EVANGELIUM
Der Menschensohn ist Herr auch über den Sabbat
+Aus dem heiligen
Evangelium nach Markus
23 An
einem Sabbat ging Jesus durch die Kornfelder, und unterwegs rissen seine Jünger
Ähren ab.
24 Da
sagten die Pharisäer zu ihm: Sieh dir an, was sie tun! Das ist doch am Sabbat
verboten.
25Er
antwortete: Habt ihr nie gelesen, was David getan hat, als er und seine
Begleiter hungrig waren und nichts zu essen hatten
26-
wie er zur Zeit des Hohenpriesters Abjatar in das Haus Gottes ging und die
heiligen Brote aß, die außer den Priestern niemand essen darf, und auch seinen
Begleitern davon gab?
27Und
Jesus fügte hinzu: Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den
Sabbat.
28 Deshalb
ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat.
Ein
wogendes Ährenfeld in sommerlicher Flur. Und darin Jesus mit seinen
Freunden. Ein idyllisches Bild.
Die
Jünger reißen Ähren ab und verspeisen die Körner.
Was
soll’s? Ist doch harmlos! Und sogar „gesetzlich“ erlaubt.
Im Buch
Deuteronomium 23, 16 heißt es nämlich:
„Wenn
du durch das Kornfeld eines anderen kommst, darfst du mit der Hand Ähren
abreisen, aber die Sichel darfst du auf dem Kornfeld eines anderen nicht
schwingen.“
Also gar
nicht so schlimm, was die Jünger Jesu da machen.
Doch
prompt melden sich die Gesetzeshüter. Das Ährenrupfen geschieht am
Sabbat. Ährenrupfen gilt als Arbeit. Und damit ist es am Sabbat
verboten.
Nun
könnte man über die Pharisäer spotten und sagen: Die ticken doch nicht
richtig. Wegen ein paar Ähren am Sabbat so ein Theater zu machen und
Streit anzufangen!
Wie
reagiert Jesus auf die Vorwürfe der Pharisäer?
Er bleibt
sachlich und führt David als Beispiel an. Als Beispiel dafür, dass
jemand unter Umständen etwas Verbotenes tun kann, ohne sich schuldig zu
machen. – Not kennt kein Gebot. Und keine Regel ohne Ausnahmen.
Ganz
entscheidend ist, was Jesus dann sagt: „Der Sabbat ist für den
Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat.“
Liebe
Schwestern und Brüder!
Unser
Leben und unser Miteinander braucht Regeln und Ordnungen. Das fängt im
Straßenverkehr an und hört bei EU-Verordnungen auf. – Aber sie dürfen
nicht ausufern, sie dürfen nicht verabsolutiert und zum Selbstzweck
werden.
Jesus
wendet sich heute im Evangelium – wie auch an anderen Stellen – gegen
eine zu penible und kleinliche Auslegung des Sabbatgebotes.
„Der
Sabbat ist für den Menschen da.“
Nicht
Gott braucht diesen Tag, sondern der Mensch.
Der
Sabbat – wie auch unser Sonntag – soll dem Menschen zum Heil gereichen
und ihm zum Segen werden. Er soll ihn befreien und nicht wieder
unterdrücken und knechten.
Gott will
nicht, dass wir total in Beruf und Arbeit aufgehen und schließlich darin
untergehen. Er will die heilsame Unterbrechung von alltäglicher Routine
und Betriebsamkeit. Er will die Befreiung von ständiger Unrast,
pausenlosem Aktivismus und permanentem Gefordert- Eingespannt- und in
Anspruch-genommen-Sein.
Der
Mensch soll einmal abschalten können von den Sorgen des Alltags und den
Zwängen der Arbeit. Er soll einmal herauskommen aus der Tretmühle der
täglichen Pflichten und Aufgaben, aussteigen aus dem Hamsterrad,
ausspannen, aufatmen. Der Sabbat will ein Atemholen der Seele
ermöglichen.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Es geht
Jesus nicht darum, den Sabbat abzuschaffen. Jesus hat den Sabbat
grundsätzlich anerkannt. Es ist gut, dass es ihn gibt.
C. G.
Jung hat einmal gesagt: „Der Sabbat ist das größte Geschenk des
Judentums an die Menschheit“ Und er hat recht.
Das
Sabbatgebot schützt den Menschen vor Ausbeutung und Versklavung. – Aber
schlimm ist es, wenn er durch Legalismus und Formalismus wiederum in
eine neue Form der Unterdrückung und Versklavung führt.
Im Laufe
der Zeit kamen zum Sabbatgebot viele Vorschriften und Bestimmungen dazu,
immer neue Präzisierungen und Festlegungen. Ein ausgefeiltes Regelwerk
von Menschen erdacht und gemacht.
Jesus
geht es darum, den Sabbat auf seinen ursprünglichen Sinn zurückzuführen
und ihm die Bedeutung zu geben, die Gott gewollt hat.
Der
zentrale Satz lautet: „Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der
Mensch für den Sabbat.“ Und Jesus fügt hinzu: „Denn der
Menschensohn ist Herr auch über den Sabbat.“
Sehen
Sie: Wenn Jesus das sagt, wenn er sich als Menschensohn bezeichnet und
wenn er behauptet, Herr auch über den Sabbat zu sein, dann tritt er mit
einem ungeheuren Anspruch auf. Er reklamiert für sich eine Vollmacht
sonders gleichen. Er nimmt für sich etwas heraus, was nur Gott zusteht.
Er stellt
sich damit auf eine Ebene mit Gott, der den Sabbat eingesetzt hat, als
er am 7. Tag der Schöpfung ausruhte von seinen Werken.
Vor dem
Ährenrupfen im heutigen Evangelium hat Jesus im Zusammenhang mit der
Heilung eines Gelähmten Sünden vergeben, was letztlich allein Gott kann.
Das hat die Führer der Juden bereits gehörig gegen ihn aufgebracht.
Anschließend an die Episode des Ährenrupfens heilt Jesus am Sabbat in
der Synagoge einen Mann mit einer verdorrten Hand.
Da platzt
den Gesetzeshütern vollends der Kragen. Und sie sinnen darauf, Jesus,
diesen Unruhestifter und Gotteslästerer, nicht mehr nur verbal mundtot
zu machen, sondern ihn vollends fertig zu machen. Sie streben seine
Hinrichtung an.
Fällt
ihnen etwas auf, liebe Mitchristen?
Vordergründig geht es im heutigen Evangeliumsabschnitt um den Sabbat. In
Wirklichkeit geht aber darum, wer Jesus ist. Es geht um den Anspruch
Jesu, den Willen Gottes endgültig und mit göttlicher Vollmacht zu
verkünden und auszulegen.
„Der
Sabbat ist für den Menschen da.“
Wie
können wir das heute umsetzen im Blick auf den Sonntag, der für uns
Christen der erste Tag der Woche ist, der Tag der Auferstehung und immer
auch ein kleines Osterfest?
Gott hat
Interesse am Heil des Menschen. Das Heil des Menschen besteht nicht in
Gewinn- und Profitmaximierung, auch nicht in Produktionssteigerung oder
in noch mehr Konsum.
Wie oft
setzt sich der „Stress der Woche“ am Sonntag fort?
Auch ein
Zuviel an Terminen und Aktivitäten in der Freizeit kann die sonntägliche
Ruhe rauben und auf Dauer dem Heil des Menschen mehr schaden als nützen.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Finden
wir am Sonntag zu uns selbst! Und finden wir zu dem, der unser Ursprung
ist und unser Ziel! Nehmen wir uns auch Zeit für die Begegnung mit ihm,
unseren Herrn und Erlöser, dem wir so viel zu verdanken haben!
Liebe
Mitchristen!
Was in
der Diskussion um den Sonntag auch heute heilsam und notwendig wäre, das
hat meines Erachtens der Münchner Kardinal Faulhaber einmal kurz und
bündig so auf den Punkt gebracht: „Gib der Seele ihren Sonntag und
gib dem Sonntag seine Seele.“
Das
wär’s, auch heute noch, beides: Der Seele ihren Sonntag geben und dem
Sonntag seine Seele.
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