geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Ein hörendes Herz

zur 1. Lesung am 17. Sonntag im Lesejahr A; 1Kön 3,5.7 - 12

 

Erste Lesung

Du hast um Weisheit gebeten

Lesung

aus dem ersten Buch der Könige

In jenen Tagen

5erschien der Herr dem Sálomo nachts im Traum und forderte ihn auf: Sprich eine Bitte aus, die ich dir gewähren soll!

7Und Sálomo sprach: Herr, mein Gott, du hast deinen Knecht anstelle meines Vaters David zum König gemacht. Doch ich bin noch sehr jung und weiß nicht aus noch ein.

8Dein Knecht steht aber mitten in deinem Volk, das du erwählt hast: einem großen Volk, das man wegen seiner Menge nicht zählen und nicht schätzen kann.

9Verleih daher deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht! Wer könnte sonst dieses mächtige Volk regieren?

10Es gefiel dem Herrn, dass Sálomo diese Bitte aussprach.

11Daher antwortete ihm Gott: Weil du gerade diese Bitte ausgesprochen hast und nicht um langes Leben, Reichtum oder um den Tod deiner Feinde, sondern um Einsicht gebeten hast, um auf das Recht zu hören,

12werde ich deine Bitte erfüllen. Sieh, ich gebe dir ein so weises und verständiges Herz, dass keiner vor dir war und keiner nach dir kommen wird, der dir gleicht.

 

 

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, und sie wüssten, dass er ganz sicher in Erfüllung geht, was würden Sie sich wünschen?

 

Vielleicht fällt Ihnen auf die Schnelle gar nichts ein. Was gäbe es nicht alles zu erbitten. Was wäre nicht alles wünschenswert?

Vielleicht ist es Frieden in der Welt oder in den eigenen vier Wänden?

Vielleicht ein Ende von Armut und Hunger, Terror und Gewalt?

Vielleicht Erfolg im Beruf oder ein gutes, sorgenfreies Auskommen?

Vielleicht ein langes Leben, noch viele oder wenigstens einige Jahre?

Vielleicht dass sich die Kinder oder Enkelkinder gut entwickeln und etwas Rechtes aus ihnen wird?

 

Vielleicht ist es Gesundheit für einen selbst oder einen Menschen, der einem nahe steht und um den man sich sorgt? „Alle Wünsche werden (ja bekanntlich) klein, vor dem Wunsch gesund zu sein.“

Was nützt mir ein dickes Bankkonto, ein tolles Auto, die schicke Villa mit allem Drum und Dran, wenn die Gesundheit fehlt, wenn ich nicht mehr hören, sehen, laufen kann, vielleicht an den Rollstuhl oder ans Bett gefesselt bin und immer und überall auf Hilfe angewiesen?

 

In der ersten Lesung aus dem Alten Testament ist es König Salomo, der von Gott das im wahrsten Sinne des Wortes traumhafte Angebot bekommt, einen Wunsch zu äußern. – Salomo ist gerade König geworden. Er ist noch jung und unerfahren. Und ist doch schon in Amt und Würden. Aber die Aufgabe steht wie ein Berg vor ihm. Er fühlt sich ihr fast nicht gewachsen. Es ist eine ganz große, ja gewaltige Herausforderung, König zu sein und das Volk zu regieren.

 

Und was wünscht sich Salomo? „Ein hörendes Herz!“

Er erbittet sich die Fähigkeit, das Gute vom Bösen unterscheiden zu können. Er erbittet sich die Weisheit, die richtigen Entscheidungen zu treffen und das Richtige zu tun zum Wohl seines Landes und zum Wohl der ihm anvertrauten Menschen.

 

„Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz!“

Liebe Schwestern und Brüder, das war ein Wunsch, der Gott imponiert hat. Und Gott gewährt ihm, worum er ihn bittet.

Warum? Gott bringt es selbst ins Wort: Weil er nicht um ein langes Leben oder eine lange Regentschaft gebeten hat, nicht um Reichtum und Ehre, nicht um den Gehorsam seiner Untertanen oder den Sieg über seine Feinde, sondern um ein hörendes Herz.

 

Ein hörendes Herz, was ist das? Ein Herz, das Ohren hat?

Gemeint ist ein weises und verständiges Herz. Gemeint ist Offenheit und Sensibilität für die jeweilige Situation. Gemeint ist die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden. Gemeint ist Achtsamkeit, Spürsinn und Fühligkeit, um das Gute und Rechte zu tun.

Ein hörendes Herz haben, das heißt auch auf Gott hören, auf sein Wort und seine Weisungen, seinen Willen er-horchen und dann auch tun. Hören – horchen – gehorchen ist der Dreischritt.

 

Maria ist ein gutes Beispiel dafür. Sie hat das Wort Gottes gläubig gehört, sie hat es in ihrem Herzen bewegt und sie hat es befolgt.

„Selig, die das Wort Gottes hören und es befolgen“, sagt Jesus bei verschiedenen Gelegenheiten. Das Wort Gottes hören und tun, darauf kommt es an.

Bei der Hochzeit zu Kana sagt Maria zu den Dienern: „Was er euch sagt, das tut!“ – Bevor sie aber tun können, was Jesus ihnen sagt, müssen sie hören, was er sagt. Das Hören hat also Priorität. Es ist ganz wichtig. Es kommt, zumindest in der Reihenfolge, vor dem Tun.

 

„Sie haben Ohren und hören nicht“, ruft Jesus öfters aus.

Oder auch: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“

Es darf dann allerdings auch nicht beim Hören bleiben. Zum Hören muss das Tun hinzukommen. Das Hören soll Konsequenzen haben. Es soll im Tun wirksam werden.

 

Von Roger Schutz, dem früheren Prior von Taize, stammt das berühmte und viel zitierte Wort: „Lebe das, was du vom Evangelium begriffen hast! Und sei es auch noch so wenig.“

Aber das leb, das mach konkret, das versuch umzusetzen und hinein zu buchstabieren in deinen Alltag.

 

Liebe Mitchristen, was sollen wir uns wünschen für unser Leben in dieser Welt? Was wäre wichtig - vor allem anderen? Was sollte an erster Stelle stehen, ganz vorne rangieren? Erfolg, Karriere, Reichtum, Ansehen, ein langes Leben, Gesundheit, gute Freunde?

 

Salomo hat m. E. goldrichtig geantwortet: Ein hörendes Herz! – Das aber ist nicht nur für einen König und Herrscher wichtig und notwendig, nicht nur für Mächtige und Einflussreiche, sondern für uns alle.

 

Darum sollten wir bitten: „Gott gebe uns ein hörendes Herz!“

In Abwandlung eines Wortes von Antoine de Saint-Exupéry könnte man auch sagen: „Man hört und sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist den leiblichen Augen und Ohren nicht vernehmbar.“ Da helfen auch keine Brille und kein Hörgerät.

 

Ein hörendes Herz ist ein weises und verständiges Herz. Es ist ein Herz, das Jesus in der Bergpredigt seligpreist, ein Herz das rein ist und lauter, ein Herz, das barmherzig ist, einfühlend, mitfühlend, hilfsbereit.

Gott gebe uns ein hörendes Herz! Ein Herz, das seinen Willen erkennt und annimmt, ein Herz, bereit, seinen Weisungen zu folgen und das Richtige und Gute zu tun. Dazu braucht es den Geist der Unterscheidung.

 

Ein Gebet bringt es, meine ich noch einmal auf den Punkt und fasst alles gut zusammen:

„Gott gebe mir die Gelassenheit, hinzunehmen, was ich nicht ändern kann; Mut, zu ändern, was ich ändern kann; und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“