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Darstellung des Herrn (02.02.)- Die Prophetin Hanna
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„Fest der Begegnung“, diesen schönen Namen hat das heutige Fest in der Ostkirche. Jesus begegnet im Tempel seinem Volk vertreten durch zwei tief gläubige Menschen. Es ist der Greise Simeon und die hochbetagte Hanna.
Ich lade Sie ein, heute einmal den Blick auf die Prophetin Hanna zu lenken, Hanna, alt an Jahren, aber lebendig im Glauben. Meistens kommt sie zu kurz. Der Greise Simeon stiehlt ihr die Show. Sein Lobgesang, das nunc dimittis, hat Eingang gefunden ins Nachtgebet der Kirche. Und heute, am Fest der Darstellung des Herrn, endet die Kurzfassung des Evangelium mit diesem Lobgesang. Und weil`s Werktag ist und es gewöhnlich pressiert, wird vielerorts wohl die Kurzfassung genommen und die gute Hanna fällt unter den Tisch. Auch die übrigen Gebete und Orationen der Festmesse, selbst die Präfation lassen die Hanna ganz weg. Sie findet keine Erwähnung. Doch Lukas nennt Hanna eine Prophetin, eine geisterfüllte Frau. Der Heilige Geist hat sich nie, weder damals noch heute, auf einen Teil der Menschheit, den männlichen, beschränkt! Der Geist weht, wo er will. Gott sei Dank. Hanna hat in ihrem Leben schon viel mitgemacht und durchgestanden. Nur wenige Jahre war sie verheiratet. Jahrzehnte, fast ihr ganzes Leben hat sie als Witwe gelebt. Witwen zählten damals zu den schwächsten der Gesellschaft. Sie gehörten zusammen mit den Waisenkindern zu den am meisten schutzlosen und benachteiligten Bevölkerungsschichten. In jener Zeit gab es ja noch keine Rente, keine Sozialhilfe, keine Altersversicherung. Das bedeutete oft große materielle Not. Angewiesensein auf fremde Hilfe. Witwen blieb oft nichts anderes übrig als zu betteln. Ein armes Leben, unscheinbar, am Rand der Gesellschaft . Dazu die seelische Not. Der Verlust des Mannes in jungen Jahren. Das ist, wie wenn`s einem den Boden unter den Füßen wegzieht. Enttäuschung, die Erfahrung der Einsamkeit, der Schmerz des Alleinseins. Doch es scheint: keine Dunkelheit und düstere Lebenserfahrung vermochte Hanna daran zu hindern, trotzdem auf Gott zu vertrauen, auf seine Verheißungen zu bauen und auf das erlösende Licht zu warten. Hanna nahm wohl die Zumutungen Gottes an und war bereit, das Leben von Gott durchkreuzen zu lassen. Sie wusste, noch bevor Paulus das Wort gesprochen hat: „Gott führt bei denen, die ihn lieben alles zum Guten.“ Und: „Keine Bedrängnis, keine Not, nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes.“ Hannas Leben war kein leichtes. Es war ein geprüftes Leben. Und doch ist sie an den schmerzhaften Erfahrungen ihres Lebens nicht zerbrochen. Und nichts und niemand konnte ihr den Glauben an Gott nehmen. Die Schicksalsschläge haben sie nicht von Gott weggebracht, sondern näher zu ihm hingeführt. Bis ins hohe Alter hatte sie nicht aufgehört, die „Erlösung Israels“ herbeizusehnen, den Befreier, der auch ihr Erlösung bringen sollte.
Ich denke, wir können uns ganz gut in der Hanna wiederfinden. Trägt nicht jeder Anteile der Hanna in sich? Gibt es nicht in jedem Leben Unerfülltes, Nichterreichtes und Nichtgelebtes? Gab und gibt es nicht auch bei mir die Mühsal, die Not, Entbehrung, auferlegte Verzichte, Einsamkeit, Enttäuschung? Die Frage ist: Ist es auch mir gelungen, nicht zu verbittern, zu resignieren oder nur noch zu jammern und zu lamentieren? Konnte ich das Licht spüren, mit dem ich solche Situationen durchstehen konnte, Gottes Kraft, die Halt gibt und alle Wege mitgeht?
Woher bekam Hanna die Kraft, der Vision ihres Lebens treu zu bleiben? Was hat ihr geholfen, nicht zu resignieren und das Warten und Hoffen und Ausschauhalten nicht aufzugeben? Was hat diese Frau offen und wach gehalten und die Lampe ihrer Sehnsucht am Brennen? Wie ist sie dann auch sehend und wissend geworden für Jesus? Wie erkannte sie in diesem Kind den erwarteten Messias? Wir können sagen: Erstens durch ihre Offenheit für Gottes Geist und zweitens durch ihr Leben in der Gegenwart Gottes. An Stelle einer Wiederverheiratung hatte sich Hanna wohl für den Dienst des Gotteslobes und der ständigen Fürbitte im Tempel entschieden. „Sie hielt sich“, so sagt es unser Bibeltext, „ständig im Tempel auf und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten.“ Ihren Lebensabend verbringt Hanna im Tempel, im Heiligtum Gottes, in der Gegenwart Gottes. Sie hat einen ganz vertrauten Umgang mit ihm, ist dauernd im Gespräch mit ihm, sie lebt in seiner Gegenwart.
Der Wandel in der Gegenwart Gottes, liebe Schwestern und Brüder, ist meines Erachtens etwas vom Wichtigsten für jeden, der ein geistliches Leben führen will. Allerdings, zum Wandel in der Gegenwart Gottes ist es nicht notwendig, sich ständig in der Kirche aufzuhalten. Wir können Gott nahe sein immer und überall. Wir können ihm begegnen und ihn finden in allen Dingen. Vor allem können wir aus unserem Herzen einen Ort des Gebetes machen. Das ist im Wartesaal des Arztes möglich, an der Bushaltestelle, beim Schlange stehen an der Kasse, beim Warten auf das Essen in der Kantine. Immer und überall können wir aus unserem Herzen einen Ort des Gebetes machen. Wir dürfen es nie vergessen: Gott ist uns näher als wir uns selbst, innerer als unser Innerstes. „In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“, sagt der Apostel Paulus den Athenern. Und die Korinther fragt er: „Wisst ihr nicht, dass ihr ein Tempel Gottes seid und dass Gottes Geist in euch wohnt?“ fragt Paulus die Korinther. Leben in der Gegenwart Gottes, Leben gemäß seiner Weisung, Gebet, Gotteslob, Fasten, Vertrauen und Geduld waren Lebensinhalte der hochbetagten Hanna. Die Ehre und Verherrlichung Gottes war ihr erstrebenswerter und wichtiger als die Ehre und der Beifall der Menschen. Ihr Leben war ein Rühmen und Loben Gottes.
Wovon das Herz voll ist, davon läuft bekanntlich der Mund über. Und so fängt auch Hanna an, als sie dem Kind im Tempel begegnet, Gott zu loben und zu preisen. Und sie verkündet die Ankunft des Erlösers. Hanna erzählt allen davon, die auf die Erlösung Israels warten. Sie bezeugt - wie Simeon - dieses Kind als den ersehnten Retter, der von Schuld befreit, die Gebeugten aufrichtet und alle Gebrechen heilt. Wenn es von Hanna heißt, sie habe zu allen, die auf die Erlösung warten, über das Kind gesprochen, so stellt sie Lukas gleichsam in die Reihe der Apostel und Evangelisten. Dass eine alte weise Frau vom Herrn kündet, eine, die sich Tag und Nacht im Tempel aufhält, eine, die sich gleichsam Gott geweiht hat, eine, die in sich selbst ruht und als große Beterin in Gott ruht und kein Aktivist, kein Macher, kein Topmanager oder Superorganisator - ein wenig sollten wir vielleicht darüber nachdenken, denn auch das kann uns etwas sagen. Oh, wären wir doch so offen für Gottes Geist und sein Wirken wie Hanna! Oh, hätten wir doch etwas von ihrer Ausdauer und Hoffnung im Auf und Ab unseres Lebens. Oh, besäßen wir doch diese echte Frömmigkeit und große Gläubigkeit dieser Frau und etwas von ihrem tiefen und unerschütterlichen Gottvertrauen! Machen wir uns immer wieder offen dafür! Beten wir um die Gesinnung und Haltung, die dieser Frau zu eigen war! Und bemühen wir uns so gut wir können - wie Hanna - , in der Gegenwart Gottes zu leben.
Voll von dem Erlebten und mit vielen Eindrücken, so heißt es am Schluss, kehrt die junge Familie nach Nazareth zurück. Doch die Begebenheit im Tempel dürfte Maria und Josef immer wieder in den Sinn gekommen sein. Die Begegnung mit Simeon und Hanna bleibt für sie unvergesslich. Was sie gehört und gesehen haben, wird ihnen geheimnisvoll noch lange nach nachgegangen sein. Ich bin sicher: Maria hat auch all diese Worte und Geschehnisse in ihrem Herzen bewahrt, sie hin und her bewegt, sie meditiert. Es braucht oft viel Zeit und ein langes Nachsinnen, um Ereignisse zu verarbeiten und Erlebtes zu verstehen und die Tragweite von allem zu ermessen. |
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