geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Von Grund auf heil

28. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

2 Kön 5,14 – 17; Lk 17, 11 – 19

 

Erste Lesung

Naaman kehrte zum Gottesmann zurück und bekannte sich zum Herrn

Lesung

aus dem zweiten Buch der Könige

In jenen Tagen

14ging Náaman, der Syrer, zum Jordan hinab und tauchte siebenmal unter, wie ihm der Gottesmann Elíscha befohlen hatte. Da wurde sein Leib gesund wie der Leib eines Kindes und er war rein von seinem Aussatz.

15Nun kehrte er mit seinem ganzen Gefolge zum Gottesmann zurück, trat vor ihn hin und sagte: Jetzt weiß ich, dass es nirgends auf der Erde einen Gott gibt außer in Israel. So nimm jetzt von deinem Knecht ein Dankgeschenk an!

16Elíscha antwortete: So wahr der Herr lebt, in dessen Dienst ich stehe: Ich nehme nichts an. Auch als Náaman ihn dringend bat, es zu nehmen, lehnte er ab.

17Darauf sagte Náaman: Wenn es also nicht sein kann, dann gebe man deinem Knecht so viel Erde, wie zwei Maultiere tragen können; denn dein Knecht wird keinem andern Gott mehr Brand- und Schlachtopfer darbringen als dem Herrn allein.

 

Evangelium

Ist keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden?

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas

11Es geschah auf dem Weg nach Jerusalem: Jesus zog durch das Grenzgebiet von Samárien und Galiläa.

12Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in der Ferne stehen

13und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!

14Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern! Und es geschah: Während sie hingingen, wurden sie rein.

15Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme.

16Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samaríter.

17Da sagte Jesus: Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die neun?

18Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden?

19Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet.

 

Zwei Heilungsgeschichten haben wir gehört, eine in der ersten Lesung, die andere soeben im Evangelium. Geographisch, zeitlich und kulturell liegen die beiden Geschichten weit auseinander. Und doch sind sie durch ein starkes Band verbunden, nämlich das Wunder der Heilung und vor allem durch die Antwort darauf, eine Antwort des Herzens, nämlich Dankbarkeit.

 

In der ersten Lesung ist es Naaman, ein syrischer Feldherr, der an Aussatz erkrankt ist. Ein mächtiger Mann, aber machtlos gegenüber seiner Krankheit. Erst auf Rat eines israelitischen Mädchens und durch den Propheten Elischa wird er geheilt. Nicht durch große Gesten – wie erwartet -, sondern durch das demütige, siebenmalige Eintauchen in den Jordan.

 

Und was tut Naaman? Er kehrt zurück, um zu danken. Er erkennt aber: Nicht der Prophet Elischa hat ihn vom Aussatz befreit, nicht er ist der eigentliche Heiler, sondern der Gott Israels. Naaman wird ein Jahwe-Gläubiger. ER nimmt sogar Erde mit, um künftig auf „heiligem Boden“ beten und den Gott Israels verehren zu können. Seine Heilung führt ihn zur Dankbarkeit und darüber hinaus zum Glauben und zur Anbetung.

 

Im Evangelium sind es zehn Aussätzige, die Jesus um Hilfe anflehen, um Erbarmen bitten. Auch sie werden geheilt – alle zehn. Doch nur einer kehrt zurück, um zu danken und Gott die Ehre zu geben. Nur an ihm ist das Wunder ganz und vollständig geschehen. Und dieser eine ist ein Samariter, ein Andersgläubiger, ein Fremder, ein Außenseiter, einer, der aus jüdischer Sicht als unrein galt. Jesus fragt: „Wo sind die übrigen neun?“ Nun, diese waren bestimmt auch heilfroh und überglücklich, gesund zu sein. Endlich wieder dazu zu gehören, endlich wieder gemeinschafts- und gesellschaftsfähig sein, endlich den Ehepartner wieder umarmen können und die Kinder herzen und drücken. Vielleicht haben sie innerlich sogar „Gott sei Dank“ gesagt, als sie merkten, dass der Aussatz verschwunden war. Wahrscheinlich sind sie auch noch zu den Priestern gegangen, wie Jesus es ihnen geboten hatte. Es war ihnen gewiss daran gelegen, ihre Heilung bestätigen zu lassen. Aber dann haben sie keine Zeit. Sie haben Nachholbedarf, Ansprüche an das Leben. Den aber, der ihnen das wirkliche Leben geben könnte, an den denken sie nicht mehr. Jesus scheinen sie schon vergessen zu haben.

 

Was verbindet diese beiden Geschichten? Es ist nicht nur die Heilung, sondern die Reaktion darauf: Dankbarkeit. Dankbarkeit nicht nur als ein höflicher Akt, sondern als eine geistliche Haltung. Dankbarkeit als Ausdruck der Beziehung zu Gott. Die Heilung Naamans und die des Samariters ist nicht nur körperlich, sondern auch geistlich. Beide wurden nicht nur von einer Krankheit befreit, sondern in eine neue Beziehung zu Gott hineingerufen.

 

Die anderen neun im Evangelium sind auch gesund, ja – aber sie verpassen das eigentliche Wunder: die Begegnung mit dem Heiland. Sie nehmen das Geschenk, aber vergessen den Geber. – Zu dem einen, der zurückkehrt, sagt Jesus: „Dein Glaube hat dich gerettet“. Ihm ist nicht nur geholfen, er ist nicht nur gesund, sondern er erfährt wahrhaft Rettung! Er ist wirklich heil, von Grund auf heil. – Was der Engel den Hirten von Betlehem verkündet: „heute ist euch der Retter geboren“ – an diesem Mann ist es geschehen. Jesus ist für ihn zum Heiland, zum Retter geworden.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Was bedeutet das für uns heute?

Nun, wir leben in einer Welt, in der vieles selbstverständlich erscheint: Gesundheit, Wohlstand, Sicherheit, aber auch Freundschaft, Vertrauen, Treue, ein neuer Anfang und vieles mehr. Oft nehmen wir all das und vieles andere als gegeben hin. Halten wir aber auch inne, um zu danken? Kehren wir um wie Naaman und der Samariter? Oder gehen wir achtlos und gedankenlos weiter, als wäre nichts geschehen?

Die Frage ist: Sehen wir hinter den Gaben auch den Geber? Erkennen wir hinter dem Guten den Ursprung von allem Guten? Erkennen wir auch in den Ereignissen unseres Lebens, aber auch in den kleinen Dingen des Alltags, das Wirken Gottes, seine Fügung und seine Führung?

 

Dankbarkeit ist nicht nur eine höfliche Geste. Sie ist eine geistliche Haltung, die uns verwandelt. Sie öffnet unser Herz für die Gegenwart Gottes. Sie macht uns empfänglich für seine Liebe und führt uns – wie Naaman und den Samariter – in eine tiefere Beziehung zu ihm.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Lassen wir uns heute von Naaman und dem dankbaren Samariter inspirieren, nicht nur zu bitten, sondern auch zu danken. Schauen wir nicht nur auf das, was fehlt, sondern auf das, was geschenkt ist. Und kehren wir immer wieder zurück zu Gott, mit einem dankbaren Herzen!