanziellen Möglichkeiten seiner Mutter überstieg,
verdiente er es sich neben seiner Unterrichtszeit. Er erlernte den
Kellnerberuf, arbeitete als Schmied, Bäcker und Schreiner. Auf diese
Weise bekam er lebensnahen und praktischen Einblick in verschiedene
Handwerkssparten, was ihm später in seiner Jugendarbeit zugute kommen
sollte. Seine schulische Ausbildung litt nicht darunter. Mit sechzehn
Jahren erhält er auf Grund seiner guten Noten den ersehnten Freiplatz im
Priesterseminar.
Am Tag vor
seinem Eintritt in das Priesterseminar nimmt ihn seine Mutter beiseite
und sagt zu ihrem Sohn: „Mein Sohn, du ziehst
jetzt das priesterliche Kleid an. Ich fühle darüber einen großen Trost,
wie nur eine Mutter empfinden kann über das Glück ihres Kindes. Aber
denke daran: Nicht das Kleid ehrt den Stand, sondern die Tugend.
Solltest du je an deiner Berufung zweifeln, dann, bei Gott, entehre
nicht dieses Kleid... Ich will lieber einen armen Bauern als Sohn haben
als einen Priestersohn, der seine priesterlichen Aufgaben
vernachlässigt... Und denke daran: Solltest du Priester werden und das
Unglück haben, reich zu werden, dann werde ich nie mehr dein Haus
betreten.“
Nach
sechsjährigem Studium wird er schließlich 1841 zum Priester geweiht.
Sein Spiritual, Don Cafasso, Dozent und begnadeter Gefangenenseelsorger,
der bisher schon sein Leitbild war, wird nun sein Seelenführer. Als
Johannes nach der Priesterweihe eine dreijährige theologische und
pastorale Fortbildung machen durfte, fand er in diesem Priester einen
ausgezeichneten geistlichen Begleiter. Don Bosco selbst sagte später: „Wenn ich etwas Gutes zustande gebracht habe,
verdanke ich es diesem würdigen Geistlichen, in dessen Hände ich alles
in meinem Leben gelegt habe, jede Entscheidung, jedes Vorhaben und alles
Handeln.“
Don Cafasso
ist es auch, der ihm das Elend der Arbeiter und Straßenkinder im nahen
Industriezentrum vor Augen führt. Durch ihn kommt er auch in die
Gefängnisse. Don Bosco selbst sagt später: „Es
erfüllte mich mit Schaudern, dort Scharen von Jugendlichen im Alter von
zwölf bis achtzehn Jahren zu sehen, gesund, kräftig, talentiert, die
untätig herumsaßen, von Ungeziefer zerstochen, hungrig nach geistigem
und leiblichem Brot. Wie sehr war ich betroffen, als ich merkte, wie
viele das Gefängnis verlassen hatten mit dem Vorsatz, ihr Leben zu
bessern, und dann sehen zu müssen, wie sie innerhalb kurzer Zeit wieder
zurückkamen, weil sie sich selbst überlassen waren. Wer weiß, sagte ich
mir, wenn diese Jugendlichen draußen einen Freund hätten, der sich um
sie kümmert, der ihnen beisteht..., ob ihnen dies nicht helfen könnte,
mit mehr Sicherheit ein neues Leben zu beginnen?“
Ein halbes Jahr
nach seiner Priesterweihe kommt es zu einer denkwürdigen Begegnung in
der Sakristei der Konviktskirche, die Don Bosco später als den Beginn
seines Werkes bezeichnet.
Es ist die
Begegnung mit dem armen Maurerlehrling Bartolomeo Garelli. Dieser kommt
mit seinem Leben nicht mehr zurecht. Im Verlauf des Gespräches erfährt
der Neupriester, dass der Lehrling Vollwaise und einsam ist, er erfährt,
dass die Kinder und Jugendlichen ihn im Katechismusunterricht auslachen,
weil er weder schreiben noch lesen kann und dass er darum weggelaufen
sei. Der Lehrling erzählt ihm, dass er ohne religiöses Wissen sei, dass
er darum auch noch nicht einmal zur Kommunion gegangen sei. Er bittet
daher Don Bosco um Hilfe, um Hilfe für sein Leben, für seinen Glauben.
Er möchte gerne glauben, aber er weiß nicht, was das ist und wie das
geht. Don Bosco nimmt ihn mit nach Hause, versorgte ihn und lud ihn mit
großer Freundlichkeit sonntags zu sich zum Religionsunterricht ein. Der
junge Mann fasst Vertrauen und kommt. Schon bald bringt er seine Freunde
mit und die wiederum ihre Freunde. Am ersten Sonntag sind es sechs, in
einem Monat 50 junge Leute. Ein erster Kreis männlicher Jugend beginnt
sich um Don Bosco in Turin zu bilden: Junge Menschen, die sich ihm mit
all ihren Ängsten und Nöten anvertrauen und mit seiner Hilfe wieder ins
Leben zurückfinden wollen. Bald sind es mehr als hundert, dann
vierhundert und es werden immer mehr. Mit ihnen feiert er die hl. Messe
und unterrichtet sie. Mit ihnen geht er auf die Spielplätze, wird aber
immer wieder verjagt. Diese oft verlachten, verspotteten, gedemütigten,
vom Leben schwer gezeichneten Kinder und Jugendlichen kommen zu ihm,
weil sie spüren, dass er es gut und aufrichtig mit ihnen meint. Diese
jungen Menschen begegnen oftmals zum ersten Mal in ihrem Leben in Don
Bosco einem Menschen, der sie nicht verlacht, nicht verachtet, nicht
schlägt und wegjagt, sondern sie sehr ernst nimmt mit ihrem Nöten und
Ängsten, mit ihrer inneren Hoffnungslosigkeit und
Orientierungslosigkeit.
1884 wird Don
Bosco Rektor im Spital der heiligen Philomena. Seine Schützlinge begleiten
ihn. Schon „belagern“ Hunderte von Kindern und Jugendlichen das Spital.
Mit Hilfe und Erlaubnis des Erzbischofs richtet Don Bosco für seine
Schar eine erste Kapelle ein, die Franz von Sales geweiht wird. Nach ihm
wird später Don Bosco seinen Orden benennen: die „Salesianer“. Schon
bald reichen die Räumlichkeiten nicht mehr aus.
Das Jahr 1846
wird das schwerste Jahr für Don Bosco. In den „gut bürgerlichen
Kreisen“ stößt er auf Widerstand. Man schüttelt den Kopf über ihn
und sucht ihn an seiner Arbeit zu hindern. Die Polizei lässt ihn
bespitzeln. Sie wirft ihm vor, Revolutionäre auszubilden. Die eigenen
Mitbrüder beobachten ihn und sein Tun mit Argwohn und Unverständnis.
Auch die erzbischöfliche Kurie lässt ihn überwachen. Schließlich will
man ihn in einer Nervenklinik, sprich Irrenanstalt unterbringen.
So erscheinen
eines Tages zwei Priester, die ihn zu einer Spazierfahrt einladen. Das
allein schon kommt Don Bosco recht komisch vor. Sein Misstrauen wird
noch verstärkt beim genaueren Anschauen der Kutsche, deren Türen von
innen nicht geöffnet werden können. Nach dem alten Spruch „Ehre, wem
Ehre gebührt“, lässt Don Bosco die hochwürdigen Herren zuerst
einsteigen, schlägt blitzschnell die Tür zu und befiehlt dem Kutscher:
„Ab in die Klinik, wie besprochen, aber dalli!“
Alle Versuche,
ihn von seinen Kindern zu trennen, scheitern am Widerstand Don Boscos.
Trotz des Argwohn der zivilen Behörden und seiner Mitbrüder, trotz
mancherlei Schikanen, trotz der Versuche, ihn in eine Irrenanstalt zu
bringen, ja sogar trotz eines Mordanschlages bleibt er sich und seinem
Weg treu, setzt sich durch und hat Erfolg. Unentwegt arbeitet er an
seinem Werk.
Dazu kamen
Schwierigkeiten finanzieller und räumlicher Art.
Don
Bosco selbst berichtet: „Die Jugendlichen
kamen in Scharen zu meiner Wohnung. Sie folgten mir auf Schritt und
Tritt. Und ich hatte keine Handbreit Boden, wo wir uns hätten versammeln
können... Mein Gott, rief ich aus, warum zeigst du mir nicht den Ort, wo
ich meine Jugendlichen versammeln kann.“
Eines Tages
bekommt er einen Schuppen und eine große Spielwiese für seine Jungen zur
Miete angeboten. Don Bosco greift zu. Endlich hat er für die vielen
elternlosen Kinder und die herumgammelnde, verwahrloste Großstadtjugend
eine feste Bleibe.
Don Bosco
ist überzeugt, dass in jedem ein guter Kern schlummert und dass man die
Herzen der Jungen durch Liebe gewinnt, nicht durch Strenge. „Sie sind nicht schlecht, aber schlecht werden sie, weil
sich niemand um sie kümmert“, sagt er einmal
Mit der Zeit
bekommt er Helfer und Mitarbeiter für sein Werk. Seine erste und
wichtigste Mitarbeiterin (Köchin, Schneiderin, Gärtnerin) ist seine
Mutter Margareta, die ihre letzte Habe, den Brautschmuck verkauft, um
Brot für die Kinder erwerben zu können.
Zehn Jahre lang,
bis zu ihrem Tod arbeitet sie mit ihrem Sohn für das Wohl der Kinder
Gottes. Sie ist die mütterliche Seele für die Straßenkinder. – Einmal
jedoch wurde es ihr zuviel. Die Jungen hatten in ihrem Übermut beim
Spielen ihre Gartenbeete zertreten. Ihrem Sohn gab sie zu verstehen, sie
könne die Rasselbande nicht mehr ertragen. Don Bosco nahm sie am Arm und
wies auf das Kreuz an der Wand. Mutter Margareta musste sich
eingestehen, an ihn, Jesus am Kreuz, habe sie jetzt nicht gedacht. Sie
stellte ihre Siebensachen in die Ecke, band sich die Schürze um und
begann wieder ihre Arbeit.
In einem Schuppen
errichtet Don Bosco eine Abendschule mit den Elementarfächern für die
Jugendlichen, um ihre beruflichen Chancen zu vergrößern. Andere Schulen
und Lehrwerkstätten und Heime kommen dazu. Er verfasst als Stütze für
den religiösen Alltag seiner Kinder und Jugendlichen viele lebensnahe
katechetische Schriften und Schulbücher, die bald in ganz Italien und
über die Grenzen hinaus bekannt werden.
Don Bosco sucht
auch die Meisterbetriebe für seine Jugendlichen selbst aus und
verschafft ihnen soziale und gerechte Verträge. In ihnen war der
arbeitsfrei Sonntag und eine gerechte Entlohnung genauso festgelegt wie
das Verbot jeglichen Missbrauchs der Arbeitskraft des Gesellen durch den
Betrieb.
Don Bosco denkt
immer mehr daran, wie sein Werk auch nach seinem Tod Bestand haben und
weitergeführt werden kann. Schließlich gründet er dafür einen Orden,
dessen Mitglieder sich mit ihrem Leben im Namen Gottes ganz in den
Dienst der Kinder und Jugendlichen und ihres seelischen und leiblichen
Wohles stellen und bereit sind, eine „Pädagogik der Liebe“ zu
leben. So entsteht im Jahre 1861 die Kongregation der „Salesianer Don
Boscos“. Und 1874 ruft er zusammen mit Maria Domenica Mazarello die
Genossenschaft der Mariahilf-Schwestern zur Mädchenerziehung ins Leben.
Sein Lebensmut
und Humor, sein Optimismus und unerschütterliches Gottvertrauen halfen
ihm zeitlebens Schritt für Schritt das zu verwirklichen, was er im
Kindheitstraum geschaut und als Berufung und Willen Gottes für sich
erkannt hatte.
Als der Weg
ein letztes Mal schwer wird, weil man, wie er sagte, nicht nur leben,
sondern auch sterben lernen muss, da stützen ihn die, für die er gesorgt
und die er unterstützt hat. Kurz vor seinem Tod lässt er ihnen
ausrichten: „Sag meinen Buben, dass ich im
Himmel auf sie warte.“
Don Bosco stirbt
am 31. Januar 1888, ausgezehrt von der Jahrzehnte langen Seelsorge für
„seine“ Kinder und am Ende seiner Kraft. Unter großer Anteilnahme wird
er inmitten der Kinder und Jugendlichen, für die er und mit denen er
gelebt hat, zu Grabe getragen.
Bei seinem Tod
betreuen seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in 250 Heimen etwa
130.000 Jugendliche. Zu Lebzeiten gingen rund 2.500 Priester aus seinem
Werk hervor. Was war das Geheimnis seines Erfolges?
Johannes Don
Bosco war ein begnadeter Pädagoge. Er ging neue und ungewohnte Wege.
Doch seine Erziehungsgrundsätze waren bahnbrechend, seine Ausstrahlung
total positiv, sein Wesen äußerst gewinnend.
Bei allen
Schwierigkeiten, die es zu bestehen und bei allen Hindernissen, die es
zu meistern galt, überraschte immer wieder seine Fröhlichkeit. In seinem
Brevier hatte er ein Lesezeichen. Darauf hatte er folgendes Wort aus dem
Buch Kohelet (3, 2) geschrieben: „Ich habe
erkannt, dass es nichts Besseres im Leben gibt als fröhlich zu sein und
Gutes zu tun“.
„Gutes
tun, fröhlich sein und die Spatzen pfeifen lassen“,
war eine seiner Maxime, die man fast als ein Lebensmotto bezeichnen
könnte.
Eine andere
Maxime bzw. Grundeinstellung hat der Heilige einmal in dem Satz
ausgedrückt: „Liebe und Güte... sollen mich in
allem leiten.“
Wie
notwendig und heilsam diese Grundhaltung nicht nur mit Kindern und
Jugendlichen, sondern überhaupt ist, wissen wir alle. Aber wir wissen
auch, wie schwer es ist, im Alltag nicht „aus der Haut zu fahren“
und nicht den Mut zu verlieren. Was führt auf die Dauer weiter:
Resignation, Ärger und dauerndes Schimpfen oder der immer neue Versuch,
wie Don Bosco zu handeln: „Liebe und Güte
sollen mich in allem leiten“?
Seinen
Mitarbeitern sagte er einmal: „Wollt ihr
bei euren Jungen viel erreichen, dann zeigt euch keinem gegenüber
beleidigt oder gekränkt. Ertragt ihre Fehler, korrigiert sie, aber
vergesst sie auch. Zeigt ihnen eure Zuneigung und lasst sie erkennen,
dass alle eure Bemühungen auf ihr zeitliches und ewiges Glück gerichtet
ist.“
Einer der
Biographen Don Boscos fasst seien Erziehungsweisheit folgendermaßen
zusammen: „Vertrau dem Anderen, auch wenn er es nicht verdient,
dann machst du ihn vertrauenswert. Und selbst wenn er nicht liebenswert
ist, liebe ihn und zeige ihm diese Liebe, dann wird er liebenswert.“ – Don Bosco war ein großes Geschenk für die Kirche und ist es auch
heute noch. Er hat an Aktualität nichts eingebüßt.
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