Es
gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen den drei Weisen aus dem Morgenland
und den jungen Christen, die in diesen Tagen in den deutschen
Bistümern und Pfarrgemeinden zu Gast sind und dann weiterpilgern
nach Köln zum Weltjugendtag.
Wie die Heiligen Drei Könige dem Stern folgten und zum
neugeborenen Kind in der Krippe fanden, so folgen
hunderttausende von Jugendlichen der Einladung Johannes Paul II,
der die Weltjugendtage ins Leben gerufen hat und der am Ende des
Weltjugendtag 2002 in Toronto sagte: „Heute beginnt der Pilgerweg nach
Köln.“
Papst Benedikt XVI. hat sich gleich nach seiner Wahl
diese Einladung zu eigen gemacht und seine eigene Teilnahme
zugesagt. – Kardinal Meisner meint: „Es wird der erste
Weltjugendtag mit zwei Päpsten sein, nämlich dem verstorbene Papst von
oben, vom Himmel her und seinem Nachfolger von unten, von der
Erde her. Was wird das für ein gesegneter Weltjugendtag werden!“
Papst Johannes Paul II. hat den XX. Weltjugendtag in
Köln, wie Sie wissen, unter das Motto gestellt:„Wir sind
gekommen, um ihn anzubeten.“
Dies tat er im Hinblick auf die Verehrung der Heiligen Drei
Könige im Kölner Dom. – Die Heiligen Drei Könige sind die
ersten Christuspilger in der Weltgeschichte. Und alle Teilnehmer
am Weltjugendtag dürfen sich zu ihren Nachfolgern rechnen.
„Wir sind gekommen, um ihn anzubeten.“
Ob alle, die nach Köln kommen, das Ziel der Anbetung vor
Augen haben, ist fraglich. Die Beweggründe der jungen Leute sind
gewiss vielfältig und bunt. Manche von ihnen haben sich
mit der Erfahrung und Begeisterung der vergangenen Weltjugendtag auf den
Weg gemacht, viele kommen tatsächlich mit einer tiefen
Glaubensüberzeugung und großen Glaubensfreude nach Köln,
andere suchen Begegnung mit Gleichgesinnten und
Gemeinschaft, wieder andere sind auf der Suche nach
Orientierung und Halt.
Viele junge Leute fragen nach Sinn und Ziel, sie schauen
aus nach Zeichen der Hoffnung, nach einem Stern, der ihnen die
Richtung zeigt.
Aber waren die Heiligen Drei Könige nicht auch Suchende
und Fragende, „Menschen“ – wie Alfred Delp sagt – „mit
unendlichen Augen, mit Hunger und Durst nach dem Endgültigen“?
Bewegt von einer inneren Unruhe ließen sie alle
Sicherheiten hinter sich, brachen auf aus Sesshaftigkeit und
Behaglichkeit, um sich auf eine beschwerliche und lange Reise zu
machen, eine Reise ins Ungewisse. Sie wagten den Aufbruch. Kein
Weg war zu weit. Sie scheuten keine Strapazen, um dem Stern
ihrer Sehnsucht zu folgen.
Für mich sind diese Weisen aus dem Morgenland
exemplarische Menschen, Symbolfiguren in ihrem Unterwegssein,
Suchen, Fragen, Finden und Anbeten.
Und entgegen mancher Vor- und Pauschalurteile über die
Jugend von heute, behaupte ich: Es gibt viele wache,
offene, suchende, fragende, über die Banalitäten des Alltags
hinausschauende, leidenschaftlich bewegte junge Menschen. Sie
wollen nicht in der Masse trotten. Sie spüren, dass es noch mehr
geben muss als Geld und Macht und Spaß. Sie sehnen sich nach
Echtheit, nach authentischem Leben. Sie schauen aus nach Werten,
für die es sich einzusetzen und zu leben lohnt. Sie fragen nach
ihrer Berufung. Sie schauen aus nach Leitbildern, die ihnen
Menschsein und Christsein glaubwürdig vorleben.
Die Grundfragen, die Menschen aller Zeiten gestellt haben
und die besonders der junge Mensch stellt, lauten: Wie
gelingt mein Leben? Wie gelingen meine Beziehungen? Woher komme
ich? Wohin gehe ich? Gibt es einen Sinn oder gar einen Gott, der
über allem und in allem ist, der alles trägt und hält, auch mich
selbst?
Diese Grundfragen finde ich in der Frage der Drei Könige
wieder: „Wo ist der neugeborene König der Juden?“ Wo
ist er, der uns Weg und Ziel, Wahrheit und Leben sein kann?
Aber, liebe Schwestern und Brüder, erleben nicht viele
Jugendliche, was auch die drei Weisen in Jerusalem erlebt haben,
bei Herodes: Puren Egoismus, Heuchelei, Machterhalt um
jeden Preis? Das ehrliches Suchen der jungen Menschen, wird es
nicht häufig vereinnahmt, ihr Fragen mit Falschheit beantwortet,
ihre Sehnsucht vermarktet, ihre Offenheit und ihr Vertrauen
hintergangen?
Und die Ältesten und Hohenpriester, die genau Bescheid
wissen und doch nicht aufbrechen, die prompt Antwort geben
können und doch hocken bleiben? Auch die gibt es heute:
Menschen, die wissen und weisen, sich aber selbst nicht bewegen,
die fordern und raten, aber selbst den Weg nicht gehen.
Muss es einem verwundern, wenn viele junge Menschen ihren
Stern nicht mehr sehen, die Orientierung verlieren im Dschungel
der Meinungen, inmitten aller Verblendung, inmitten einer Welt,
die lockt und alles Mögliche vorgaukelt, wo so vieles als Wert
angepriesen und verkauft wird, wo so viele Heilslehren angeboten
werden und so viele Wege ins vermeintliche Glück, wo es so
vieles gibt, was den Stern verdunkelt oder gar zuschüttet, den
Stern, den Gott in uns hineingelegt hat, um uns zu ihm zu
führen.
Gott sei Dank finden die drei Weisen wieder den Stern.
Den entscheidenden Hinweis bekommen sie durch die Hl. Schrift.
Ein Bibelwort zeigt ihnen den
Weg zum neugeborenen König.
Nicht Jerusalem, das Zentrum der politischen und religiösen
Macht ist ihr Ziel, sondern ein Stall bei Bethlehem und ein
Wickelkind im Futtertrog. Noch einmal eine große
Glaubensprobe. Glauben, dass jenseits dessen, was in unseren
Augen groß ist, Erfüllung und Rettung geschenkt wird.
Möge Gott die vielen jungen Menschen, die auf der Suche
nach der Wahrheit sind, ob sie es wissen oder nicht: auf der
Suche nach Gott, den Stern wiederfinden lassen, wenn sie ihn aus
den Augen verloren hatten.
Mögen die jungen Menschen aus aller Welt bei diesem
Glaubensfest in Köln erfahren: Unsere Suche hat ein Ziel, unsere
Sehnsucht eine Erfüllung, unsere Hoffnung eine Antwort.
Und mögen sie so bewahrt bleiben, vor anderen Dingen oder
Menschen, die nicht Gott sind „in die Knie zu gehen“. Wer
nämlich Jesus begegnet, sei es damals oder heute, wer
Jesus begegnet, der spürt, dass Anbetung und Hingabe die beste
und letztlich einzig angemessene Antwort ist auf das
Entgegenkommen Gottes.
„Brot ist wichtig, die Freiheit ist wichtiger, am wichtigsten
aber ist die unverratene Anbetung“, so Alfred Delp kurz vor
seiner Ermordung durch die Nazis im Februar 1945.
Die Heiligen Drei Könige, so sagt es das Evangelium, sind
auf einem anderen Weg als den, den sie gekommen sind,
heimgekehrt in ihr Land. Übertragen bedeutet dies: Umkehr. Wir
können auch sagen: sie kehrten verwandelt heim.
Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass die vielen jungen
Gäste, aber vielleicht auch die Gastgeber am Ende des
Weltjugendtag auf
einem anderen Weg, sprich: als anders Gewordene,
Gewandelte, Ermutigte, Gestärkte in ihren Alltag zurückkehren.
Dorthin zurück müssen sie, müssen wir alle, das bleibt
niemandem erspart, aber vielleicht doch verändert, neu
beseelt, nicht durch einen vordergründigen Event,
sondern erfüllt von Gottes Heiligen Geist und die
umwandelnde Liebe des menschgewordenen Gottes.
Heim in ihr Land, zurück in den Alltag. Papst Johannes Paul II.
drückte es einmal so aus: „als Baumeister einer neuen
Zivilisation der Liebe, als Boten des Friedens, als Zeugen der
Hoffnung.“
Zum Schluss möchte ich sie aufrufen, liebe Schwestern und Brüder,
in den kommenden Tagen inständig zu beten für ein gutes Gelingen
des Weltjugendtag, dass es wirklich geistliche Tage werden, Tage der
ansteckenden Glaubensfreude, ein frohes Fest der
Begegnung und Erfahrung von christlicher Gemeinschaft über alle
Grenzen von Sprache und Rasse und Kultur hinweg, ein Fest
des friedvollen Miteinanders vieler Nationen.
Beten wir, dass der Weltjugendtag ein evangelisierendes Ereignis wird, ein
Ereignis mit Initialzündung, dass etwas weiterwirkt und Frucht
bringt in den Bistümern, in den Jugendverbänden, in den
Pfarrgemeinden, ein evangelisierendes Ereignis, das die
vielfältigen Bemühungen in der Jugendseelsorge nachhaltig
inspiriert, beflügelt und stärkt.
Beten wir auch, dass wir mit den Heiligen Drei Königen
und den hunderttausenden von jungen Leuten in Köln den Stern
nicht aus den Augen verlieren, der uns inmitten von
abertausenden Lichtern zu dem hinführen will, dessen Anbetung
wirklich frei macht und in dem allein, wie der hl. Paulus
schreibt, die ganze Fülle Gottes wohnt (vgl. Kol 2,9).
Ich schließe mit einem Zitat von Papst Benedikt. In
seiner Ansprache zum Angelusgebet am 07. August 2005 sagte er:
„Der Mensch kann sich selbst nur dann voll verwirklichen,
wenn er Gott anbetet und ihn über alles liebt.“ Und
weiter: „Wer könnte uns besser als Maria auf diesem
anspruchsvollen Weg begleiten? Wer könnte uns besser als sie
lehren, Christus anzubeten? Sie helfe besonders den jungen
Generationen, in Christus das wahre Antlitz Gottes zu erkennen,
ihn anzubeten und zu lieben und ihm mit ganzer Hingabe zu
dienen.“