Wir wünschen heute einander „frohe
Ostern“. Und wir tun recht daran. Denn das Ereignis des Ostermorgens ist
der Grund, weshalb die christliche Botschaft „Evangelium“ ist, „frohe
Botschaft“.
Frohe Botschaft hinein in die tiefe existentielle Not des Menschen, in
sein Leiden, in sein Sterben.
„Aber, Herr Pater“, denken jetzt vielleicht manche, „am Osterfest von
Leiden und Sterben reden. Das ist doch wohl die falsche Predigt. Karfreitag war
doch vorgestern!“
Und doch: Karfreitag und Ostern
gehören zusammen.
Der auferstandene Herr ist der zuvor für uns Gekreuzigte.
Der auferstandene Herr ist der, der zuvor alle Not durchlitten hat, alle
Angst, alle Schmerzen bis zur Gottverlassenheit.
Der Auferstandene trägt die Wundmale. Es gibt Ostern nicht ohne
Karfreitag. Aber durch sein Leiden hat er unsere Schuld getilgt.
Und vor allem: durch seinen Tod hat er den Tod vernichtet.
Deshalb haben wir schon in der Karfreitagsliturgie gebetet: „Dein
Kreuz, o Herr, verehren wir und deine Auferstehung rühmen und preisen wir, denn
durch das Holz des Kreuzes ist Freude gek. in alle Welt.“
Selbst die Osterbotschaft der Engel
am leeren Grab kann das Kreuz nicht verschweigen:
„Ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten? Er ist nicht hier. Er ist auferstanden!“
Der Karfreitag hat keinen Sinn ohne Ostern. Und Ostern ist nicht denkbar
ohne den Karfreitag.
Und nur auf diesem Hintergrund des am Endeseins, des Ausgelöschtseins,
des bitteren, schmählichen Kreuzestodes leuchtet die Osterbotschaft um so
strahlender auf: Der Herr ist in die dunkle Tiefe des Todes
hinabgestiegen. Aber in dieser Tiefe ist der lebendige Gott bei ihm
geblieben. Im Sterben auf Golgotha wandelt sich der Tod zum Leben.
Liebe Schwestern und Brüder!
Seitdem können wir in
keinen Abgrund mehr fallen, in dessen Tiefe nicht der lebendige Gott uns
auffängt. Seitdem ist der Tod nicht mehr das Ende, sondern Wende.
Der Tod
ist nicht Schlusspunkt, sondern alles verheißender Doppelpunkt. Der Tod
ist nicht die Mauer am Ende einer Sackgasse, sondern er ist Durchgang zu neuem,
endgültigem Leben. Er ist Tor zur ewigen Freude und Herrlichkeit.
Es gibt Ostern nicht ohne Karfreitag!
Aber ohne das Osterereignis wäre unser Leben nichtig, nichtig unser
Lieben, nichtig und sinnlos unser Leiden.
Ohne das Osterereignis wäre unser ganzes christliches Streben und Leben
nutzlos, absoluter Schwachsinn.
Die Modephilosophen des Nihilismus hätten recht, die da meinen, unser
Leben sei ohne Sinn und ohne Hoffnung.
Alle hätten recht, die das Leben zwischen Geburt und Tod in vollen Zügen
genießen, koste es, was es wolle, die keine Rücksicht, sondern nur sich selbst
kennen.
Sie hätten recht, wenn, ja wenn es Gott nicht gäbe, der allmächtig ist,
der Herr ist über Leben und Tod, Gott, der uns erschaffen hat, der uns ruft mit
Namen sogar, der will, dass wir leben für immer.
Sie hätten recht, wenn es Gott nicht gäbe, den großen Liebenden, der
Christus nicht im Grab ließ, sondern ihn auferweckte zum Leben.
Seitdem dies geschehen
ist, seit dem Ostermorgen, liebe Schwestern und Brüder, seit dieser
Großtat Gottes gilt das Lied des Völkerapostels Paulus: „Tod, wo ist dein
Stachel? Tod, wo ist dein Sieg?“ Verschlungen ist der Tod im Sieg, im
Ostersieg Jesu Christi. Der Tod ist entmachtet. Er hat nicht das letzte
Wort. Der Herr besiegte Grab und Tod.
Seitdem gilt für alle, die Christus folgen, das Wort aus der
geheimen Offenbarung: „Gott wird jede Träne abwischen von ihren Augen. Es
wird keine Trauer, keine Klage, keinen Schmerz mehr geben. Der Tod wird nicht
mehr sein. Siehe, ich mache alles neu.“
Seitdem gilt das Wort aus dem Sonnengesang des Franz v. A.: „Selig,
die verzeihen um der Liebe Gottes willen, die Krankheit ertragen und Drangsal,
selig, die Liebe üben und den Frieden leben. Der Tod tut ihnen kein Übel an. Von
dir, Höchster, werden sie gekrönt.“
Seitdem gilt das Lied der Christenheit wider den Tod: „Christus
lebt und auch wir werden leben.“
Liebe Schwestern und Brüder!
Wer über Ostern den Karfreitag
vergisst, begreift nicht, dass Tod und Auferstehung zusammengehören wie
Aussaat und Ernte, wie Samenkorn und Frucht. - Gott hat in der
Auferstehung des Herrn die Macht des Todes gebrochen. Sein Sieg über den
Tod ist die Mitte und die Kraft unseres Glaubens.
Über die Kraft des
Osterglaubens und den Mut, der daraus erwachsen kann, berichtet eine kleine
Erzählung aus der Zeit des kommunistischen Russland, als die Christenverfolgung
auf Hochtouren lief: Am Ostersonntag mussten sich die Bauern
eines Dorfes den Vortrag eines Funktionärs anhören, der ihnen lang und breit den
Unsinn ihres christlichen Glaubens darlegen wollte. Am Ende der Rede forderte er
zur Diskussion auf. - Ein alter Bauer trat vor und rief in die
Versammlung den alten russischen Ostergruß: „Christus ist auferstanden!“ Und
alle antworteten: „Er ist wahrhaft auferstanden!“
Ein mutiges Zeugnis, ein großartiges Bekenntnis des Glaubens, abgelegt
unter Einsatz des Lebens.
„Christus resurexit, alleluja! – Surexit dominus vere, alleluja!“
„Christus ist auferstanden – wahrhaft auferstanden ist der Herr!“
Das glauben, singen, beten
und feiern wir an Ostern. „Diesen Osterglauben kann uns niemand rauben.“
Bekennen wir uns auch im Leben dazu! Und geben wir freimütig und
unerschrocken Zeugnis davon.