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Was für ein Jahr! (Predigt zum Jahresschluss / Silvester 2020)
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Was war das für ein Jahr! Ein Jahr größter Herausforderungen, mit vielen Unsicherheiten und mit machen Zumutungen. Hätte mir das vor einem Jahr jemand vorausgesagt, ich hätte ihn für verrückt erklärt. Aber hat die Pandemie nicht vieles ver – rückt und auf den Kopf gestellt? War nicht so vieles ganz anders als sonst?
Kontaktbeschränkungen, Abstandhalten, Mund- und Nasenschutz wurden obligatorisch. Kitas, Schulen und Unis wurden geschlossen. Ich habe noch die Plakate mit dem Regenbogen vor Augen: „Wir vermissen euch“. Auch Restaurants und Geschäfte mussten zumachen. Manch ein Betrieb war in seiner Existenz gefährdet, nah am Bankrott. Viele mussten um ihren Job bangen oder haben ihn gar verloren. Für manche, z. B. Freiberufler, war dieses Jahr ein regelrechtes Desaster.
Dann die Besuchsverbote für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, überaus schmerzlich sowohl für Bewohner als auch für Angehörige. Tausenden von Menschen hier zu Lande – weltweit Hunderttausenden, ja Millionen – hat die Pandemie das Leben gekostet. Ich sehe noch die Militärkonvois in Bergamo wie sie haufenweise Särge abtransportierten, schreckliche Bilder!
Ebenso Ärzte und Krankenschwestern auf den Intensivstationen, total erschöpft und völlig verzweifelt. Und so viele Feste und Veranstaltungen mussten ausfallen! Begegnungen, körperliche Nähe, Händeschütteln, Umarmungen…. Vielen hat das gefehlt.
Dazu die Angst, begründete Angst! Und die Einsamkeit! Gerade diese hat vielen ganz arg zugesetzt und schwer zu schaffen gemacht. – Wer hätte das vor einem Jahr gedacht! Nein, ein „normales“ Jahr war das nicht, wahrhaftig nicht!
„Andra tutto bene“ – „Alles wird gut!“ So stand es im März auf Plakaten und Transparenten in Italien. „Alles wird gut!“ Woher nahmen die Menschen ihre Hoffnung mitten im Elend, mitten im Schlamassel, als noch kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen war? Woher nahmen und nehmen wir die Hoffnung, dass es wieder hell wird, dass wieder andere Zeiten kommen? Natürlich hoffen wir alle, dass das neue Jahr besser wird als das alte.
Nun, liebe Mitchristen, nach wie vor befinden wir uns in einem harten Lockdown. Kein Gemeindegesang! Auch in diesem Gottesdienst nicht. Abstand, Maske, beschränkte Teilnehmerzahl! Mancherorts gar kein Gottesdienst. – Heute Nacht kein Feuerwerk, keine Silvesterparty. Von wegen „geht nicht, gibt’s nicht“. In diesem Jahr ging so vieles nicht. Auf vieles mussten wir verzichten! Vieles war und ist schlichtweg nicht möglich.
Gott sei Dank! Die Impfungen haben begonnen. Licht am Ende des Tunnels! Aussicht auf Normalität. Hoffen, dass das Zählen der Toten und Erkrankten irgendwann mal aufhört. – Doch der Weg dorthin ist noch weit. Corona wird uns wohl noch eine ganze Zeit lang begleiten. Keine Sternsinger, keine richtige Fastnacht usw.. Was an Ostern sein wird, weiß noch kein Mensch.
„Bleib gesund!“ Und: „Pass gut auf dich auf!“ Das waren oft gehörte Wünsche in diesem Corona-Jahr. – Ja, nichts ist selbstverständlich! Was für ein Geschenk ist das Leben! Unbezahlbar. Und was für ein hohes Gut die Gesundheit! Wir können viel dafür tun. – Wir können überhaupt viel! Aber bei weitem ist nicht alles machbar. Wir haben längst nicht alles im Griff. Das hat uns Corona gezeigt, dieses klitzekleine, unsichtbare Virus, das von heute auf morgen die ganze Welt aus den Fugen gebracht hat und immer noch in Atem hält. Ob wir aus den Erfahrungen dieses Jahres lernen? Ob wir demütiger werden, bescheidener, zufriedener, gelassener? Oder ob wir weiter jagen und eilen, gieren und geizen?
Und nun, liebe Schwestern und Brüder, stehen wir an der Schwelle eines neuen Jahres. Wie ist Ihnen zumute? Wie blicken Sie auf dieses Jahr zurück? Traurig, verbittert oder doch auch dankbar? Haben wir nicht auch allen Grund zu danken? Gab es nicht auch so viel Gutes? Gab es vielerorts nicht eine unerwartete Solidarität und eine große Hilfsbereitschaft? Gab es nicht auch ganz viel Phantasie und Kreativität? Und wie gehen Sie in das neue Jahr hinein? Angstvoll oder vertrauensvoll? Pessimistisch oder optimistisch? Unsicher, zweifelnd? Oder überwiegen Zuversicht und Hoffnung?
Eine andere Frage: Wie will ich das neue Jahr beginnen? Ich für mich sage: Ich will es mit Gott beginnen, in seinem Namen! Sie auch? Wahrscheinlich! Sonst wären Sie heute Abend nicht hier, oder? In Gottes Namen! Im Hoffen auf ihn, im Vertrauen auf ihn.
Liebe Mitchristen! Das Vertrauen auf Gott, das Vertrauen auf seinen Schutz und Segen, soll uns durchs neue Jahr begleiten. – Sagen Sie es selbst: War es nicht der Glaube an Gott, der mir und Ihnen bei aller Krise des Corona-Jahres – und bei allen anderen Sorgen und Nöten, Widerwärtigkeiten und Schicksalsschlägen – Halt gegeben hat? Vertrauen auf Gott bei aller Erfahrung von Grenzen, bei aller Erfahrung von Angst und Ohnmacht, bei aller Erfahrung von Unsicherheit, Brüchigkeit und Verletzlichkeit des Lebens. Vertrauen, dass ER da ist – auch in den Enttäuschungen, in den Prüfungen und Zumutungen des Lebens, dass ER da ist auch in den Dunkelheiten und in leidvollen Zeiten.
Von einem chinesischen Christen stammt folgender Dialog: Ich sagte zu dem Engel, der an der Pforte des neuen Jahres stand: „Gib mir ein Licht, damit ich festen Schrittes in die Ungewissheit des neuen Jahres gehen kann.“ – Aber er antwortete: „Geh hinein in die Dunkelheit und lege deine Hand in die Hand Gottes. Das ist mehr wert als ein Licht und sicherer als ein bekannter Weg.“ Ja, lassen wir uns von Gott an der Hand nehmen! Vertrauen wir uns ihm an. Legen wir alles in seine Hände! Gottes Hände sind gute Hände und heilende Hände.
Im Psalm 23 heißt es: „Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht. Ich fürchte kein Unheil, du bist bei mir!“ Der da betet kennt die Finsternis und das Dunkel. Er kennt die Schlucht u. die Gefahren, die da drohen. Aber er hat keine Angst. Er vertraut. „Ich fürchte kein Unheil“ sagt er. Der Grund: „Du bist bei mir!“ Ein wunderbares Wort. Mir macht das Mut. Mir gibt das Kraft. Was immer auch kommt, was immer das neue Jahr bringt, die Gewissheit seiner Gegenwart, die will ich mit hinüber nehmen ins neue Jahr. Mir immer wieder bewusst machen „Du bist bei mir“ oder – wie Jesus selbst sagt: „Ich bin bei euch alle Tage“. Die Gewissheit seiner Gegenwart ist für mich Ermutigung, Trost und Licht und Hoffnung.
Ja, liebe Schwestern und Brüder, wir können, wie der Jesuitenpater Alfred Delp in der Nazihaft geschrieben hat: „Wir können dem Leben trauen, weil wir es nicht allein zu leben haben, sondern weil Gott es mit uns lebt“. Und Sie alle kennen das Wort von Dietrich Bonhoeffer. 14 Tage vor seiner Hinrichtung bekennt er: „Gott ist mit uns am Abend und am Morgen, und ganz gewiss an jedem neuen Tag!“ In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder, und allen, die zu Ihnen gehören, ein gutes und von Gott gesegnetes neues Jahr! – Viel Licht, viel Kraft, feste Hoffnung und frohen Mut! Vor allem: Gottvertrauen, Zuversicht aus dem Glauben! Seien und bleiben Sie behütet und gesegnet!
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