Exerzitien mit P. Pius

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Ostern – Fest der Hoffnung

Hören Sie zunächst eine Geschichte!

 

Es war ein guter Mensch, den jammerte das Gewürm der Raupen, wie sie sich Stunde um Stunde mit ihren Stummelbeinen vorwärts plagen und ihr Fressen suchen, wie sie mühselig den Stengel hinaufklettern, um mit dem Möhrenkraut ihren Wanst vollzustopfen. - Keine Ahnung von der Sonne und dem Regenbogen nach dem Gewitter, kein Ohr für die Musik der Grillen und der Nachtigallen.

Und er dachte bei sich: wenn die wüssten, was da einmal wird, sie würden viel froher leben. Wenn die ahnten, was ihnen als Schmetterlinge blühen wird, sie würden ganz anders leben, mit viel mehr Hoffnung. Sie würden erkennen, dass ihr Leben nicht nur aus Fressen besteht und dass der Tod nicht das Letzte ist.

 

So dachte der gute Mensch. Und er begann eine frohe Botschaft an die Raupen zu überlegen. - Seht, sagte er, ich verkünde euch eine frohe Botschaft: Ihr werdet einmal frei sein von diesem Gekrabbel um das Fressen, ihr werdet eure Schwerfälligkeit verlieren und auffliegen wie eine Feder, ganz mühelos. Seht doch das grenzenlose Blau des Himmels! - Ihr werdet Blüten finden, duftende Blüten. Und ihr werdet den Nektar saugen. Ihr werdet schön sein und glücklich.

 

Und der gute Mensch wurde traurig. Die Raupen hörten nicht. Ja, natürlich, sie konnten ihn nicht verstehen.

Und er überlegte: Wenn er selbst eine Raupe werden würde, wenn er all sein Anderssein ablegen würde!

Und er fing ganz klein an, damit sie nicht gleich Angst vor ihm bekämen, vor einer „Superraupe“.

Und er lebte lange mit ihnen bei ihrem beschwerlichen Tagewerk von Möhrenstengel zu Möhrenstengel.

Und endlich schien die Zeit gekommen. Und er fing wieder an mit seiner frohen Botschaft.

 

Aber weil er nun eine Raupe geworden war, hatte er ein neues Problem:

Er konnte das Zukünftige, das Schmetterlinghafte in der Raupensprache nicht mehr ausdrücken.

So versuchte er Vergleiche zu finden, Bilder und Beispiele.

 

Es wird sein wie auf einem Feld voller Möhrenkraut... und sie nickten und dachten ans endlose Fressen, an ein Schlaraffenland.

Und er versuchte, ihren Raupenhorizont aufzutun, ihre Sicht zu weiten.

Er versuchte, ihnen höhere Perspektiven zu eröffnen, Zukunftsperspektiven.

Wahrhaft, glaubt mir doch: euer Puppensarg ist nicht das Letzte. Es werden euch Flügel wachsen. Ihr werdet leicht sein wie der Frühdunst und aufsteigen in den Himmel. Und eure Schwingen werden leuchten wie Gold und Edelstein.

Aber sie nahmen ihn nicht an.

Geh mit deinen Märchen! Du hältst uns vom Fressen ab.

Das kannst du erzählen, wem du willst, aber nicht uns. Hau ab, du Spinner!

Und sie rotten sich zusammen, um ihn auszuschalten.

 

Ostern will uns zu einer großen Hoffnung provozieren, will uns eine Ewigkeitsperspektive eröffnen.

Aber leben wir nicht oft wie die Raupen und begnügen uns mit Essen und Trinken?

Ist unser Blick nicht viel zu eng allein aus der Raupenperspektive?

Denken wir nicht viel zu kleinkariert?

Sehen wir unser Leben nicht viel zu kurzatmig?

Läuft es nicht oft entsetzlich banal und oberflächlich ab? Reduzieren wir es nicht auf ein paar Formeln und Termine, Bilanzen, Kühlschränke und Kreuzworträtsel?

 

Kann das denn alles sein?

Merken wir denn nicht, dass es mehr als all das geben muss, mehr als Lust und Leid, mehr als Zeitung lesen, Radio hören und Autofahren, mehr als Profit, Prestige und Positionen, mehr als Schaffen und Raffen, mehr als Einkaufen, Spazierengehen, Fernsehgucken, mehr als Hallenbad und Trimm-dich-Pfad, mehr als Hader und Streit, mehr als am Schluss ein Nachruf und einen Kranz. Oder war’s das dann?

 

Was ist mit unseren Plänen und Zielen, mit unseren Hoffnungen und Wünschen, mit unserem Suchen und Fragen, wenn der Tod an unsere Tür klopft?

Und das tut er früher oder später todsicher.

Was ist mit unserem Durst nach Leben und unserem Hunger nach Glück, wenn unsere letzte Stunde schlägt?

Und die kommt. Todsicher.

 

Der Tod, das ist die Realität in unserem Leben, an der kein Weg vorbeiführt.

Verlässlich sind die Uhren, die unsere Zeit von Tag zu Tag und Stunde um Stunde kürzen.

War dann alles vergeblich, alles umsonst? Schluss. Aus. Amen.

Nur noch Sarg und Grab, Dunkelheit und Schweigen?

 

Im Grunde unseres Herzens sehnen wir uns nach Liebe, nach Frieden, nach Glück, nicht nur nach ausgefülltem, mit viel Frust und Kram ausgefülltem Leben, sondern erfülltem Leben, nach Sinn und Ziel und Gelingen. Ein großer Unterschied!

 

Aber wer gibt Antwort auf unser Fragen? Wo findet unser Sehnen Erfüllung?

Wo suchen wir? Suchen wir nicht auch oft den Lebenden bei den Toten?

Wie schwer ist es, den Raupen das Schmetterlinghafte zu verkünden!

Es ist unvorstellbar anders, so unvorstellbar frei, so unbegreiflich schön!

Unsagbar, höchstens mit Bildern zu umschreiben.

 

Alles, was uns die Bibel über das Wie des Bei-Gott-Seins sagt, sind Umschreibungen.

Sie spricht zum Beispiel von Licht und Ruhe.

Sie sagt: es wird keine Trauer mehr sein, keine Klage, kein Schmerz.

Sie braucht Bilder, z.B. das von der „Tischgemeinschaft mit Gott“ oder „Wohnung Gottes“ oder „ewiges Hochzeitsmahl“.

 

Es sind Versuche, das Unsagbare sagbar zu machen.

Wie schwer hat es die Osterbotschaft, die uns daran erinnert, dass wir Töchter und Söhne Gottes sind, Menschen der kommenden Welt, einer Welt, in der es keinen Tod mehr gibt, eine Welt, in der wir glücklich leben werden.

 

„Die Botschaft hör ich wohl. Allein mir fehlt der Glaube“, heißt es schon in Goethes Faust. Worte, die in unserer Zeit von vielen Menschen immer wieder nachgesprochen werden.

 

Was die Osterevangelien berichten, ist ja auch in der Tat alles andere als selbstverständlich und liegt außerhalb jeder menschlichen Vorstellung.

 

Wie schwer taten sich bereits die Jünger, die Osterbotschaft zu glauben!

Die heilige Schrift verheimlicht es nicht. Trauer, Bestürzung, Schweigen.

Die Apostel hielten alles für Geschwätz, was die Frauen ihnen erzählten.

Sie waren total verunsichert, ratlos, resigniert und deprimiert.

In Jerusalem hatten sie sich eingeschlossen.

Die Emmausjünger flüchteten. Ihre Augen waren gehalten.

Thomas zweifelte.

Die Kunde: „Er ist erweckt von den Toten!“ war jenseits jeder Erwartung, gegen alle Hoffnung, vor allem auch gegen jedes Denken und jede Erfahrung gerichtet.

„Auferweckt von den Toten“ - das reizte dann zu Paulus Zeiten die Athener zum Lachen, die Juden gerieten in Zorn.

 

Auch modernes Empfinden sagt: unmöglich, unrealistisch.

Und tut es ab als Wunschtraum, Illusion, fromme Flucht, bestenfalls - bis in Theologenkreise hinein - als mythologische Sprache und Vorstellung. Wir sind schließlich aufgeklärt!

 

Sind wir nicht oft auch wie mit Blindheit geschlagen, igeln uns ein hinter verschlossenen Türen, vergraben uns in die Arbeit, flüchten uns in Vergnügungen, kommen uns wie eingemauert vor, haben mehr Zweifel als Glauben, mehr Angst als Vertrauen?

 

Die österlichen Erzählungen unterstreichen immer wieder, wie langsam die Apostel die Auferstehungsbotschaft begriffen haben; sie zeigen damit auch, dass diese Männer keine Phantasten, keine Spekulanten und keine Märchenerzähler waren, keine voreiligen Schwätzer, sondern überzeugte Menschen, die wussten wovon sie redeten, was und wen sie bekannten, warum sie diese Botschaft in alle Welt trugen.

 

„Tod, wo ist dein Sieg, Tod, wo ist dein Stachel?“, fragt Paulus, und gibt dann zur Antwort: „Verschlungen ist der Tod vom Sieg. Gott sei Dank, der uns den Sieg geschenkt hat durch Jesus Christus, unseren Herrn!“

 

Jesus Christus ist mit uns den Weg gegangen. Er hat gelitten. Und ging für uns auch in den Tod. Leicht war`s auch für ihn nicht. Aber Gott hat seinen Sohn nicht im Grab gelassen.

Gott hat diesen Jesus, den die Mächtigen so grausam umbrachten, Gott hat ihn in sein Leben geholt.

 

Und ist das Entscheidende: Gott will das Leben. Er ist ein Liebhaber des Lebens.

In Jesu Auferstehung ist auch uns eine Zukunft eröffnet - über dieses Leben und über unseren Tod hinaus.

 

Die Schrift nennt Jesus den „Erstgeborenen von den Toten“. Gott, der Jesus Christus von den Toten erweckt hat, wird auch uns ewiges Leben schenken, Leben in seinem Leben, Leben in seinem Glück, Leben, das all unsere Vorstellungen übersteigt, Leben über alle Zeit hinaus.

Der Tod ist nicht das Ende, sondern Wende, nicht Schlusspunkt, sondern alles verheißender Doppelpunkt, nicht eine dunkle, hohe Mauer und dahinter gibt`s nichts, sondern Durchgang und Tor in das Zuhause, in die Geborgenheit am Herzen Gottes.

 

„Wenn man stirbt, muss man dann Angst haben? Wie geht das - Sterben?“ fragt das Kind.

Die Mutter fragt zurück: „Wie geht das, wenn du abends plötzlich die Augen nicht mehr aufhalten kannst, auf dem Sofa einschläfst und morgens in deinem Bettchen aufwachst?“

„Dann hast du mich auf die Arme genommen und vom Wohnzimmer in mein Bett getragen!“ strahlt das Kind.

„Siehst du“, sagt die Mutter, „so ähnlich ist das mit dem Sterben. Wenn man zu schwach oder zu krank geworden ist, um noch auf der Erde leben zu können, fallen die Augen zu wie zu einem tiefen Schlaf, aus dem man auf der Erde nicht mehr aufwacht. Dann nimmt uns Gott in die Arme und trägt uns aus dieser Welt nach Hause in den Himmel. Da gehen uns dann die Augen auf wie noch nie in unserem Leben. Und wir merken, wie lieb Gott uns hat und wie sehr wir geborgen sind in seinem Frieden.“

 

Die Kirche hat in einer Präfation das kühne Wort:

„Deinen Gläubigen, o Herr, wird das Leben gewandelt, nicht genommen. Und wenn die Herberge der irdischen Pilgerschaft zerfällt, ist uns im Himmel eine ewige Wohnung bereitet.“

 

„Ich gehe hin euch eine Wohnung zu bereiten“, sagt Jesus in den Abschiedsreden, „wenn ich hingegangen bin und euch eine Wohnung bereitet habe, werde ich wieder kommen und euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid wo ich bin.“

 

„Euer Herz ängstige sich nicht und verzage nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“

Und an einer anderen Stelle:

„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt wird leben, auch wenn er stirbt.“

 

In einem Osterlied singen wir: „Was im Tode scheint verloren, wird in Christus neu geboren!“

 

Wir sind nur Gast auf Erden. Aber wir haben ein Ziel.

„Kein Auge hat es gesehen, kein Ohr hat es gehört, in keines Menschen Herz ist es gedrungen, das Herrliche, das Schöne, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“

 

Der Satz unseres Glaubensbekenntnisses: „Ich glaube an die Auferstehung der Toten, und an das Leben der kommenden Welt“, ist keine Phrase. Es ist vielmehr die letzte, sichere Konsequenz aus allem, was wir Christen glauben.

Hinter unserem Leben steht einer, der weiß um unseren Hunger nach Leben, um unsere Sehnsucht nach Freude, um unser Verlangen nach Glück, und er wird es erfüllen.

 

M L. Kaschnitz hat ein Gedicht geschrieben mit dem Titel:

 

Ein Leben nach dem Tode

 

Glauben Sie fragt man mich

An ein Leben nach dem Tode.

Und ich antwortete: ja

Aber dann wusste ich keine Auskunft zu geben

Wie das aussehen sollte

Wie ich selber aussehen sollte

 

Ich wusste nur eines

Keine Hierarchie

von Heiligen auf goldenen Stühlen sitzend

Kein Niedersturz

Verdammter Seelen

 

Nur Liebe frei gewordne

Niemals aufgezehrte

Mich überflutend

 

Mehr also fragen die Frager

Erwarten Sie nicht nach dem Tode?

Und ich antwortete

Weniger nicht.

 

Zu schön, um wahr zu sein? Vertröstung?

Nein, wenn wir fragen, was der Osterglaube für uns heute bedeutet.

Wie wirkt er sich auf unser Leben aus?

Was verändert er oder was kann er verändern?

Gibt es Spuren von Ostern in unserem Leben? Gibt es österliche Signale?

 

Leben, österliches Leben fängt dort an, wo ich meiner Sehnsucht nach „mehr“ traue, sie zulasse, ihr Raum gebe, wo ich dieser Sehnsucht mehr Gewicht gebe als den Erfahrungen, die mich niederdrücken. „Ach Gott, geht’s mir so dreckig!“

Österliches Leben fängt dort an, wo ich die Welt und die Menschen mit den Augen Gottes betrachte, anstatt immer nur zu jammern oder an anderen herumzunörgeln.

Leben, österliches Leben fängt dort an, wo ich es lerne, mit meinen Grenzen und Eigenarten etwas barmherziger umzugehen und mit den Grenzen und Eigenarten der anderen ebenfalls.

Leben, österliches Leben fängt dort an, wo ich mich auf die Suche mache nach jenen Kräften und Fähigkeiten in mir, die bis jetzt noch nicht ans Licht gelangen konnten.

 

Ein Satz auf einer Spruchkarte lautet:

„Du hast mehr Möglichkeiten, als du ahnst, ganz zu schweigen von den Möglichkeiten, die Gott mit dir hat!“

Ich finde: ein österlicher Satz!

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