geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Maria von Magdala, "Apostolin der Apostel"

(Ostersonntag im Lesejahr A; Joh 20; 1, 10 - 18)

 

EVANGELIUM                                                                                                  

Er sah und glaubte. - Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater

 

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes

1Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war.

10Dann kehrten die Jünger wieder nach Hause zurück.

11Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Während sie weinte, beugte sie sich in die Grabkammer hinein.

12Da sah sie zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, den einen dort, wo der Kopf, den anderen dort, wo die Füße des Leichnams Jesu gelegen hatten.

13Die Engel sagten zu ihr: Frau, warum weinst du? Sie antwortete ihnen: Man hat meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wohin man ihn gelegt hat.

14Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war.

15Jesus sagte zu ihr: Frau, warum weinst du? Wen suchst du? Sie meinte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir, wohin du ihn gelegt hast. Dann will ich ihn holen.

16Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich ihm zu und sagte auf hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: Meister.

17Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen. Geh aber zu meinen Brüdern, und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.

18Maria von Magdala ging zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie richtete aus, was er ihr gesagt hatte.

 

Maria Magdalena ist eine meiner Lieblingsheiligen.

Wer war diese Frau? – Sie stammte aus Magdala, einer Stadt am See Genesareth. Darum nennt sie das Neue Testament „Maria von Magdala“, auch um sie von anderen Marien zu unterscheiden, denn „Maria“ war zur Zeit Jesu in Galiläa ein sehr beliebter Name.

 

Oft ist sie gleichgesetzt worden mit Maria von Betanien, der Schwester der Marta und des Lazarus, oder auch mit der Sünderin, die im Haus des Pharisäers Jesus die Füße salbt, sich darüber ausweint und sie mit ihren Haaren trocknet. Sogar mit der Ehebrecherin, die man vor Jesus hinschleppte, wurde sie identifiziert. – Später hat man in ihr die große Büßerin gesehen.

Als solche wurde sie oft in der Kunst dargestellt.

 

Die Hl. Schrift berichtet von ihr, dass Jesus sie von 7 Dämonen befreit hat, bösen Geister (Lk 8, 2; Mk 16, 9). Wir können auch sagen Zwänge, Ängste, vielleicht auch Süchte, verkehrten Leidenschaften und falschen Abhängigkeiten, die sie besetzt und gefangen hielten.

Jedenfalls war diese Frau psychisch schwer krank. Ihr Leben lag danieder. Jesus hat sie geheilt, aus Verstrickungen und Verkettungen befreit. Er hat ihr ihre Würde wiedergegeben und ihr Leben zum Guten gewendet.

Dann hat sich Maria von Magdala Jesus angeschlossen und ist zusammen mit anderen Frauen ihm gefolgt von Galiläa hinauf nach Jerusalem (Lk 8, 3).

 

Maria von Magdala war eine der treuesten Anhängerinnen Jesu.

Während die Jünger allesamt flohen, finden wir Maria bei Jesus unter dem Kreuz und bei seiner Grablegung.

Auf vielen Kreuzbildern ist sie dargestellt. Gewöhnlich kniet sie weinend am Fuß des Kreuzes und umfasst den Stamm und die Füße Jesu mit ihren Händen. Ihr Schmerz war riesig und ihre Trauer groß. Für sie ist eine Welt zusammengebrochen. Sie hatte den verloren, dem sie so viel zu verdanken hatte und den sie über alles liebte.

 

Interessant ist auch, dass Maria von Magdala, wenn im Neuen Testament von den Frauen in der Nachfolge Christi die Rede ist, immer als erste genannt wird, was darauf hinweist, dass sie in der frühen Kirche eine ähnliche Stellung gehabt haben muss wie Petrus, der bei den Apostelaufzählungen immer an erster Stelle steht.

 

Für mich ist Maria von Magdala vor allem die erste Osterzeugin, die Kronzeugin der Auferstehung – und erste Osterbotin.

Sie ist es, die den verzagten Aposteln im Auftrag Jesu die Frohe Botschaft bringt, dass Jesus lebt.

 

Im letzten Sommer habe ich mich sehr gefreut.

Da hat nämlich Papst Franziskus Maria von Magdala offiziell zur „Apostolin“ erhoben. Er hat sie damit den Aposteln gleichgestellt. Und aus ihrem Gedenktag am 22. Juli hat er ein Fest gemacht.

Das ist auch ein großer Schritt für die Anerkennung und Wertschätzung der Frauen in der Kirche.

„Apostolin der Apostel“ nennt die neue Festtagspräfation die erste Verkünderin der Osterbotschaft.

Als „Apostolin der Apostel“ haben bereits die Kirchenväter Hieronymus und Augustinus, später auch der große Theologe Thomas von Aquin die Frau aus Magdala bezeichnet.

 

Ich mag Maria von Magdala nicht nur weil sie die erste Auferstehungszeugin ist, sondern wegen ihres Lebensschicksals, wegen ihrer leidvollen Lebensgeschichte und vor allem wegen ihrer großen Liebe zu Jesus.

 

Mir scheint, dass sie von Anfang an Jesus und seine Sendung, mehr und besser verstanden hat als die Jünger und Apostel.

 

Diese streiten, wer von ihnen der Größte ist. Sie fordern im Reich Gottes für sich die ersten Plätze. Sie geloben hochheilig Treue. Und wenn es darauf ankommt, kriegen sie kalte Füße, distanzieren sich von Jesus, fliehen oder verleugnen ihn sogar.

 

Maria von Magdala bleibt, sie steht zu Jesu. Am Ostermorgen ist sie die erste am Grab. Und sie begegnet Jesus als erste nach seiner Auferstehung.

Es ist für mich eine der schönsten und dichtesten Erzählungen im Neuen Testament, die Begegnung der Maria Magdalena mit Jesus.

 

Zunächst erlebt sie Überraschendes. Der Stein ist weggewälzt. Das Grab ist leer. Zwei Engel sprechen sie an. Dann fragt sie den vermeintlichen Gärtner nach dem Leichnam Jesu.

Da berührt sie eine Stimme und ruft ihren Namen, liebevoll-zärtlich: „Maria“ – Keine Belehrung, keine Ermahnung, nur „Maria“, das ist alles. Das kommt von Herzen und das geht zu Herzen. – „Rabbuni“ antwortet sie voll Ehrfurcht und Verehrung: „Mein lieber Meister!“ – Antwort der Liebe!

Unsagbare Freude erfüllt sie, Glück und Seligkeit! Es wird wieder hell in ihrem Herzen. Todesleid wandelt sich in Osterfreude.

 

Am Schluss der Begegnung steht Sendung.

„Geh, sag meinen Brüdern…!“ Maria verkündet den Jüngern die österliche Botschaft, dass der Herr lebt und sich ihr gezeigt hat.

So wird Maria Botin des neuen Lebens, erste Osterzeugin, Verkünderin der Osterfreude, Evangelistin und Apostolin der Apostel. „Ich habe den Herrn gesehen“, bekennt sie und richtet ihnen aus, was er ihr gesagt hat: „Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott.“

 

Liebe Schwestern und Brüder!

  • Jesus ruft auch uns mit Namen. Er kennt uns. Er weiß um uns. Er liebt uns und nimmt uns an.

  • Jesus begegnet auch uns in seinem Wort und Sakrament. Er schenkt uns seine Gnade, sein Heil und seinen Segen.

  • Jesus hat auch einen Auftrag und eine Sendung für uns.

Er will dass wir Werkzeuge seines Friedens sind, Zeugen des Glaubens und Boten und Botinnen seiner Liebe.

 

Liebe Mitchristen!

Wenn nicht das Dunkel siegt, sondern das Licht, wenn nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern das Leben, wenn nicht die Ungerechtigkeit und Brutalität des Karfreitags triumphiert, sondern die Klarheit und das Heil der Auferstehung, dann ist das für uns alle Grund genug, Zeugnis zu geben von unserem Glauben und Rechenschaft von unserer Hoffnung, dann ist das Grund genug, von Herzen dankbar und froh Ostern zu feiern, das Fest der Auferstehung. „Christus lebt, mit ihm auch ich!“

Ostern will uns ermutigen als österliche Menschen zu leben und aus dem Licht des Osterglaubens unser Leben zu wagen.

 

Maria von Magdala, Apostolin der Apostel

O hätten wir doch ihren Glauben! O hätten wir doch ihre Tränen!

O hätten wir doch ihre Glut und ihren Mut – und vor allem ihre große Liebe zu Jesus!