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Kamillus von Lellis (14.07.)
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Krankheit und Leid gehören zu unserem Leben. Neben den Schmerzen bereitet das Angewiesensein auf die Hilfe anderer oft Kummer. Heutzutage ist vieles gut organisiert. Wir haben bestens ausgebildete Ärzte und ein professionelles Pflegepersonal. Die medizinische Versorgung ist weithin sichergestellt. Aber genügt das? Was ist mit der inneren Not der Kranken? Was ist mit den Fragen und Sorgen um Zukunft und Existenz, Sinn und Ziel, die sich quälend auf die Seele legen können?
Wer schon einmal länger Zeit krank war, der weiß, dass neben einer guten ärztlichen Diagnose und Medizin liebende Pflege und Begleitung ganz wertvoll und wichtig ist, sei es durch das Pflegepersonal der Klinik, durch Familienangehörige zu Hause, durch Hospizdienste oder durch Seelsorgerinnen und Seelsorger.
Mit bezahltem Dienst ist es nicht getan. Es braucht Menschen, die zur Seite stehen, mittragen, aushalten, Zeit haben, zuhören, ein gutes Wort zur rechten Zeit sagen oder einfach da sind. Liebende Sorge und aufmerksame Zuwendung sind nicht weniger bedeutsam wie die richtigen medizinischen Präparate.
Wilhelm Wilms hat die Bedeutung solcher Zuwendung in die Worte gefasst: „Wussten Sie schon, dass die Nähe eines Menschen gesund machen, krank machen, tot und lebendig machen kann?... Wussten Sie schon, dass das Wegbleiben eines Menschen sterben lassen kann, dass das Kommen eines Menschen wieder leben lässt? Wussten Sie schon, dass das Zeithaben für einen Menschen mehr ist als Geld, mehr als Medikamente, unter Umständen mehr als eine geniale Operation?“
Kamillus ist diese Wahrheit aufgegangen. In seinem Leben spielte eine Krankheit eine geradezu entscheidende Rolle. Es war eine große Beinwunde, an der er litt und die nie mehr verheilte. Zur Behandlung dieser Wunde begab er sich in das St. Jakobs Spital nach Rom. Zu diesem Zeitpunkt war er innerlich ein zerrissener Mensch. Man mochte ihn dort nicht. Er war selbstherrlich, haltlos und in seinem Verhalten undiszipliniert.
In seinem weiteren Lebensverlauf – er hatte als Jugendlicher seine Eltern verloren, war also Vollwaise – suchte er Sinn und Erfüllung in einem abenteuerlichen Leben als Soldat, verfiel der Leidenschaft des Kartenspiels, vergeudete dabei all seine Habe, verlor sein letztes Erspartes und geriet immer mehr auf die schiefe Bahn und an den Rand des Lebens. Schließlich endete er als Bettler an den Kirchenportalen. Soweit kam er herunter. Ähnlich dem verlorenen Sohn im Gleichnis vom barmherzigen Vater.
Als er beim Neubau eines Klosters die Arbeit eines Handlangers und Eseltreibers annahm, lernte er einen erfahrenen und gütigen Pater kennen. Der nahm ihn ins Gebet und führte ein ernstes Gespräch mit ihm. – Kamillus begann zu begreifen und fing den Weg der Umkehr an, eine echte und wirkliche Umkehr, die seine Einstellung und sein Leben völlig veränderte.
Kamillus ist ein Beispiel dafür, dass ein noch so entgleistes und verkorkstes Leben zu innerer und äußerer Ordnung zurückfinden kann. Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade.
Aber Kamillus musste seinen Weg und die Aufgabe, die Gott ihm zugedacht hatte, erst suchen. – Er wollte Kapuziner werden. Zweimal hat er es probiert. Wegen seiner unheilbaren Fußwunde wurde er nicht aufgenommen bzw. aus dem Noviziat wieder entlassen.
Er ging in das Krankenhaus nach Rom zurück. Der einst so aufsässige und unverträgliche Mann war wie umgewandelt. Er suchte nicht nur Heilung für seine Wunde. Er, der Kranke, begann die anderen Kranken zu pflegen. Er tat es gern, mit Hingabe und Liebe. Er tat es vorbildlich. Schließlich machte man ihn zum Verwaltungsdirektor des Krankenhauses.
Mit der Zeit sammelten sich Gleichgesinnte um ihn. So entstand allmählich eine Genossenschaft von Krankenpflegern. Daraus erwuchs der Orden der Kamillianer, der heute weltweit verbreitet ist und überall im Dienst der kranken Menschen steht und derer, die sich um die Kranken bemühen.
Kamillus selbst studierte bei den Jesuiten noch Theologie und wurde Priester. Er wurde in seiner Zeit zu einem großen Erneuerer des Gesundheitswesens in Italien. Er reformierte den Krankenhausbetrieb und die Krankenseelsorge in Rom und im ganzen Land.
Kamillus war von einer tiefen Liebe zu den kranken Menschen erfüllt. Er verfügte über ein wunderbares Einfühlungsvermögen. Er stand buchstäblich Tag und Nacht im selbstlosen Dienst an den Kranken und Sterbenden. Aus eigener schmerzlicher Erfahrung wusste er, was Krankheit bedeutet. Er hatte aber auch erlebt, dass seine Krankheit ihm seinen Lebensweg gewiesen hat. Er resignierte nicht. Er ließ sich führen – auch aus den tiefsten Tiefen menschlicher Grenzerfahrung heraus. Er fand seine Lebenserfüllung in Gott, die ihren Ausdruck fand in seinem hingebungsvollen Dienst an den kranken Menschen. Aber auch den Armen widmete er sich und nahm sich der Strafgefangenen an.
Die Kraft zu solchem Einsatz schöpften Kamillus und seine Gefährten aus dem Beispiel Jesu. Ihm und seinen Gefährten war deutlich geworden: In den Kranken und Armen, in den Gefangenen und Obdachlosen begegnet uns Christus. Und sie pflegen, sie besuchen und ihnen dienen, schenkt einem selbst die Begegnung mit Christus.
Am 14. Juli 1614 ist Kamillus in Rom gestorben. Er ist der Patron der Kranken und Krankenpfleger. In den Gebeten für die Sterbenden ruft ihn die Kirche um Fürbitte an.
Spritzen und Tabletten allein machen einen Kranken noch nicht heil. Medizinische Präparate und Apparate genügen nicht. Es braucht Menschen, die sich in liebender Sorge und Aufmerksamkeit dem Menschen in Not zuwenden. Es braucht Güte und Hilfsbereitschaft, dienende Liebe und liebende Hingabe. – Kamillus wusste aus eigener Erfahrung um den Zusammenhang von Heil und Heilung.
Heute gibt es nicht wenige, die in den Gemeinden und darüber hinaus – oft auch ehrenamtlich – helfen und da sind und sich einsetzen in der Hospizarbeit, bei Aidskranken, im Kirchenasyl, in der Betreuung von Flüchtlingen, als Besuchsdienst in Krankenhäusern und Gefängnissen. Nicht zu vergessen sind auch die Seelsorger und Seelsorgerinnen in all diesen Bereichen.
Wer immer sich im Geist des Evangeliums einsetzt für Menschen in Not, dessen Leben wird Christus-förmig und Christus-haltig. Gottes- und Nächstenliebe sind ja keine Gegensätze, sondern einander ergänzende und einander bedingende Formen der Liebe.
Überall dort, wo Menschen sich anderen in ihren Nöten widmen und zuwenden, überall dort geschieht Seel-Sorge. Überall dort wird durch die Zuwendung eines Menschen die liebende Zuwendung Gottes erfahrbar, durch den Trost eines Menschen der Trost Gottes, durch Erbarmen das Erbarmen Gottes. |
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