Exerzitien mit P. Pius

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Jesus - Simeon - Sünderin

(Bildmeditation zu einem Bild von Roland Peter Litzenburger) 

Ein Bild aus lauter Strichen.

Zunächst mutet es wirr an, unruhig, scheinbar durcheinander, wie ein Gekritzel Aber dann lassen sich doch drei Personen erkennen. Sie sind auf verschiedenen Ebenen dargestellt:

  • Ein Mann rechts hinten, groß und aufrecht, stehend.

  • Eine Frau ganz vorne, unten, am Boden, kniend.

  • Und einer in der Mitte, zwischen diesen beiden, sitzend.

Wenden wir uns zunächst dem zu, der aufrecht dasteht, hoch aufgerichtet über allen.

Ob er zufällig auf der oberen rechten Seite dargestellt wurde, er, der meint „recht“ zu sein, der „Gerechte“, der nichts zu bereuen hat?

Er zeigt auf andere. Mit der rechten Hand zeigt er nach unten, auf die gebückte Gestalt am Boden, ohne dass sein Blick der Zeigerichtung folgt. Er würdigt die Frau keines Blickes. Mit so jemand wie dieser da gibt er sich nicht ab. Hat er etwas vor dem Kopf (die vielen Striche!), vielleicht ein Brett?

 

Er steht unbeweglich da, wie ein Klotz.

Er wirkt auf mich:

  • kühl und kalt, stolz und rücksichtslos,

  • überlegen, überheblich, arrogant.

Er kommt mir vor:

  • wie einer, der urteilt und verurteilt

  • wie einer, der sich über andere stellt, sich besser dünkt.

Er wirkt auf mich:

  • wie einer, der niemanden wirklich anblickt,

  • sich distanziert, sich isoliert, sich verschließt.

Stolz, Standesdünkel, Mitleidlosigkeit verhärten sein Herz, versperren seinen Blick auf die Frau und auf Jesus.

 

Er wirkt auf mich:

  • wie einer, der Macht hat und sie missbraucht,

  • wie einer, der andere ausbeutet,

  • wie einer, der von seinem hohen Ross nicht heruntersteigt.

Er weiß und ist sich ganz sicher:

Die da ist eine Sünderin, er ein Gerechter.

Ihm gebührt Lob, der Frau Tadel.

Wo kämen wir sonst hin?

 

Schließlich hat man sich immer an die Vorschriften gehalten: Fasten, Sabbat, Tempelsteuer, Almosen...

Man hat sich nichts vorzuwerfen. Und andere können einem auch nichts vorwerfen.

Schließlich hat man ja „Ordnung“ in seinem Leben, immer anständig, sauber, korrekt.

 

Ich frage mich:

  • Ob er sich seiner Situation bewusst ist?

  • Ob er weiß, dass er andere durch seine Haltung zur Qual wird?

  • Ob er einsam ist und sich deshalb hinaufretten muss?

  • Ob er sonst wo geschlagen wird und hier Rache übt?

Ich frage mich:

Kenne ich den Pharisäer? Gibt es den auch in mir? Wo fühle ich mich erhaben über andere? Gibt es Menschen in meiner Umgebung auf die ich mit Verachtung schaue, zu denen ich eng und hartherzig bin, eiskalt, knallhart? Schreibe ich andere ab? Habe ich mein fertiges Bild, mein Urteil? – Weiß ich, dass ich selber Fehler habe? Bin ich mir bewusst, dass ich selber immer wieder Verzeihung brauche von Menschen und von Gott?

Kann ich selber verzeihen? Bin ich barmherzig, gütig, großzügig?

 

Und die Frau?

 

Sie kniet, unten, am Boden. Sie ist gebeugt, sogar gekrümmt.

  • Ist sie zusammengebrochen unter einer Last?

  • Wird sie geknechtet, gedemütigt, ausgenützt?

  • Ist sie eine von der unteren Sorte, eine, mit der sich anständige Menschen nicht abgeben, Abschaum, Schandfleck der Gesellschaft?

Ihre Hand hält zärtlich den Fuß Jesu. Ihr dichtes Haar fällt darüber. Sie hebt den Kopf und schaut gespannt nach oben.

 

  • Sucht sie Schutz? Braucht sie Kontakt?

  • Worauf hofft sie? Was erwartet sie?

 

Mir scheint:

  • dass sie dem Sitzenden vertraut,

  • sich ihm zuneigt,

  • seine Nähe sucht.

Die Frau hofft, dass es mehr gibt als Gerechtigkeit und makelloses Leben.

Der Pharisäer ist ein korrekter Mensch. Korrektheit ist gut. Aber sie ist nicht alles.

Die Frau hat die größere Liebe. Und sie macht aus ihrer Zuneigung und Liebe keinen Hehl.

 

Ich frage mich:

  • Worin besteht die Last, die sie trägt und die sie niederbeugt?

  • Woher sie die Kraft hat, trotzdem zu lieben?

  • Wird sie mit Hilfe des Mittleren aufstehen können?

  • Wird sie „verzeihen“ können, wenn sie einmal nicht mehr „unten“ sein sollte?

 

Wenden wir uns dem zu, der in der Mitte sitzt.

 

Auffallend: seine linke Hand.

Er hält sie zwischen die beiden, schützend und zulassend einerseits, mahnend und zurückweisend andererseits.

  • An dieser Hand muss die Hand des Pharisäers vorbei.

  • An dieser Hand richtet der Blick der Frau sich auf.

Die andere Hand

  • hat er nach der Frau ausgestreckt,

  • und hält sie schützend über sie.

Es scheint:

  • dass er die Frau versteht,

  • sie akzeptiert, sie so annimmt wie sie ist, ohne Wenn und Aber.

Sie darf sein, dasein.

  • Er zieht seinen Fuß nicht zurück

  • Er stößt sie nicht fort

  • Er lässt sie gewähren.

  • Er nimmt ihre Zuneigung an

  • Er schätzt und schützt die Gebärden der Liebe, der Dankbarkeit, der Reue und des Vertrauens.

  • Er lässt sie tun, was ihr Herz ihr sagt.

  • Seine Nähe macht alles gut.

Er schaut hinauf zu dem, der aufrecht steht. Er blickt ihn direkt an.

 

Sein Blick ist offen und gerade, so als hätte er einen festen Willen, so als würde er sich nicht scheuen, Stellung zu beziehen.

 

Es ist als biete er dem anderen die Stirn, dessen vernichtendem Blick, seinem versteckten überheblich, hohnvollen Gesicht.

Wie schwer ist es, soviel vermeintliche Korrektheit, Gesetzestreue und Selbstgerechtigkeit aufzubrechen und umzuwandeln in Nachsicht, Langmut, Güte und Erbarmen.

  • Ob Simon die Brücke erkennt, die Jesus ihm baut mit dem kleinen Gleichnis aus dem Wirtschaftsleben?

  • Ob er begreift, dass Schuldenerlass einfach so, gratis, zu Dankbarkeit und Liebe bewegt?

  • Ob es ihm hilft, dass Jesus seine Unterlassungen als Gastgeber der Liebestat der Frau gegenüberstellt?

„Siehst du diese Frau?“

Solange Simon auf sie mit dem Finger zeigt und durch seine Vorurteile die Menschen fein säuberlich trennt in moralisch Intakte und Verwerfliche, ist er weit von der Gesinnung Jesu und seines Vaters im Himmel entfernt.

 

Jesus sitzt zwischen dem Pharisäer und der Frau.

Ich frage mich:

  • Will er vermitteln, eine Verbindung herstellen?

  • Oder eine Grenze schaffen, damit die Frau vor den Angriffen des Mannes geschützt ist, damit sie Raum hat zu leben.

Ich frage mich:

  • Ob er es schafft, beide auf die gleiche Ebene zu bringen?

  • Gespräch zu ermöglichen, Mauern abzubauen?

Ich frage mich:

  • Wird er es aushalten, zwischen den beiden zu sitzen?

  • Wird er dabeibleiben oder sich irgendwann zurückziehen?

Mit wem der drei identifizieren wir uns? Wo finde ich mich wieder?

Sind wir nicht alle drei, manchmal kniend, sitzend, stehend?

 

DER VERZEIHENDE JESUS!

 

Er macht deutlich, dass das Wesen Gottes Güte ist, barmherzige Liebe. Er sagt, dass bei Gott größere Freude herrscht über einen reuigen Sünder, der umkehrt, als über 99 Gerechte, die meinen sie bräuchten keine Umkehr.

Was bedeutet aber schon die vermeintlich weiße Weste, wenn sie ein enges, liebeleeres Herz verdeckt?

 

„Die große Schuld des Menschen sind nicht die Sünden, die er begeht – die Versuchung ist mächtig und seine Kraft gering – die große Schuld des Menschen ist, dass er jeden Augenblick die Umkehr tun kann und nicht tut.“ (Martin Buber)

Gott verlangt nicht, dass wir nie schwach werden, sondern dass wir mit gutem Willen, stets wieder neu anfangen.

 

DER VERZEIHENDE JESUS!

 

Sein Liebesangebot gilt auch heute noch.

Wer in Schuld verstrickt ist, wer nicht mehr weiter weiß, wer von allen abgelehnt wird – einen gibt es, der ihn annimmt: Jesus!

Das ist eine befreiende Botschaft. Denn wird nicht jeder einmal schuldig und braucht jemanden, der ihm einen neuen Anfang schenkt?

 

In dieser Frau, von der das Evangelium erzählt, ist etwas vorgegangen. Sie ist zu Jesus gegangen. Sie hat vertraut, bei ihm Verzeihen und Liebe zu finden. Sie hat Tränenbäche vergossen, Tränen der Reue. Und Jesus hat ihr vergeben. Der Teufelskreis des Sich-Verschließens wurde von Jesus durchbrochen. Für ihn ist niemand verloren. Er gibt uns damit ein bleibendes Beispiel.

 

Finden also auch wir zum Vertrauen dieser Frau. Schämen wir uns auch nicht unserer Tränen!

 

Seien wir gewiss:

Jesus verurteilt uns nicht. Wo Reue ist, da ist Vergebung.

Nicht Schuld trennt uns von Gottes Erbarmen, sondern allenfalls unser kleiner Glaube, unser mangelndes Vertrauen.

 

Lernen wir zugleich von Jesus jene Barmherzigkeit, die nicht einmal den verlorensten Menschen abschreiben und ablehnen will. Dann geht der verzeihende Jesus auch heute weiter durch die Welt: in uns. Und Menschen fühlen sich bejaht und angenommen: durch uns.

 

Gott liebt uns.

Glaube ich daran?

Hat dieser Glaube Auswirkungen auf mein Leben?

 

Gebet:

„Denk du in mir. o Jesus, dann denk ich licht und klar.

Sprich du aus mir, o Jesus, dann sprech ich gut und wahr.

Wirk du in mir, o Jesus, erfüll mein ganzes Wesen,

durchdring mein ganzes Sein, dass man aus mir kann lesen

die große Liebe dein!“

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