Evangelium
Der Friede, den
ihr dem Haus wünscht, wird auf ihm ruhen
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Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
1In
jener Zeit suchte der Herr zweiundsiebzig andere aus und sandte sie zu zweit vor
sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst
gehen wollte.
2Er
sagte zu ihnen: Die Ernte ist groß,
aber es gibt nur
wenig Arbeiter.
Bittet also den
Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!
3Geht!
Siehe, ich
sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.
4Nehmt
keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe! Grüßt niemanden auf
dem Weg!
5Wenn
ihr in ein Haus kommt,
so sagt als Erstes:
Friede diesem Haus!
6Und
wenn dort ein Sohn des Friedens wohnt, wird euer Friede auf
ihm ruhen; andernfalls wird er zu euch zurückkehren.
7Bleibt
in diesem Haus, esst und trinkt, was man euch anbietet; denn wer arbeitet, ist
seines Lohnes wert. Zieht nicht von einem Haus in ein anderes!
8Wenn
ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt,
so esst, was man euch vorsetzt.
9Heilt
die Kranken, die dort sind, und sagt ihnen: Das Reich Gottes
ist euch nahe!
„Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenige Arbeiter“,
so haben wir gerade Jesus sagen hören. Ein Wort, das 2000 Jahre alt ist – und
das sich doch sehr modern anhört. – Denn das ist ja eine der großen Nöte unserer
Tage: Der „Personalmangel“ in unserer Kirche.
Zu wenig Priester, zu wenig Pastoral- und Gemeindereferenten, zu wenig
Ordensnachwuchs. Manche Ordensgemeinschaften haben seit Jahren gar keinen mehr.
Eine Not, die immer gravierender wird und schließlich zur Aufhebung von Klöstern
führt.
Einige Verse
vor unserem Evangelienabschnitt von heute lesen wir, dass Jesus bereits „die
Zwölf“ ausgesandt hat, die Apostel. Jetzt merkt er wohl, dass die Zwölf das
allein nicht schaffen.
Aber
Jesus erstellt keinen Pastoralplan. Er entwirft keine Seelsorgsstrategie. Was
macht er? Er sendet einfach mehr Leute aus: „72 andere“. Und die schickt
er zu zweit aus. Keiner soll allein auf weiter Flur stehen. Sie sollen vielmehr
einander stützen und ermutigen.
Eine spannende Stelle.
„72 andere“. Man kann fragen: Wo nimmt er die her? Und man mag weiter
fragen: Können die 72 das überhaupt? So gut wie die Zwölf? Denn „die Zwölf“, die
Apostel sind ja doch eher „Fachleute“. Denn sie kennen Jesus ja doch länger und
besser.
Fragen,
die wir heute stellen würden. Aber Jesus stellt diese Fragen anscheinend nicht,
sondern er sendet sie aus. Und sie bekommen denselben Auftrag wie die Zwölf:
Kranke heilen und das Reich Gottes verkünden. Nichts anderes. Denn für Jesus
sind die 72 keine „Boten zweiter Klasse“, sondern er traut ihnen dasselbe zu wie
den Zwölf.
Wie die Zwölf
so sollen auch sie ja nichts mitnehmen, von dem, was sie meinen, dass es wichtig
sei – kein Geld, keine Vorräte, keine Ausrüstung, sondern nur den Auftrag Jesu,
seine Botschaft – und die ganze Kraft und allen Segen, der damit verbunden ist.
Und
– da ist noch etwas, was auffällt, liebe Schwestern und Brüder. Da steht
in unserem Text: Esst, was man euch vorsetzt – in einem Haus oder in
einer Stadt. Sogar zwei Mal steht es dort. Essen ist ja wichtig. Aber ist es
sooo wichtig, dass das hier zwei Mal auftaucht?
Nun,
hier geht es nicht um das Essen, das man braucht, um arbeiten zu können. Es geht
auch nicht nur darum, dass die Boten zufrieden sein sollen, mit dem, was sie
bekommen. – Hier geht es wesentlich um das, was man isst. Ein Jude nämlich – und
die Leute, die Jesus da losschickt, sind ja Juden – ein Jude durfte nur essen,
was den religiösen Speisevorschriften entsprach. Alles musste „koscher“ sein.
Und da ging es nicht nur darum, dass es kein Schweinefleisch sein durfte,
sondern das war viel komplizierter: Das war ganz genau vorgeschrieben und bis
ins Kleinste geregelt. Und wehe, etwas stimmte nicht! Dann war es ja eine Sünde,
davon zu essen.
Von daher
hätten diese 72 eigentlich nur in den Häusern frommer Juden essen dürfen – und
sonst nirgends. Und dann sieht es mit Mission ja schon ganz schlecht aus – vor
allem mit „Heiden“-Mission.
Aber dann
sagt dieser Jesus jetzt einfach: Esst, was man euch vorsetzt! Seid nicht
wählerisch! Wechselt nicht in ein anderes Haus, wenn euch dieses oder jenes
nicht passt. Bleibt! Auch wenn nicht alles den jüdischen Vorstellungen
entspricht.
Auf gut Deutsch heißt das:
Ich befreie euch von allen diesen Vorschriften. Denn von mir gesendet sein heißt
nicht: Alle Vorschriften erfüllen, sondern eine frohe Botschaft in die Welt
tragen. Nicht die Vorschriften sind das Wichtigste, sondern das Heil, das ihr
ankündigt und der Friede, den ihr bringt.
Deshalb
überfordert niemand mit euren Anforderungen, sondern nehmt das, was da ist.
Setzt niemanden unter Druck mit dem, was ihr meint, was zu sein hätte, sondern
setzt euch mit allen an einen Tisch. Habt keine Berührungsängste, sondern
schenkt Gemeinschaft.
Meint nicht,
ihr dürft eure Arbeit nur dort tun, wo „alles in Ordnung“ ist, sondern arbeitet
überall dort, wo man euch aufnimmt – und wo man euch braucht. Und kommt den
Leuten bitte nicht mit Vorschriften und Erwartungen, sondern mit einer frohen
Botschaft, mit dem Heil, das der Herr euch in die Hände gelegt hat.
Macht die Leute nicht krank mit dem, was sie machen sollen, sondern macht sie
gesund – einfach, indem ihr sie gut behandelt, indem ihr sie annehmt, wie sie
sind – und indem ihr ihnen sagt: Das Himmelreich ist nahe. Es ist euch ganz
nahe. Ihr müsst nur Ja dazu sagen.
Jesus sandte 72 andere aus.
Nicht nur die Zwölf, die „Hauptamtlichen“, sondern auch andere, die sich
ansprechen und senden ließen.
Vielleicht
gehören Sie, liebe Schwestern und Brüder, ja heute zu diesen 72. –
Vielleicht braucht der Herr ja gerade Sie, um Menschen etwas zu sagen, was
aufrichtet, um Menschen so zu behandeln, dass sie aufatmen können und sich
besser fühlen. Und sie spüren: Da kommt das Himmelreich auf mich zu – in diesem
Menschen.
Wenn Sie
den Ruf hören und verspüren: Das wäre doch was für mich, dann tun sie es! Tun
sie es dort, wo sie leben und sind! – Warten Sie nicht darauf, dass jemand sie
losschickt. Zu diesem „Heilsdienst“ brauchen sie keine Weihe und keine
kirchliche Beauftragung, auch kein Abitur und kein Diplom. Sie sind getauft, sie
sind gefirmt. Sie sind bereits gesandt! Sie müssen also nicht warten, bis jemand
ihnen die Erlaubnis gibt und sie losschickt.
Sie haben bereits die Erlaubnis zu ganz viel Güte, zu herzlicher Zuwendung und
großzügiger Liebe. Die Sendung zu solchem „Heilsdienst“ haben sie bereits. Sie
alle – und zwar vom Herrn selbst.
Sehen Sie:
„Gehen“, „Heilen“, „Verkünden“, das ist nicht nur Sache der
Priester, Diakone, Ordensleute und anderer in kirchlichen Berufen. Alle,
die an Christus glauben, sind dazu berufen, alle sind gesandt!
„Esst, was man euch vorsetzt“
sagt der Herr – und das heißt ja wohl auch: Geht zu den Leuten, die da sind und
wartet nicht auf „bessere“ oder „andere“, sondern geht zu denen, die euch
begegnen. Und sagt genau denen: das Himmelreich ist nahe. Es steht offen – auch
und gerade für dich!
Sagt es in Worten und in Taten.
Denn in Wort und Tat hat Jesus gezeigt, woran er zu erkennen ist: daran, dass
den Menschen das Reich Gottes angesagt wird und daran, dass Heilung geschieht.
Liebe Mitchristen!
Wir müssen keine Ärzte sein, um anderen heilend nahe zu sein. Menschen werden
krank durch fehlende oder verletzende Beziehungen. Menschen gesunden aber auch
durch Beziehungen, wo und wenn sie sich angenommen und wertgeschätzt fühlen.
Verkündigung
ist wichtig. Da hören die Menschen, dass der Gott und Vater Jesu Christi ein
Gott der Liebe ist, ein menschenfreundlicher Gott, der unser Heil will und unser
Leben. Das heilende Tun muss dazukommen oder – noch besser – der
Verkündigung vorausgehen. Im heilenden Tun spüren die Menschen, dass das
Gesagte, das Verkündete, stimmt. Sie erfahren, dass der christliche Glaube
wohltuend und stärkend ist: dass Krankes gesund, Geknicktes aufgerichtet,
Zerbrochenes wieder hergestellt und Totes lebendig werden kann. Heilung
ganzheitlich für Leib und Seele. Das ist der shalom, der Friede, das ist
das Heil in vollem, umfassendem Sinn.
Sie merken, liebe Schwestern und Brüder,
dieses Evangelium von den 72 anderen Jüngern, das ist nicht etwas für eine
Aussendungsfeier von Missionaren in ferne Länder oder für eine Priesterweihe,
ein Ordensjubiläum oder die Beauftragung von Gemeindereferentinnen. Wir alle
sind angesprochen und gefragt. Jede und Jeder! Wir alle können trösten,
ermuntern, aufrichten, befreien, aufatmen lassen – und darin das Kommen Gottes,
seine Nähe und Gegenwart – und das meint ja Reich Gottes – spüren lassen.
„Geht! Ich sende euch.“
Mit diesen Worten sandte Jesus die Jünger aus. – Am Schluss der Eucharistiefeier
werden wir nach dem Segen entlassen mit dem Ruf: „Gehet hin in Frieden!“
– Das ist nicht nur Entlassung, Signal, dass die „Kirche“ aus ist, die Messe
beendet. Der Ruf „Gehet hin in Frieden“ beinhaltet viel mehr noch
Sendung: „Geht und bringt den Frieden! Geht und lebt, was ihr hier erfahren
habt! Gebt weiter, was ihr hier empfangen habt! Bringt den Menschen die Frohe
Botschaft! Wirkt heilend, seid ein Segen!“
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