geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Hochzeit zu Kana

(2. Sonntag - Lesejahr C, Joh 2, 1 - 12)

 

Stellen Sie sich vor, Sie hätten zu einer Hochzeit eingeladen.

Das Fest steigt, die Stimmung ist gut, Ihre Gäste freuen sich.

 

Da passiert es. Als Gastgeber stockt Ihnen der Atem: Sie ziehen den letzten Korken. Der Wein ist aus! „Das gibt’s doch nicht“, denken Sie verärgert. Eine bittere Mischung von Wut und Scham steigt in Ihnen auf.

Hochzeit und kein Wein!

Das Bild eines leeren, ausgetrockneten Lebens.

Wer von uns kennt das nicht?

Der Wein ist ausgegangen: der Wein der Freude, der Wein des Glücks, der Wein des Vertrauens, der Wein der Liebe. Es fehlt an Geduld. Es fehlt an Verständnis. Keine Kraft mehr, keine Energie, kein Schwung. Keine Phantasie und keinen Humor. Die Luft ist raus. Leerlauf auf der ganzen Linie. So sehr kann der Wein ausgehen, dass man glaubt, es geht nichts mehr!

Der Wein ist ausgegangen: Auf dem Trockenen sitzen. Nichts mehr haben, worauf man anstoßen kann, aufgebraucht, ausgelebt, am Ende, finito.

 

„Sie haben keinen Wein mehr!“

 

Wie sehr gilt das auch für uns Christen und für uns Frauen und Männer im Orden!

Wo ist die Leidenschaft für Gott? Wo ist die Begeisterung des Glaubens? Wo die Freude ein Christ zu sein, Ordensfrau, Ordensmann, Priester? Wo ist die erste Liebe? Wo das Glück darüber, Gott zu kennen, ihm zu dienen? Und vor allem: von ihm geliebt zu sein?

Wird nicht allenthalben genörgelt und gejammert, kritisiert und lamentiert? Mit allen Mitteln versuchen wir die Gemeinden aufzumöbeln, Seelsorgeeinheiten auf Vordermann zu bringen, neue Strukturen zu schaffen. – Am Ende aber kochen wir nur mit Wasser. Vieles ist Flickschusterei. Wir fühlen uns leer, erschöpft, ausgebrannt.

Auch im geistlichen Leben können die Krüge leer sein: Trockenheit, Lustlosigkeit, Müdigkeit. Das Gebet ist nur noch Pflicht, Pensum, Routine. Und Gott ist so weit weg.

Wenn die Krüge unseres Lebens leer sind, wenn unsere Möglichkeiten ausgeschöpft sind, was tun?

 

Da ist Maria. Sie spürt den Mangel. Sie weiß, was den Menschen fehlt. Sie nimmt Anteil. Sie hofft und vertraut und fordert auf zum Vertrauen.

„Was er euch sagt, das tut!“ - Was sagt er?

 

„Füllt die Krüge mit Wasser!“

 

Ich versteh‘ das so: Füllt die Krüge mit dem, was ihr habt. Mit Wasser. Wasser steht für das ganz Alltägliche, Nüchterne, Glanzlose. Wasser steht für das, was unser Leben weithin ausmacht und für das, worum wir uns Tag für Tag mühen und plagen.

 

„Füllt die Krüge mit Wasser!“

 

Gebt, was ihr habt! Füllt die Krüge damit, nicht halb, nicht knauserig, ganz, voll. Bis zum Rand sollen wir die Krüge füllen mit dem, was wir haben. Alles ihm überlassen: Unsere Grenzen, unsere Verwundungen, unsere Fehler und Schwächen, unsere Armseligkeit und unsere ungestillte Hoffnung.

 

„Füllt die Krüge mit Wasser!“

 

Vielleicht mit unseren Tränen, mit unseren Ängsten, mit unseren Enttäuschungen, mit unserer Traurigkeit.

Gebt alles hinein, was euch belastet, was euch beugt und lähmt und das Leben schwer macht.

Schüttet in sie hinein – in die Krüge – die abgestandenen Wasser eurer Mühen und Nöte! Gießt in sie hinein – in die Krüge – euren Kummer und euren Schmerz! Gebt alles hinein! Bringt alles ihm! Haltet alles ihm hin! „Werft all eure Sorgen auf den Herrn!“ „Und sie füllten die Krüge bis zum Rand.“

Was käme da alles in Bewegung, wenn wir es machten wie die Diener von Kana und tatsächlich anfingen, die Krüge mit unserem Wasser zu füllen! Was könnten wir alles wegschütten an Lustlosigkeit, an Halbheit, an Engherzigkeit und Erstarrung!

Geben, was wir haben! Ganz einfach und doch so schwer!

 

„Füllt die Krüge mit Wasser!“ sagt Jesus. Was sagt er denn noch?

 

Er sagt noch viel mehr!

 

Man müsste die Bergpredigt lesen, die Gleichnisse Jesu, das ganze Evangelium lesen und daraufhin abhören, was er uns sagt. Ich möchte ein Wort Jesu herausgreifen: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben!“ (Joh 10, 10b)

Die Hochzeit zu Kana ist ein Zeichen dafür.

Die Zeit ist erfüllt mit Jesus. Die Hochzeit hat begonnen. Die Heilszeit ist angebrochen. Die Herrlichkeit des Herrn leuchtet auf.

EPIPHANIE: ERSCHEINUNG DES HERRN

„Erschienen ist die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes!“ „Gott hat sein Volk besucht und ihm Erlösung geschaffen!“

 

Jesus kann das Leben verwandeln bis in den letzten Winkel hinein, wo ein Mensch sich ihm öffnet, wo ein Mensch auf ihn hört, wo einer tut, was er sagt, wo jemand seinem Wort und seinem Geist Raum gibt. Dann beginnt alles in einem neuen Licht zu leuchten. Alles gewinnt eine größere Tiefe und bekommt eine neue Qualität. Und man schmeckt: sein neuer Wein ist besser als der alte, besser als das fade Wasser selbstgebastelten Glücks.

Jesus bringt Leben, Leben in Fülle. Dafür steht der neue Wein.

Er lässt das größere Leben und die größere Liebe verkosten.

 

Daran wieder glauben. An IHN glauben. Auf IHN hören!

„Seine Jünger glaubten an ihn.“ An IHN glauben! IHM vertrauen! Glauben und vertrauen!

Glauben, dass Gott Macht hat, dass für ihn nichts unmöglich ist.

Glauben, dass er da ist, dass er uns gut ist, dass er uns bedingungslos liebt, unsere Gebrechen heilt und uns die Schuld vergibt.

Glauben, dass er uns mit seiner Güte umfängt und dass wir uns ihm vertrauensvoll überlassen dürfen.

Das ist Hochzeit, Freude, Glück!

Seine Liebe ist grenzenlos. Seine Liebe ist unermesslich und unerschöpflich. Wenn er schenkt, schenkt er in Fülle den neuen Wein, das neue Leben.

 

Damals in Kana waren es sechshundert Liter. Eine Riesenmenge! Der hl. Hieronymus wurde einmal gefragt:Haben denn die Hochzeitsgäste die sechshundert Liter allein getrunken?“ „Nein“, erwiderte Hieronymus, „wir trinken noch heute davon.“

 

Ja, wir trinken noch heute davon.

 

Und auch das Wunder der Verwandlung geschieht heute noch, wenn auch oft unspektakulär und leise: Menschen, die am Ende waren, stehen wieder auf. Liebe, die erloschen war, wird neu entfacht. Alte Ideale werden wieder jung. Begrabene Hoffnungen fangen an zu blühen. Trauer wandelt sich in Freude, Angst in Vertrauen, Verzweiflung in Hoffnung. Menschen teilen, Wunden heilen.

Überall dort, wo wir unsere Krüge mit dem Wasser unseres Lebens füllen und sie vom Herrn segnen lassen, wandelt sich etwas.

 

Bitten wir ihn darum, dass er unser Leben wandelt. Bitten wir darum, dass Kana sich nicht nur in Galiläa ereignet, sondern dass es auch bei uns geschieht.

Und lassen wir uns im Glauben hineinnehmen in diese Verwandlung, um teilzuhaben an Gottes Leben, an Gottes Herrlichkeit.

 

„Aus seiner Fülle empfangen wir Gnade über Gnade.“