geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Josef glaubt und vertraut

zum Evangelium am 4. Adventssonntag, Lesejahr A; Mt 1, 18 - 24

 

 

Evangelium

Jesus wird geboren werden von Maria, die verlobt ist mit Josef, dem Sohn Davids

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus

18Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes.

19Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen.

20Während er noch darüber nachdachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.

21Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.

22Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat:

23Siehe: Die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären und sie werden ihm den Namen Immánuel geben, das heißt übersetzt: Gott mit uns.

24Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.

 

 

Josef ist mit Maria verlobt. Mit der Verlobung galt die Ehe nach jüdischem Recht als begonnen, auch wenn die Frau noch nicht heimgeführt war. Eines Tages erfährt Josef, dass Maria schwanger ist, aber nicht von ihm. Das ist Fakt. Das Kind muss von einem anderen sein. Was für eine bittere Enttäuschung! Josef hätte Maria anzeigen können. Maria hätte sogar gesteinigt werden können.

 

Ein Riesendilemma! Fragen quälen Josef, Zweifel nagen an ihm. Woher sollte er wissen, dass das, was geschehen ist, vom Heiligen Geist gewirkt war? Wie wissen, dass Jesu Ursprung in Gott selbst liegt? Was tun? Eine ganz große Prüfung ist das für Josef.

 

Und doch: keine Anklage gegen Maria, keine Vorwürfe, geschweige denn Rachegedanken. In aller Stille will Josef sich von Maria trennen, mit Anstand sich aus der Affäre ziehen, ohne Streit und ohne Maria bloßzustellen oder anzuprangern oder sie gar in Lebensgefahr zu bringen.

 

Aber dann nimmt alles eine überraschende Wendung: Gott selbst greift ein. Licht kommt ins Dunkel. Ein Engel führt ihn in das göttliche Geheimnis ein. Er verweist Josef im Traum auf das wundersame Wirken Gottes.

 

Im Hören und Schauen wird Josef zum Bleiben und zum Zu-sich-Nehmen und Annehmen Marias geführt. Hier wächst Josef in meinen Augen über sich selbst hinaus, weil er der Botschaft des Traumes mehr traut als den Fakten.

Josef glaubt und tut, was Gott von ihm will, ohne Wenn und Aber. Er nimmt die Rolle an, die Gott für ihn vorgesehen hat, auch wenn er vieles nicht begreift und auch wenn diese Rolle nicht einfach ist. Er tut es ohne Murren, ohne den Willen Gottes zu zerreden. Er knüpft sein Tun und Handeln auch nicht an Bedingungen. Kein Widerspruch, keine Diskussionen.

 

Josef hört auf Gott. Er horcht und gehorcht.

Aber zeigt sich nicht gerade darin sein „Ja“ zum Willen Gottes? Und ist dieses „Ja“ nicht ebenso erforderlich gewesen wie das der Gottesmutter? Gott hat auch ihn berufen zum Mitwirken an seinem Heilsplan und zum Mittun an seinem Heilswerk. – So zeigt uns Josef, was Glaubensgehorsam bedeutet: nämlich absehen lernen von allen ichbezogenen Zielen und das Ziel Gottes verfolgen, nicht den eigenen Wünschen und Plänen folgen, sondern dem Willen Gottes Vorfahrt geben?

 

Wie ganz anders ist oft unsere Einstellung und unser Verhalten.

Rudolf Otto Wiemer bringt es folgendermaßen zum Ausdruck:

„Hör dir das an, Gott, ich will heute mit dem Auto unterwegs sein, morgen schließ ich den Kaufvertrag ab, das neue Haus wird in zehn Monaten stehen, dann ziehen wir ein, machen das zweite Kind, schicken die erste zur Schule, das Geschäft wird vergrößert, den Kompagnon schmeiß ich raus, kaufe das restliche Aktienpaket, übernehme den Vorsitz in der Waschmittelgesellschaft, wechsle die Freundin, der Bungalow im Tessin ist fällig, die Gören springen mir von der Tasche, die Frau hat eine Operation, ich bin Generaldirektor, vielleicht Prostata, gut, wird repariert, man ist sechzig, Konzern gesund, rapide wächst das Grundkapital, glänzende Aussichten für die nächsten zehn Jahre, was sag ich, für zwanzig – hör dir das an, Gott, und komm mir nicht dazwischen.“

 

Ganz anders Josef: Nicht: „hör dir das an, Gott!“ Er war selbst ein Hörender. Er hat auf Gott gehört. Nicht: „komm mir ja nicht dazwischen!“ Bei Josef kam Gott oft dazwischen. Und er ließ sich stören in seinen Plänen. Josef handelt nicht, wie es ihm gut dünkt und Gott muss spuren, sondern er folgt den Spuren und Zeichen und Weisungen Gottes. Ohne Rücksicht auf eigene Vorstellungen und ohne viel Aufhebens zu machen, erfüllt Josef das Gebot der jeweiligen Stunde. - Und so nimmt er Maria zu sich. Er bekennt sich zu ihrem Kind. Er übernimmt Verantwortung für die junge Familie und gibt ihr Schutz und Geborgenheit. 

 

Ja, dieser Josef macht nicht viele Worte. Er stellt keine müßigen Fragen. Er handelt. Er knüpft sein Handeln nicht an Bedingungen. Er macht keine Vorbehalte. Er glaubt und vertraut.

 

Es ist der handfeste, nüchterne Glaube eines einfachen und redlichen Mannes, eines Handwerkers, der auch später am Rand bleibt, im Hintergrund steht, nicht von sich reden macht und kein Aufsehen erregt; der aber da ist, wenn er gebraucht wird; der geht, wohin Gott ihn schickt, auch wenn er die Wege nicht kennt, auch wenn die Zukunft im Dunkeln liegt.

 

Für mich ist der heilige Josef eine ganz eindrucksvolle Gestalt.

Ich meine: Wir können Josef durchaus in eine Reihe stellen mit anderen großen Glaubensgestalten der Bibel: Noach, Abraham, Jakob, Mose, David, aus dessen Königsgeschlecht er stammt.

 

Doch Josefs Gegenwart hat nichts Idyllisches. Es ist das harte Leben eines Zimmermanns, der Steuern zahlt und an Ämtern ansteht, vergebliche anklopft und Herberge sucht, der die Geburt im Stall miterlebt, das Schicksal der Flüchtlinge erfährt, in der Fremde Unterschlupf sucht und nach seiner Rückkehr unauffällig in Nazareth lebt. – Welche Dramatik haftet diesem Leben an! Was mutet Gott diesem Mann nicht alles zu!

 

Wie schwer tun wir uns oft mit den Zumutungen Gottes in unserem Leben, wenn Gott unsere hausgemachten Pläne durchkreuzt? Wie wenig trauen wir Gott zu, dass sein Wille das Beste für uns ist und dass alles, was geschieht, einen Sinn hat, auch wenn wir ihn jetzt noch nicht sehen und verstehen?

 

Im Leben des heiligen Josef ist manche Tür zugefallen. Vieles ist anders gekommen als er es sich gedacht hatte. Aber Josef hat es genommen, wie es gekommen ist. Er hat mit seinem Schicksal nicht gehadert. Er hat sich den Schickungen Gottes gefügt. Und Gott hat immer wieder auch Türen geöffnet und ihm den Weg des Heils gewiesen.

 

Am Leben Josefs können wir erkennen: Gottes Gedanken sind nicht unsere Gedanken, Gottes Wege nicht immer unsere Wege. Aber Gott vermag auch auf krummen Zeilen gerade zu schreiben. Seine Wege führen weiter. Es sind Wege des Heils, Wege zum Leben.