33Aber man sah sie abfahren und viele erfuhren davon; sie liefen zu
Fuß aus allen Städten dorth
in
und kamen
noch vor ihnen an.
34
Als
er ausstieg, sah er die vielen Menschen und hatte Mitleid mit ihnen;
denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und
er lehrte sie lange.
„Stress“:
das Wort kennt heute jeder. Es ist in aller Munde. „Stress hoch drei“
oder „mach dir keinen Stress“! Aber nicht nur das Wort, auch die
Sache selbst kennen heutzutage viele Menschen und erleben die
Auswirkungen am eigenen Leib. Vielerlei Stresssituationen zu Hause, in
der Schule, bei der Arbeit, im Betrieb. Oft macht man sich auch selbst
Stress, macht sich ab oder steigert sich in etwas hinein.
Ob die Apostel auch Stress kannten?
Sie erinnern sich, liebe Schwestern und Brüder, an das Evangelium vom
letzten Sonntag: Jesus hatte die Apostel ausgesandt. Sie sollten in den
Städten und Dörfern predigen, die Menschen zur Umkehr aufrufen, die Nähe
des Reiches Gottes ansagen. Sie hatten von Jesus die Vollmacht, Menschen
zu heilen und Dämonen auszutreiben. Sie haben Aufnahme, aber auch
Ablehnung erfahren.
Nun kehren sie wieder zu Jesus zurück voll mit Eindrücken und
Erlebnissen. Und – so heißt es im Evangelium – sie berichteten ihm
(Jesus) alles, „was sie getan und gelehrt hatten“.
Und Jesus?
Er hat ein Ohr für die Seinen. Er versucht ganz für sie dazu sein. Er
sieht auch, dass sie müde sind und erschöpft. Die Missionsreisen waren
anstrengend.
Doch die Situation, in der sich Jesus und die Apostel vorfinden, ist wie
bei uns auch oft: Rundherum Lärm und Trubel. Ein Kommen und Gehen. Jesus
und die Seinen werden regelrecht belagert. Es heißt sogar, dass sie
nicht einmal Zeit zum Essen fanden. „Stress hoch drei“.
In diese Situation hinein sagt Jesus zu den Seinen: „Kommt mit an
einen einsamen Ort… und ruht ein wenig aus.“
Bemerkenswert
finde ich, dass Jesus, die Seinen nicht gleich zu neuer Arbeit antreibt.
Er macht keine neuen Zielvorgaben. Er fordert keine Leistungssteigerung.
Stattdessen: „Ruht ein wenig aus!“
Jesus spürt, was die Seinen brauchen. Er gönnt ihnen eine Zeit der
Entspannung, eine Rast, eine Art „stressfreie Zone“.
Jesus reagiert ganz einfühlsam und ganz menschlich.
Das zeigt: Jesus hat kein Gefallen am pausenlosen Betrieb. Er weiß, dass
man einen Bogen nicht überspannen darf.
„Kommt und ruht ein wenig aus!“
Welche Erlösung liegt in diesen Worten! Welche Erlösung ist diese
Einladung für den, der eingespannt ist in die Tretmühle der täglichen
Aufgaben und Sorgen und Pflichten.
Immer mehr
Menschen kommen sich ja vor wie in einem Hamsterrad. Sie fühlen sich
fremdbestimmt, von außen gesteuert. Hektik und Eile machen sich breit.
Sie haben den Eindruck, nur noch zu rotieren und zu funktionieren, mehr
gelebt zu werden als zu leben.
Wie wohltuend
klingen da die Worte aus dem Mund Jesu: „Kommt und ruht ein
wenig aus!“
„Ausruhen beim Herrn!“
Mir kommt da das Bild der Johannesminne in den Sinn. Es zeigt wie
Johannes beim letzten Abendmahl an der Brust Jesu ruht. Einfach sein
dürfen, da sein, bei IHM sein. Nichts machen müssen, nichts leisten.
Ausruhen am Herzen Jesu. Seine Nähe spüren, verkosten.
„Ausruhen beim Herrn!“
– Verweilen in seiner Gegenwart.
Aus solcher Nähe und Verbundenheit kann Gelassenheit wachsen und
barmherziger Umgang mit sich selbst und mit anderen.
„Ausruhen beim Herrn“
darf allerdings keine Ausrede sein für mangelndes Engagement.
„Ausruhen beim Herrn“ ist kein Selbstzweck. Es will stärken, es will
Kraft geben, die anstehenden Aufgaben anzugehen und zu bewältigen.
Doch
die Aktion braucht die Meditation. Sendung braucht Sammlung. Das Wort
braucht das Schweigen. Sonst bekommt unser Leben Schlagseite. Wir
verlieren das Gleichgewicht.
Steter Lärm
und dauernde Unrast machen den Menschen krank. Ohne Sammlung gleichen
wir einem leeren Krug oder einem wasserlosen Brunnen.
Wenn wir nicht völlig ausgelaugt werden wollen, dann brauchen wir immer
wieder die Unterbrechung, das Innehalten, die Atempause, dann müssen wir
uns immer wieder jenen Freiraum schaffen, wo wir zur Ruhe kommen, Stille
finden und neue Kraft schöpfen können.
Die Urlaubszeit,
der Feierabend, aber auch der Sonntag und der Gottesdienst jetzt in
diese Stunde wollen und können ein Innehalten sein, ein Herunterkommen,
eine Verschnaufpause, ein Ausruhen beim Herrn, ein wieder auftanken und
neue Kraft schöpfen für einen nicht immer leichten, oft mühevollen,
anstrengenden, manchmal auch turbulenten und stressigen Alltag. „O
Stress lass nach!“ Amen