Wenn ich
in eine Kirche gehe, suche ich in der Regel als Erstes das
Weihwasserbecken. Ich tauche meine Fingerspitzen ein, mache eine
Kniebeuge und das Kreuzzeichen. Und so auch beim Verlassen der Kirche.
Wir
katholische Christen haben das als Kinder so gelernt und vollziehen
diesen Ritus gewohnheitsmäßig. Für viele ist es nur eine flüchtige
Handlung, ohne sich etwas dabei zu denken.
Auch zu
Hause haben viele gläubige Katholiken in der Wohnung – z. B. im
Schlafzimmer oder bei der Haustür – ein Weihwasserbecken und bekreuzigen
sich mit dem Weihwasser vor dem Schlafengehen und vielleicht auch nach
dem Aufstehen, beim Fortgehen und Wiederkommen, vor allem auch bei
längeren Abwesenheiten und vor größeren Fahrten bzw. Reisen.
Der
tiefere Sinn des Weihwassernehmens und sich damit Bekreuzigens ist aber
nicht nur sich der Obhut Gottes anzuvertrauen, sich unter seinen Schutz
und Segen zu stellen,
sondern
das Weihwasser-Nehmen und sich Bekreuzigen dient auch dazu, sich an die
eigene Taufe zu erinnern – oder zumindest sich das eigene Getauft-Sein
bewusst zu machen, denn die wenigsten können sich an die eigene Taufe
erinnern, weil wir ja gewöhnlich noch ganz klein, als Säuglinge, getauft
wurden.
In der
Taufe haben wir die lebensspendende Zuwendung Gottes erfahren und wurden
in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen. Getauft-Sein bedeutet: Gott
sagt Ja zu uns, zu einem jeden und jeder. Er liebt uns, jeden Tag, jede
Stunde.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Unseren
Geburtstag kennen wir, unseren Namenstag vielleicht, aber unseren
Tauftag?
Ich habe
von einem Priester-Pensionär gehört. Dieser hat sich den Eintrag ins
Taufbuch seiner Heimatgemeinde herauskopieren und vergrößern lassen. Nun
hängt dieser Eintrag eingerahmt in seinem Arbeitszimmer nahe dem Kreuz
und einem Marienbild.
Und davor
steht eine gebrauchte Osterkerze. Diese zündet er am Tauftag, am
Namenstag und in der Osternacht an.
Dieser
Ritus des pensionierten Geistlichen erinnert mich an Martin Luther. Von
ihm wird erzählt, dass auf seinem Schreibtisch immer ein Zettel lag,
worauf der Satz stand: „BABTIZATUS SUM = ICH BIN GETAUFT!“ – Und
wenn es ihm ganz schlecht ging, wenn er an Gott und der Welt und an sich
selbst zweifeln wollte, dann habe er ein Stück Kreide genommen und
diesen Satz groß auf den Tisch geschrieben und dabei ganz laut zu sich
selbst gesagt: „Martin, du bist getauft!“ – Das war für ihn
tröstend und ermutigend. Das war für ihn befreiend und stärkend.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Es ist
schön, wenn wir im Jahreslauf den eigenen Tauftag kennen, daran denken
und in bewusst begehen.
Aber auch
und besonders heute – am Fest der Taufe Jesu – können wir und dürfen wir
uns unsere Taufe erinnern und uns unser Getauft-Sein ins Bewusstsein
rufen.
Denn so
wie bei der Taufe im Jordan Jesus ausgerufen und bestätigt wurde als
„geliebter Sohn“ des Vaters, so wurde einem jeden von uns in der
Taufe zugesagt: „Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte
Tochter!“ – Wir sind, jede und jeder von uns ist von Gott
bedingungslos geliebt und ganz und gar angenommen als sein geliebtes
Kind, ohne unser Verdienst, gratis, umsonst. Es ist ein Geschenk seiner
Gnade.
Gott sagt
Ja zu mir und meinem Leben. Gott sagt Ja zu meinem Suchen und Fragen. Er
sagt Ja zu meiner Sehnsucht. Er nimmt mich an, so wie ich bin, trotz und
samt meiner Fehler und Mängel, trotz und samt meinem Versagen und meiner
Schuld.
Ich weiß,
es gibt Menschen, die sich wenig geliebt fühlen. Alle haben immer etwas
an ihnen auszusetzen und herumzumäkeln. Und das Schlimmste: Sie selber
finden sich nicht liebenswert. Sie können sich selber nicht ausstehen.
Sie bringen es nicht fertig, zu sich selbst ja zu sagen, sich selbst
anzunehmen und barmherzig mit sich zu sein.
Wenn sie
sich die Zusage von der Taufe bewahren könnten und immer und überall
wüssten – auch im Alltag, auch bei Ausgrenzung und Ablehnung, auch bei
Leistungsdruck und in Stresssituationen: Da ist einer, der mich liebt,
zumindest er. In seinen Augen bin ich wertvoll und kostbar, auch wenn
Menschen mich anderes erfahren lassen und ich mich schwer tue, mich
selbst anzunehmen. Ich bin sein Kind. Er liebt mich. Bei ihm bin ich
geborgen.
Papst Leo
der Große ermunterte im 5. Jhdt. die Christen: „Christ, erkenne deine
Würde!“ Man kann ergänzen: „…und lebe deine Würde!“ – Lebe,
was du bist: Kind Gottes, Sohn Gottes, Tochter Gottes, von ihm gewollt,
von ihm beim Namen gerufen, von ihm geliebt!
Liebe
Schwestern und Brüder!
Das
geweihte Wasser und das Kreuzzeichen können uns das immer wieder vor
Augen führen und es uns bewusst machen. Deshalb ist es gut und sinnvoll,
in Ruhe und mit Bedacht die Finger ins Weihwasser zu tauchen und sich
damit zu bezeichnen und zu segnen.
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