geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Petrus  u n d  Paulus gehören zusammen

 

Wir sprechen von Petrus  u n d  Paulus. Wir feiern beide an einem Fest. In der Kunst sind sie ebenfalls oft zusammen abgebildet. Und das mit Recht. Denn Petrus und Paulus bilden eine Einheit – trotz ihrer starken Gegensätzlichkeit.

 

Petrus, einfach, ein Mann aus dem Volk. Ein Fischer, der sein Boot, seine Netze, seinen See Genesareth gut kennt.

Paulus, ein gewandter, gebildeter Weltmensch, nicht unkompliziert.

Petrus verheiratet – Paulus ehelos.

Petrus ist konservativ, der Tradition verhaftet. Umdenken fällt ihm schwer. Er passt sich leicht an – aus Toleranz, aber auch aus Menschenfurcht. Er wirkt immer, sogar in Schwächen sympathisch.

Paulus dagegen ist progressiv. Er hat Mut, neue Bahnen zu beschreiten. Selbst „heilige“ Gewohnheiten gibt er auf, wenn sie der Sache im Weg stehen. Furchtlos widerspricht er auch anerkannten Persönlichkeiten. Wirkt aber manchmal unnachgiebig.

 

Petrus und Paulus – sie sind Zeichen für die Gegensätze, die nicht nur in der Kirche, sondern auch in unserem Leben herrschen. Kirche und Welt leben von der Spannung zwischen Tradition und Fortschritt, zwischen Gesetz und Freiheit, zwischen Autorität und Gewissensentscheidung, zwischen Anpassung und Unnachgiebigkeit. Es sind die dunklen Kapitel in der Geschichte, wenn beide Elemente sich absolut setzen oder gar einander bekämpfen.

 

„Wir sind die petrinische Kirche“ sagen die einen. Am Dom von St. Peter steht es in großen Buchstaben: „Du bist Petrus, der Fels“. – Das bedeutet Festigkeit, Garantie der Einheit, Stabilität. Fels heißt aber auch Unbeweglichkeit, Hartnäckigkeit, mitunter auch Starrheit.

 

„Wir sind die paulinische Kirche“, sagen die anderen Das heißt beweglich, modern, frei und undogmatisch. Aber sind sie dadurch nicht sehr anfällig für Unsicherheit und Spaltung?

 

Petrus und Paulus – zwei historische Persönlichkeiten, zwei große Gegensätze. Zwei Menschen, die streiten, die aber auch die Einheit suchen, weil sie im Grunde von der gleichen Erfahrung leben.

 

Jeder von ihnen hat einmal versagt.

Petrus hat seinen Herrn und Meister verleugnet und in seiner schwersten Stunde im Stich gelassen. Paulus hat unschuldige Menschen verfolgt und getötet, nur weil sie anderer Überzeugung waren.

 

Beide haben versucht, es wieder gut zu machen, indem sie sich ganz für die Sache Jesu einsetzten. Beide haben sich zu der Tatsache bekannt, dass der Mensch letztlich verwiesen ist auf einen Mächtigeren. Für sie war es Jesus Christus. Und für diesen Glauben bezahlten sie mit ihrem Leben.

 

Petrus und Paulus – zwei  G e g e n s ä t z e, aber auch die  E i n h e i t  von Gegensätzen. Die wahre Kirche Jesu besteht aus beidem: aus Petrus u n d Paulus, aus Festigkeit, Traditionsbewusstsein und Kompromissbereitschaft – genauso wie aus Beweglichkeit, Fortschrittsdrang und kompromissloser Wahrheitssuche.

 

Petrus  und  Paulus: eine gegensätzliche, scheinbar unlösbare Spannung. In Wirklichkeit aber Ausdruck der fruchtbaren Vitalität e i n e r Kirche Jesu.