Ein „lichtreiches Geheimnis“
des Lebens Jesu leuchtet heute auf: „Jesus, der sich bei der Hochzeit
in Kana offenbart hat.“ Papst Johannes Paul II. hat 2002 das
Rosenkranzgebet unter anderen mit diesem Geheimnis ergänzt und
bereichert.
Ähnlich wie die Erscheinung des Herrn vor den Weisen aus dem Osten und
die Taufe Jesu im Jordan handelt es sich um ein Epiphanie-Ereignis und
gehört eigentlich in die Weihnachtszeit hinein.
Aber Weihnachten ist längst abgehakt. Das Fest, auf das uns Konsum und
Kommerz seit Herbst eingestimmt haben, ist verklungen. Die Christbäume
sind entsorgt, die Krippen wieder abgebaut und die Schaufenster längst
umdekoriert.
Auch bei den Gottesdienstfeiern in der Kirche sind wir zurück im
Jahreskreis, wie die liturgische Farbe „grün“ anzeigt.
Ich finde es schade,
dass auch die Kirche die Weihnachtszeit so schnell zu Ende gehen lässt.
Sie müsste ja nicht mehr – so wie früher – bis Mariä Lichtmess
(2. Februar) gehen, aber den heutigen Sonntag hätte sie – mit guten
Gründen – doch noch in der Weihnachtszeit belassen können, statt ihn in
die Zeit des Jahreskreises zu legen. Denn „Stern“ (Drei König), „Wasser“
(Taufe Jesu) und „Wein“ (Hochzeit zu Kana) bilden einen Dreiklang. Diese
drei Ereignisse bzw. Heils-Geheimnisse gehören zusammen.
In der Magnificat-Antiphon
am Fest der Erscheinung des Herrn heißt es nämlich: „Drei Wunder
heiligen diese Tage: Heute führt der Stern die Weisen zum Kind in der
Krippe. Heute wurde Wasser zu Wein bei der Hochzeit. Heute wurde
Christus im Jordan getauft. Uns zum Heil. Halleluja.“
Und in der Benedictus-Antiphon
des gleichen Tages heißt es: „Heute wurde die Kirche dem himmlischen
Bräutigam vermählt: Im Jordan wusch Christus sie rein von ihren Sünden.
Die Weisen eilen mit Geschenken zur königlichen Hochzeit. Wasser wird in
Wein verwandelt und erfreut die Gäste.“
Drei Herrlichkeitsmomente, drei Zeichen für die erfüllte messianische
Zeit. Und die Hochzeit zu Kana, die ist eng verbunden mit der
weihnachtlichen Hoch-Zeit.
Schön, dass mancherorts wenigsten in den Kirchen die Krippen noch etwas
länger stehen bleiben – so auch hier bei uns in der Wallfahrtskirche –
und damit an die allzu kurze Weihnachtszeit erinnern.
Liebe Schwestern und Brüder!
Das heutige Evangelium ruft uns zu: Verlasst nicht zu schnell den
Festsaal des Glaubens! Bewahrt euch ein wenig den weihnachtlichen Glanz,
auch wenn das Jesus-Kind inzwischen zum Mann geworden ist. Denn Gott
schenkt weiter. Die Bescherung hört nicht auf. Die Brunnen des Himmels
fließen.
In Kana
waren es damals sechshundert Liter Wasser, die zu Wein verwandelt
wurden. Eine Riesenmenge!
Der heilige Hieronymus wurde einmal gefragt: „Haben die
Hochzeitsgäste die sechshundert Liter allein getrunken?“ – „Nein“,
erwiderte Hieronymus, „wir trinken noch heute davon.“
Sehen Sie:
Bei der Hochzeit von Kana kommt bereits ans Licht, was Jesus später von
sich und seiner Sendung sagt: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben
haben und es in Fülle haben“ (vgl. Joh 10, 10). Und es wird noch
einmal anschaulich, was der Evangelist Johannes im Prolog so ins Wort
bringt: „Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen Gnade über Gnade“
(Joh 1, 16).
Hochzeit
ist Sinnbild für Heils-Zeit. Und der Wein ist Gabe der Heils-Zeit. Die
„maßlose“ Überfülle des Weins symbolisiert – wie bei der Brotvermehrung
– die erfüllte Zeit, die messianische Zeit. „Die Zeit ist erfüllt.
Das Reich Gottes ist nahe“ (Mk 1, 14).
Somit beseitigt das Weinwunder Jesu in Kana nicht nur einen akuten
Notstand und behebt einen Mangel damals, sondern signalisiert vielmehr
noch, dass mit Jesus das Reich Gottes schon begonnen hat. (vgl. Mt 12,
28; Lk 14, 15)
Liebe Mitchristen!
In jeder Eucharistiefeier sind wir die Hochzeitsgäste von Kana. Dabei
geschieht in gläubiger Weise Wandlung, Wandlung des Irdischen in das
Göttliche, des Vergänglichen in das Ewige, des Todes in das Leben.
So gesehen
deutet dieses erste Zeichen, das Jesus wirkt, auf jenes letzte hin, das
Jesus gab, als er Brot und Wein nahm, um für alle Zeiten unsere Armut
und unseren Mangel mit seinem Reichtum und unsere Leere mit seiner Liebe
zu füllen.
Stellen wir IHM unsere mit Wasser vollen Krüge hin, damit er sie
verwandelt und füllt mit dem Wein der Freude und Hoffnung.
Liebe Schwestern und Brüder!
Der Abstand zum Weihnachtsfest wird mit jedem Tag im neuen Jahr größer.
Und wenn wir uns auch liturgisch bereits seit einer Woche im „grünen“
Jahreskreis befinden, so hat doch der heutige Sonntag – wie wir gesehen
haben – noch einmal Epiphaniecharakter. Noch einmal fällt ein
weihnachtlicher Glanz in die gottesdienstliche Feier heute.
Wie in Betlehem bei der Geburt Jesu und wie im Jordan bei der Taufe, so
scheint auch in Kana Jesu göttliche Herkunft auf.
Am Schluss heißt es:
„Er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.“
– Es wird nicht gesagt, dass alle zum Glauben an ihn kamen, aber seine
Jünger! Und wir?
Wie oft werden wir im Laufe des kommenden Jahres vor leeren Krügen
stehen? Wie oft wird uns – bildlich gesprochen – der Wein ausgehen, der
Wein der Freude, der Wein des Glücks, der Wein der Zuversicht…? Wieviel
Enttäuschung, Mutlosigkeit und Mangel wird warten?
Doch die Erzählung von der Hochzeit zu Kana zeigt uns die Mutter Jesu,
die Mangel wahrnimmt, Not erkennt und fürbittend für uns eintritt. Und
sie stellt uns den Herrn vor Augen, der uns in unseren Nöten, Ängsten
und Sorgen nicht allein lässt, sondern uns helfend und rettend zur Seite
steht, der ergänzen und vollenden kann, was uns mangelt und fehlt und
Fülle wirken und Leben schenken, heute schon und in Ewigkeit.