EVANGELIUM
So tat Jesus sein erstes
Zeichen - in Kana in Galiläa
+Aus
dem heiligen Evangelium nach Johannes
In jener Zeit
1 fand in Kana in
Galiläa eine Hochzeit statt, und die Mutter Jesu war dabei.
2 Auch Jesus und
seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen.
3 Als der Wein
ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr.
4 Jesus erwiderte
ihr: Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.
5 Seine Mutter sagte
zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut!
6 Es standen dort
sechs steinerne Wasserkrüge, wie es der Reinigungsvorschrift der Juden
entsprach; jeder fasste ungefähr hundert Liter.
7 Jesus sagte zu den
Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis zum Rand.
8 Er sagte zu ihnen:
Schöpft jetzt, und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist. Sie
brachten es ihm.
9 Er kostete das
Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht, woher der Wein kam; die
Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Da ließ er den
Bräutigam rufen
10 und sagte zu ihm:
Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken
haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt
zurückgehalten.
11 So tat Jesus sein
erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit, und seine
Jünger glaubten an ihn.
Der Abstand zum
Weihnachtsfest wird fühlbar größer. Auch liturgisch befinden wir uns
bereits seit einer Woche im „grünen“ Jahreskreis. Und doch hat der
heutige Sonntag noch einmal Epiphaniekarakter. Noch einmal fällt ein
weihnachtlicher Glanz in diese gottesdienstliche Feier.
Wie in Betlehem bei
der Huldigung der Sterndeuter und wie am Jordan bei der Taufe Jesu, so
scheint auch bei der Hochzeit in Kana Jesu göttliche Herrlichkeit auf.
„Er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.“
Doch zunächst fäll
etwas anderes auf und es fasziniert mich:
Jesu öffentliches
Wirken beginnt nicht im Tempel und auch nicht in einer Synagoge, sondern
im Rahmen eines Festes, bei einer Hochzeit. Und Jesus mittendrin, ebenso
Maria, seine Mutter, sowie seine ersten Jünger.
Jesus auf einer
Hochzeitsfeier! Und das nicht als Moralprediger, der dem Hochzeitspaar
Ermahnungen und gute Ratschläge mit auf dem Weg gibt, sondern als einer
der mitfeiert, der sich freut, der es genießt, mit Freunden, Verwandten
und anderen Hochzeitsgästen zusammen zu sein. Ich glaube nicht, dass
Jesus auf der Hochzeit nur Wasser getrunken hat. Er wird gut mitgefeiert
haben – wie später auch bei den Gastmählern, wenn er zusammen mit
Zöllner und Sündern isst und trinkt.
Das erste Zeichen,
das Jesus setzt, geschieht auf einer Hochzeit. Und die erste Tat, mit er
sich in der Öffentlichkeit zeigt, ist ein Weinwunder! Wer hätte das
gedacht! Spannend, nicht wahr?!
Liebe Schwestern
und Brüder!
Hochzeit feiern war
zur Zeit Jesu und ist auch heute noch etwas vom Größten und Schönsten,
was Menschen feiern. Das lassen sich Paare nach wie vor etwas kosten.
Damals zur Zeit Jesu in Palästina konnte eine Hochzeit Tage lang
gefeiert werden, ja sie konnte eine ganze Woche lang dauern. Es geschah
auch nicht im engsten Familienkreis. Die ganze Verwandtschaft, die ganze
Sippe von beiden Seiten, ja die ganze Dorfgemeinschaft war eingeladen
und konnte mitfeiern.
Im Rahmen eines
solchen Festes kommt es zum ersten von sieben Zeichen, die Jesus im
Johannesevangelium wirkt: Wasser wird in Wein verwandelt. Das
Hochzeitsfest wird gewissermaßen zur Bühne der Offenbarung der
Herrlichkeit Jesu.
Das ist kein Zufall.
Denn das Hochzeitsmahl gilt in der Bibel als Bild des Reiches Gottes, an
dem alle gemeinsam am Tisch sitzen und festlich Mahl halten in Fülle und
Überfluss. Und der Wein ist schon im Alten Testament das Zeichen der
Freude und der Heilszeit.
Doch dann geht der
Wein aus. Was für eine Blamage! Hochzeit und kein Wein. Eine
Katastrophe! Albtraum jedes Gastgebers. Da hat sich „der für das
Festmahl Verantwortliche“, der „Speisemeister“ hieß eine
frühere Übersetzung, heute würden wir sagen der Wedding-Planer, ganz
schön verrechnet. Da sind wohl mehr gekommen als angenommen und es wurde
mehr getrunken als gedacht. Kein Wein mehr. Wie peinlich! Das Fest droht
zu platzen.
Und wer bemerkt den
Notstand? Maria. Sie erkennt den Ernst der Lage. Sie sieht, wo‘s fehlt.
Maria ist aufmerksam und besorgt. Nicht nur das. Sie kümmert sich auch.
Sie wird aktiv. Sie agiert und interveniert. Sie weiß, wohin sie mit
ihrem Anliegen gehen muss. Sie vertraut Jesus. Sie nimmt ihm auch seine
schroffe Antwort nicht übel. Sie zieht sich nicht pikiert zurück, sie
fühlt sich nicht beleidigt, geschweige denn, dass sie kontert, grollt
oder nachträgt. Maria scheint zu wissen oder zumindest intuitiv zu
ahnen, dass dieser ihr Sohn mehr als nur ihr Sohn ist. Und sie glaubt an
ihn. Sie traut ihm das Wunder zu.
So bleibt sie dran.
Sie gibt den entscheidenden Anstoß. Zu den Dienern sagt sie: „Was er
euch sagt, das tut!“ Maria bringt das Wunder gleichsam in Gang.
Dann überlässt sie
Jesus das Feld. Und das Unglaubliche geschieht: Das Wasser in den sechs
steinernen 100 Liter-Krügen wird zu vorzüglichem Wein. Das Fest ist
gerettet und dem Hochzeitspaar die Blamage erspart.
Mir fallen einige
Dingen auf,
Besonderheiten, teils verblüffend, teils seltsam:
Erstens:
Jesus und Maria und die Jünger bei einem Fest. Sollte man nicht meinen,
sie hätten Dringenderes und Wichtigeres zu tun?
Zweitens:
Jesus geizt nicht. 600 Liter! Wenn er schenkt, schenkt er in Überfülle.
Später wird er sagen: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben
und es in Fülle haben.“ (Joh 10, 10)
Drittens:
Der gewandelte Wein war kein billiger Tafelwein. Es war bester
Qualitätswein, ein Spitzenwein, kein Vergleich zu dem, was das
Hochzeitspaar bisher seinen Gästen vorzusetzen hatte.
Viertens:
Sonderbar wie Jesus sich seiner Mutter gegenüber verhält! Recht
reserviert, sehr distanziert. Es ist als wolle er ihr klar machen, dass
er nicht mehr ihr, sondern einer anderen Macht untersteht. Schon als
Zwölfjähriger fragt er: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein
muss, was meines Vaters ist?“ Jesus weiß sich allein seinem Vater im
Himmel verpflichtet.
Fünftens:
Maria läßt stehen, was Jesus sagt. Bei allem Schmerz des Loslassens ist
sie offen für das, was ER will und was ER sagt. Und sie animiert und
fordert auch die Diener zur Offenheit und Bereitschaft auf: „Was er
euch sagt, das tut!“
Sechstens:
„Was er euch sagt, das tut!“
– Es ist das letzte Wort, das die Evangelien von Maria überliefern. Für
mich ist es wie ein Vermächtnis, wie ein Testament. Tun, was er sagt.
Das klingt so einfach. Und ist doch eine täglich neue und lebenslange
Aufgabe.
Siebtens:
Noch einmal Maria. Schon bei der Hochzeit zu Kana zeigt sich ihre
besondere Stellung im Heilsplan Gottes. Schon hier zeigt sich Maria als
Mittlerin und Fürsprecherin. Schon hier ist Maria Bild der fürbittenden
und sorgenden Kirche.
Ich frage mich: Sollte sie, die in ihrem
irdischen Leben Mangel wahrgenommen, Not gesehen, fürbittend eingetreten
ist, Hilfe erhofft und verschafft hat, sollte sie – nun im Himmel –
nicht für die Menschen da sein in ihren Nöten und Sorgen? Jetzt kann sie
es doch erst recht. Jetzt kann sie doch noch viel mehr und umfassender
wahrnehmen, wo‘s fehlt, besorgt sein um unser Heil und in Nöten und
Gefahren auf Rettung und Hilfe sinnen.
Mich wundert es nicht, dass Maria schon von
frühester Zeit an als Mittlerin und Fürsprecherin von der Kirche
angerufen wurde. Das älteste erhaltene Gebet zu Maria – es stammt aus
dem 4. Jahrhundert – lautet: „Unter den Schutz deiner vielfachen
Barmherzigkeit fliehen wir, Gottesgebärerin. Verachte nicht unsere
Bitten in unseren Nöten, rette uns vielmehr aus allen Gefahren, du
allein Gesegnete.“ Wir kennen das Gebet bis heute und wollen es nun
zum Schluss miteinander beten: „Unter deinen Schutz und Schirm
fliehen wir…(GL. 5, 7). |