geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Fastenpredigt

(Gedanken zur "Fastenzeit")

 

Der Ausdruck „Fastenzeit“ ist ungenau und missverständlich.

Die Kirche spricht von „österlicher Bußzeit“.

 

„Österlich“: Das Ziel der „heiligen vierzig Tage“ ist Ostern, das „Fest aller Feste“. Die Absicht der Zeit ab Aschermittwoch ist: sich (in einem zielbewussten Leben) auf Ostern vorzubereiten.

Die Mittel dazu sind:

1. Besinnung und Gebet 

2. Werke der Barmherzigkeit (Nächstenliebe) 

3. Fasten und heilsamer Verzicht.

 

„Buße“: Fasten ist nur ein Teilaspekt, sozusagen die körperliche Seite, um die es in der österlichen Bußzeit geht.

Buße ist umfassender. Sie kennt viele Formen. Fasten (Sich einschränken in Speise und Trank) allein macht die Fastenzeit noch nicht zur österlichen Bußzeit. Zum Fasten unbedingt dazu gehören das Gebet und die Werke der Liebe.

 

Umwandlung des Herzens. Es geht in der „Fastenzeit“ nicht allein um etwas Äußerliches. Das äußere Tun (leibliche Dimension) soll vielmehr Ausdruck und Zeichen sein von etwas Inwendigem (geistig-seelische Dimension). Es geht im christlichen Sinn um die Hinkehr zu Gott und zum Nächsten. Es geht um Um-sinnen, Um-denken, Um-kehr. Es geht um ein neues Sich-ausrichten und Öffnen auf Gott hin und den Bruder, die Schwester.

 

Es geht also nicht allein, wie der Ausdruck „Fastenzeit“ nahelegt um einen quantitativen Verzicht, sondern um eine qualitative Umkehr des Herzens. Diät und Fastenkuren allein bringen nicht Heilung und inneres Gleichgewicht, sondern die Wandlung des Herzens. Also nicht nur Kampf der Ess-sucht, sondern auch Kampf der Ich-sucht! Es geht nicht um ein bisschen Kosmetik, sondern um Umkehr und Neubeginn. Es geht nicht um ein paar asketische Klimmzüge, sondern um eine Kurskorrektur.

 

Fasten ist kein Selbstzweck. Es geht nicht um ein Fasten um des Fastens willen. Christliches Fasten hat auch nichts zu tun mit „Abspecken“ oder „Pfunde loswerden“. Es dient also nicht dem puren Abnehmen. Das ist ein willkommenes Nebenprodukt.

 

Christliches „Fasten“ kennt viele Formen. Es meint nicht nur den freiwilligen Verzicht auf Speisen, Süßigkeiten usw., sondern auch Verzicht oder Einschränkung im übermäßigen Nikotin-, Alkohol-, Kaffeegenuss, im unkontrollierten Gebrauch der Medien („Fasten der Augen“), Verzicht auf Parties, Disco, Tanzveranstaltungen und ähnliche Vergnügen, z.B. auch Internet-Fasten.

 

Durch das leibliche Fasten und andere Formen des Verzichtes gewinnt der Mensch eine neue Freiheit. In den Wochen des Fas­tens regeneriert sich nicht nur der Leib, sondern auch die Seele. Sie gewinnt ihre Souveränität zurück. Sie hört auf Spielball der Bedürfnisse zu sein. Fasten und Verzicht kann aus tief verwur­zelten Abhängigkeiten, Zwängen und Süchten befreien.

 

Ein Aspekt des Fastens ist das Teilen, die Solidarität mit denen, die nicht fasten können, sondern fasten müssen, weil sie nicht das Nötige zum Essen haben. Es ist ein guter christlicher Brauch, das durch das Fasten und Verzicht Ersparte der „Aktion Misereor“ oder „Brot für die Welt“ zukommen zu lassen.

 

Aber es gibt nicht nur die materiell Armen. Zu denken ist auch an die Menschen in seelischen Nöten, Einsame, Alte, Kranke, Mutlose, Ratlose, Verzweifelt in unserer Überfluss- und Wohlstandsgesellschaft. Es gibt nicht nur diejenigen, die kein Dach über dem Kopf haben, sondern auch diejenigen, die kein Dach über der Seele haben. Es gibt nicht nur diejenigen, die leiblich frieren, sondern auch diejenigen, die seelisch frieren. Mehr als sonst im Jahr sind Christen dazu aufgerufen, sich ihrer in der „Fastenzeit“ anzunehmen. Auch in ihnen begegnet uns Christus. Und was wir einem der Geringsten getan haben, das haben wir IHM getan!

 

Die „Fastenzeit“ ist eine Art Trainingszeit. So wie jeder Sportler und jede Fußballmannschaft trainieren muss, um fit zu bleiben, so wie sich die Athleten intensiv auf Olympia vorbereiten unter großen Opfern und viel Disziplin, so braucht auch jeder Christ und die christliche Gemeinde intensive Trainingszeiten, um nicht einzurosten, um sich wieder zu erneuern.

 

Die Fastenzeit lässt sich auch vergleichen mit dem, was um diese Jahreszeit mit den Obstbäumen im Garten geschieht:

Die Kirche lässt uns im Frühjahr die wohltuende „Baumschere“ anlegen, nicht weil sie mit ihrer scharfen Schneide dem Baum weh tun will, sondern weil es seinem Blühen und Früchtetragen dient.

 

Ein anderes Bild: „Motorpflege“: Die meisten Menschen warten zwar regelmäßig ihr Auto, aber an ihren eigenen „Motor“, Seele-Geist-Leib, denken sie nicht. Alle drei bedingen einander und wollen gesund leben und müssen dementsprechend gepflegt werden.

 

Fasten ist wie ein Frühjahrsputz für die Seele, denn es gibt in uns Menschen eine Sehnsucht nach Heil und Heilung und nach gelingendem Leben. Es liegt an uns selbst dafür die Voraussetzungen und Räume zu schaffen.