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Jesus, der Eckstein – Wir, sein auserwähltes Volk 5. Sonntag in der Osterzeit, Lesejahr A; 1 Petr. 2, 4 - 9
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Zweite Lesung Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Petrus Schwestern und Brüder! 4Kommt zum Herrn, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist! 5Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen! 6Denn es heißt in der Schrift: Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten Stein, einen Eckstein, den ich in Ehren halte; wer an ihn glaubt, der geht nicht zugrunde. 7Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre. Für jene aber, die nicht glauben, ist dieser Stein, den die Bauleute verworfen haben, zum Eckstein geworden, 8zum Stein, an den man anstößt, und zum Felsen, an dem man zu Fall kommt. Sie stoßen sich an ihm, weil sie dem Wort nicht gehorchen; doch dazu sind sie bestimmt. 9Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.
Steinhart, steinreich, steinalt. Ein steiniger Weg. Stein, der mir vom Herzen fällt. Stein des Anstoßes. Ein Stein im Brett. Das steinerne Herz … Unsere Sprache kennt viele Redensarten, die mit Steinen zu tun haben.
Auch in der Bibel spielen Steine eine Rolle. Im Buch Genesis träumt Jakob den Traum von der Himmelsleiter, nachdem er sich einen auffälligen Stein unter den Kopf gelegt hat. So wird der Grundstein zu dem berühmten Heiligtum Bet-El gelegt (Gen 28, 19). Beim Propheten Ezechiel hören wir Gottes Verheißung, dass er den Menschen das steinerne Herz aus ihrem Leib nehmen und ihnen ein Herz aus Fleisch geben will (11, 19). Der Psalm 118 weiß, dass der Stein, den die Bauleute als ungeeignet verworfen haben, zum tragenden, stützenden, verbindenden Eckstein wurde. Mit diesem Stein ist Israel gemeint. Israel sieht sich von seinen übermächtigen Nachbarvölkern als unbedeutend und wertlos verachtet, von Gott aber auserwählt und zum Grundstein für den Bau gemacht, der sein Plan mit der Welt und den Völkern ist.
Der 1. Petrusbrief greift dieses Bild auf und wendet es auf Christus an. Christus ist „der lebendige Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist“ (Vers 4). Er, Christus wurde zwar von den Menschen verachtet und zum Tod verurteilt – für Gott aber ist er der tragende Pfeiler seines Heilsplans, er ist für ihn „auserlesen und kostbar“.
In der Apostelgeschichte (4, 11) wird von Petrus ebenfalls der Psalm 118 zitiert. Bei einem Verhör sagt er den Führern des Volkes und Ältesten ganz deutlich und sehr direkt auf den Kopf zu: „Er (Jesus) ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen, der aber zum Eckstein geworden ist.“
Liebe Schwestern und Brüder! Der erste Petrusbrief wird recht spät datiert. Vermutlich wurde er gegen Ende des 1. Jahrhunderts nach Christus geschrieben. Empfänger waren die kleinen Diasporagemeinden in Kleinasien. Der Brief will den Christen in der Zeit beginnender Verfolgung Mut machen, Mut, ihr Leben ganz und einzig auf Christus zu bauen.
Sehr schön und sehr berührend finde ich Vers 9, der letzte Vers des heutigen Lesungsabschnittes: „Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.“
Eine Aufzählung von Ehrentiteln, die im Alten (Ersten) Testament für Israel verwendet werden, die der Verfasser des 1. Petrusbriefes aber auf die Christen und die christlichen Gemeinden anwendet. Sie sind das neue, das auserwählte Gottesvolk – nicht mehr durch Abstammung, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, der von den Menschen zwar verworfen, aber von Gott zum Eckstein erwählt wurde.
„Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde …“ Was für eine wunderbare und ganz großartige Zusage! Nicht: „Seid es!“ Nicht: „Ihr müsst!“ Nicht: „Reißt euch zusammen und bemüht euch!“ – Kein Zwang, kein Leistungsdruck! Sondern: „Ihr seid!“ – Was zugesagt wird, was die an Christus Glaubenden zutiefst sind, was ihre Identität ausmacht, das ist ihnen gegeben, nicht aufgegeben! Es ist Geschenk und Gnade, nicht Aufgabe und Leistung!
„Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde …“
Liebe Schwestern und Brüder! Das müssen wir uns nicht erkaufen und nicht erarbeiten. Das brauchen wir uns nicht mühsam erwerben, sondern das dürfen wir uns ganz einfach zusagen und schenken lassen. Das Einzige, was wir vielleicht „müssen“, das ist, dass wir das auch annehmen, es uns – im wahrsten Sinne des Wortes – gefallen lassen und diese so wohltuende Botschaft verinnerlichen. Und dass wir dann auch versuchen, das zu leben, es so zu leben, dass man uns das an-merkt und an-sieht. Um dann durch die Art und Weise wie wir leben und miteinander umgehen, „die großen Taten dessen zu verkünden, der uns aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.“
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