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Priesterjahr
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Im zweiten Hochgebet der hl. Messe betet der Priester: „Gott, wir danken dir, dass du uns berufen hast, vor dir zu stehen und dir zu dienen.“ Gewiss spricht der Priester dieses Gebet stellvertretend und im Namen aller, die zur Eucharistiefeier versammelt sind. Doch gilt dieses Wort nicht gerade auch für den Priester selbst?
Vor 32 Jahren bin ich in Maria Linden, Ottersweier, zum Priester geweiht worden. Heute noch danke ich Gott dafür, dass er mich berufen hat, vor ihm zu stehen und ihm als Priester dienen zu dürfen. – Ich muss sagen: Ein wunderbarer Dienst, ein erfüllender Aufgabe! Und ein sehr notwendiger, Heil und Segen bringender Dienst.
Dazu möchte ich in dieser Predigt einige Hinweise geben.
Ein erstes: Als Priester darf ich – ich betone das Dürfen, denn der Priester gibt sich nicht selbst die Ehre, sondern der Herr hat ihn erwählt, er ist von Gott berufen – und als solcher darf er, weil er dazu ermächtigt und damit beauftragt ist, das Wort Gottes verkünden.
Ich finde, es ist lebensnotwendig für die Welt, dass in ihr nicht nur von Geld und Krieg, von Macht und Nutzen die Rede ist, dass es nicht nur das Geschwätz des Alltags, Tagesschau und Talkshows gibt, sondern dass auch von dem heiligen und heilenden Wirken Gottes mit uns Menschen gesprochen wird.
Denn was die Welt alles bietet an Glücksangeboten und Heilsversprechungen, an technischem Fortschritt und menschlichen Erfindungen, das ist ja nicht alles. Profit, Spaß und Konsum genügen auf Dauer auch nicht. Das alles kann keine endgültige Antwort sein auf die Frage nach dem Sinn und Ziel des Lebens. Das alles stillt nicht den Durst des Menschen nach Glück, den Hunger nach Gelingen, die Sehnsucht nach Ganzheit und Vollendung. In all dem ist immer noch ein Ungenügen. Jesus sagt: „Sucht zuerst das Reich Gottes und alles andere wird euch dazugeben! Sammelt euch Schätze im Himmel!“ Diese Botschaft, die der Priester ausrichtet, lehrt uns, auf der Spur des Ewigen zu bleiben und nicht nur in den materiellen und vordergründigen Dingen aufzugehen. Die Verkündigung des Wortes Gottes in Predigt und Katechese, bei Glaubensseminaren, Einkehrtagen, Exerzitien, das ist für mich immer wieder eine sehr schöne, erfüllende, aber auch herausfordernde Aufgabe, ein segensreicher, notwendiger Dienst im Weinberg des Herrn!
Ein zweiter Hinweis: Als Priester darf ich mit dem Gottesvolk die hl. Messe feiern. Die Feier des Todes und der Auferstehung unseres Herrn in der Eucharistie ist der Höhepunkt priesterlichen Wirkens. Es ist nicht nur die Mitte christlicher, sondern auch priesterlicher Existenz. Im Blick auf die Eucharistie sagt der Bischof dem Neugeweihten bei der Überreichung des Kelches: „Bedenke, was du tust, ahme nach, was du vollziehst und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes.“. Diese Worte sollen für das gesamte Tun und Leben des Priesters bestimmend sein. Wie viele Gnaden, wie viel Segen geht vom Altar aus! Wie kostbar und wertvoll ist dieser Dienst im Weinberg des Herrn!
Ein Dritter Hinweis betrifft das Bußsakrament: Für mich gehört es mit zu den schönsten Erfahrungen als Priester, Menschen über alle Psychologie und Therapie hinaus, über alle Deutung und Begleitung in seelischer Not und Ausweglosigkeit hinaus freisprechen zu dürfen von ihrer Schuld und ihnen im Auftrag Gottes und der Kirche den neuen Anfang zusagen und schenken zu dürfen. Bei Gott gibt es immer einen Weg zurück. Bei ihm ist die Tür immer offen. Es gibt keine Sünde, die Gott nicht vergeben könnte. Gottes Liebe ist größer als alle Schuld. Welche Gnade, welcher Segen strömt aus der Quelle der sich erbarmenden und erlösenden Liebe Gottes im Sakrament der Versöhnung! Wie unschätzbar wertvoll ist dieser Dienst im Weinberg des Herrn!
Vierter Hinweis An dieser Stelle, liebe Mitchristen, möchte ich noch auf einen Dienst des Priesters hinweisen, der ganz wichtig ist und den wir nicht vergessen dürfen, den Dienst des Gebetes. Der Priester ist nicht nur ein Mensch des Handelns. Es genügt nicht, dass er rührig ist, kontaktfreudig, umsichtig, tüchtig. Er soll vor allem auch ein „Mann des Gebetes“ sein. Meines Erachtens ist priesterlicher Dienst nur überzeugend, wo man spürt, dass einer nicht nur Verwalter der Geheimnisse Gottes ist, sondern selbst ein von Christus Ergriffener, wo man spürt, dass einer nicht nur Organisator, Moderator und Manager einer Gemeinschaft, einer Gemeinde oder Seelsorgeeinheit ist, sondern aus einer tiefen Verbundenheit mit dem lebt, der uns geliebt und sich für uns hingegeben hat.
Lassen Sie mich das einmal so deutlich sagen: Ein Priester, der nicht mehr persönlich betet und betrachtet, sondern sich nur noch von der Häresie der Tätigkeit bestimmen und von ruheloser Betriebsamkeit verschlingen lässt, wird sehr schnell tönendes Erz und klingende Schelle. Wer nicht die regelmäßige Stille und Meditation kennt, hat bald nichts mehr zu sagen. Wer als Verkünder des Wortes Gottes nicht selbst betend mit dem Wort Gottes umgeht, wird schnell zum harmlosen Allroundunterhalter der verschiedenen Clubs und Gruppen und Vereine. Der Priester, der sich nicht mehr persönlich mit dem Wort Gottes auseinandersetzt, sich ihm aussetzt, sich davon treffen und betreffen lässt, der Priester, der nur noch in action ist, auf Trab, eingespannt und darum angespannt, der verliert früher oder später seine Kraft, er powert aus, er brennt aus (burnout-syndrom!) und er verliert seine Ausstrahlung und seine Glaubwürdigkeit. Er gleicht einem Mobile: ständig in Bewegung, doch vieles ist Leerlauf. Hier liegt, meine ich, ein großer Teil der Misere heutiger Verkündigung und Pastoral.
Liebe Schwestern und Brüder! Alle Dienste des Priesters können nur gelingen und segensreich und fruchtbar sein, wenn er selbst Christus verbunden lebt, wenn der Herr selbst die große Liebe seines Herzens ist. „Ohne mich“, sagt Jesus im Weinstockgleichnis, „könnt ihr nichts vollbringen.“ Und weiter: „Wer aber in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht“, dessen Leben wird zum Segen für viele.
Die Freundschaft mit Christus, liebe Schwestern und Brüder, ist das A u O jedes priesterlichen Lebens und Wirkens. Hier rühren wir an das eigentliche Geheimnis priesterlicher Existenz. Das ist das Fundament und die Mitte der priesterlichen Berufung und Sendung, ohne die alles andere verpufft und zerrinnt.
Noch ein Hinweis: Der Priester soll nicht nur ein Mann des Gebetes sein, er selbst braucht auch das Gebet. Er ist auch nach der Weihe kein „Christ höherer Ordnung“. Er ist und bleibt Mensch. Er muss genauso glauben, hoffen und lieben und ringen wie alle Christen. Die Sakramente, die er spendet, hat er genauso nötig wie alle anderen auch. Als Mensch ist er behaftet mit Fehlern und Schwächen. Es gibt auch bei ihm Zeiten der Dürre und des Dunkels. Er erfährt Misserfolg und Kränkung. Es gibt Krisen und Zerreißproben in seinem Leben. Als einer, der aus den Menschen genommen und für die Anliegen der Menschen bei Gott bestellt ist, braucht der Priester mit seinen Schwächen und Grenzen – heute mehr denn je – das Gebet der Gläubigen und mit dem Gebet Geduld, Nachsicht und Vergebung.
Ja, liebe Schwestern und Brüder, betet viel für die Priester in ihrem wunderbaren, aber oft auch mühevollen und aufreibenden Dienst. Betet, dass sie die Freude an der Arbeit im Weinberg des Herrn nicht verlieren! Betet, dass sie nicht lustlose Funktionäre oder bloß Manager werden, sondern wirklich Seelsorger sind, Geistliche, Beseeler, Brückenbauer, Gefährten des Leides und der Hoffnung, Zeugen der frohen und befreienden Botschaft Jesu Christi, Zeugen der unendlichen Liebe Gottes.
Bedenken wir, liebe Schwestern und Brüder: Ohne Priester kein hl. Messopfer, ohne Priester, keine hl. Kommunion. Die Tabernakel blieben leer, das ewige Licht würde erlöschen. Ohne Priester keine Lossprechung, kein priesterlicher Beistand am Kranken- und Sterbebett. – Keine Priester mehr! Wäre das nicht schrecklich? Eine Welt ohne Priester wäre in gewisser Weise eine Welt ohne Heiland, eine Welt ohne das erlösende und heilende Weiterwirken und Weiterleben Jesu Christi in der Kirche unserer Zeit.
Beten wir darum auch inständig um viele gute Priester- und Ordensberufe, wie Jesus selbst es uns empfiehlt und nahe legt.
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