Exerzitien mit P. Pius

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Jesus, König meines Lebens

(Vortrag zum Christkönigssonntag; 34. So. im Jahreskreis)

 

Was ist die Hauptsache am Christentum? Was unterscheidet das Christentum von anderen Religionen und Weltanschauungen?

 

Sonntags in die Kirche gehen? An die richtige Lehre glauben? Sich an eine bestimmte Moral halten? – Das alles hat seine Bedeutung. Aber es lebt von ganz woanders her!

Die Hauptsache am Christentum ist nämlich gar keine „Sache“, sondern die Person: Jesus Christus. ER, ist das unterscheidend Christliche! In der Mitte unseres Glaubens steht eine lebendige Person: JESUS

Ein Christ wird man dadurch, dass man an Jesus Christus glaubt. Genauer gesagt: dass man zu ihm eine persönliche Beziehung gefunden hat. – Ohne diese lebendige Mitte bleibt alles andere am Christentum leer, tot und starr. – Von IHM her aber lebt alles. Wer auch immer zu Jesus eine Beziehung hat und IHM begegnet (in seinem Wort und Sakrament, im Not leidenden Nächsten usw.), der steht der Mitte des Christentums nahe.

 

Und dies ist es, was wir (am Christkönigsfest) bekennen:

dass Jesus für uns die Mitte, der „König unseres Lebens“ ist.

Ist er die Mitte, um die mein Leben kreist? Ist er für mich der Weg und die Wahrheit und das Leben? Ist er für mich der Weinstock, ohne den ich keine Zukunft habe? Ist er der „König meines Lebens? Suche ich in ihm den Sinn meines Lebens? Suche ich in ihm mein Heil? Finde ich in ihm Frieden, Halt, Geborgenheit?

 

Beziehungen sind etwas recht Geheimnisvolles und darum schwer zu beschreiben. Wenn ein Liebespaar zusammenfindet, sagen Leute oft verwundert: „Was findet er nur an ihr bzw., sie an ihm?“ So recht erklären kann man das nicht. Warum nenne ich jemanden „meinen Freund“? Weil er mir persönlich wichtig geworden ist. Das eben macht die „persönliche Beziehung“ aus.

Mir liegt etwas genau an diesem Menschen. Ein Funke ist übergesprungen, der uns beide verbindet. Begründen kann man das nur schwer.

Darum verzichte ich hier auf viele Erklärungen über Jesus und über den Glauben an ihn. Statt dessen versuche ich lieber in Worte zu fassen, „was ich an Jesus finde“. Dabei mag man besser verstehen lernen, was das bedeuten kann: zu Jesus eine Beziehung gewinnen.

Um diese Beziehung zu jemandem zu finden, muss man ihn selbstverständlich erst einmal kennen. Jesus kenne ich aus den Evangelien, die über sein Leben, Wirken und Sterben berichten und die bezeugen, dass er auferstanden ist und für immer lebt. Dort in den Evangelien kann jeder, der es ernsthaft will, Jesus kennen lernen. Dabei mag jener Funke überspringen, der eine Beziehung eröffnet.

So ganz reicht es aber meistens nicht, sich nur mit der Bibel zu befassen. Jesus kann einem auch nahe kommen durch Menschen, die eine solche Verbindung mit ihm hatten und daraus lebten und davon Zeugnis gaben. Für mich sind da ganz wichtig geworden: der heilige Franziskus und die heilige Klara von Assisi, aber auch Elisabeth von Thüringen, Edith Stein. Manche Menschen auch in meiner Umgebung haben für meine Beziehung zu Jesus Christus eine große Rolle gespielt, sie beeinflusst, gefördert und geprägt.

 

Bei einer Begegnung mit Chiara Lubich, der Begründerin der christlichen Erneuerungsbewegung der „Fokolare“ – es ist schon über 30 Jahre her – es war in Münster i. Westf., da drängte sich mir der Eindruck auf: „Diese Frau spricht von Jesus, wie ein junges Mädchen von seinem Verlobten sprechen könnte – ähnlich vertraut und begeistert!“

Durch solche Menschen ist mir Jesus als Lebendiger nahe gerückt. Ihr Zeugnis weckte und stärkte meinen Glauben.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Was finde ich an Jesus? Was zieht mich zu ihm hin?

Was an ihm fasziniert mich?

Da ist zunächst die Beobachtung, wie viel Heilendes von Jesus ausgeht.Gab es je einen Menschen, der eine derart uneingeschränkt positive, heilende Ausstrahlung hatte - wie Jesus?

Die Evangelien sind voll von Krankenheilungen, die er gewirkt hat. Aber nicht nur das! Jesus weckt Vertrauen in den Menschen. Sie drängen zu ihm, suchen ihn, wollen ihn berühren. Auch Sünder, Außenseiter, Verachtete finden Vertrauen zu ihm. Genau dieses Vertrauen ist wohl das Geheimnis, warum so viele sich bekehrten, gestärkt und aufgerichtet wurden, Befreiung und Heilung erfuhren, Frieden und Versöhnung fanden, Mut und Zuversicht schöpften.

Jesus baute Gemeinschaft um sich auf. Viele schlossen sich ihm an, Frauen und Männer, gingen mit ihm, lebten mit ihm.

Es ist frappierend, wie Menschen in der Begegnung mit ihm ihre inneren Blockaden, Abhängigkeiten, Besessenheiten, und Süchte los werden und sich wandeln zu offenen, freien Menschen.

 

Das kann man auch heute noch erleben, wo sich jemand Jesus öffnet, seinem Wort, seinem Geist, wo jemand sich ihm anvertraut, wo einer ganz auf seine Kraft und Hilfe baut: befreit werden vom Kreisen nur um sich selbst, innere Heilung, ein Ganz- und Neuwerden durch ihn, ein neues Denken und Handeln.

Ebenso Gemeinschaft finden, Gemeinde, Brüder und Schwestern, dazugehören und so vom Individualismus und Alleinsein befreit werden.

„Wer glaubt, ist nicht allein“ (Benedikt XVI.)

 

Das wünsche ich mir. Darin möchte ich Jesus ähnlich werden: Positives, Heilendes ausstrahlen – wie er; Vertrauen wecken in den Menschen – wie er; Gemeinschaft stiften – wie er.

 

Eindrucksvoll finde ich sein Gottesverhältnis. - Hat je ein Mensch aus einer so intimen Nähe zu Gott gelebt wie Jesus?

„Abba = lieber Vater!“ so redet er Gott an. Ein absolutes Vertrauen, eine totale Hingabe an Gott drückt sich darin aus, eine einzigartiger Nähe und Verbundenheit mit Gott. Er ist wahrhaft der „Sohn Gottes“.

Das wünsche ich mir: Eine solche Nähe zu Gott, eine so liebende Verbundenheit, ein solch absolutes Vertrauen, dieselbe Hingabe zu gewinnen – wie Jesus und frei zu werden von jeder Angst.

Aber auch wir heißen nicht nur Kinder Gottes, sondern wir sind es. Und tatsächlich lehrt Jesus uns beten „Vater unser“. Er lehrt uns Gott so anzusprechen wie er selber es tut. Er nimmt uns hinein in seine innige, ja intime Beziehung zu Gott. „Ich gehe hin zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott.“, sagt der Auferstandene zu Maria von Magdala.

 

Was mich an Jesus herausfordert: seine Lebenseinstellung. Nicht Selbstverwirklichung, sondern Dasein für Gott und die Menschen.

Wie oft wird gefragt: „Was habe ich davon? Was bringt mir das?“

Das ist Jesus fremd. Das Hauptwort seines Lebens ist das kleine Wörtchen „für“: Ganz für Gott und ganz für die Menschen.

Es ist paradox: Seine Selbstverwirklichung besteht in der totalen Hingabe, im Sich-Verschenken. Brotbrechen und Weizenkorn werden. Proexistenz. Und doch verliert Jesus sich nicht. Er weiß, was er will. Er ruht in sich und steht zu sich. Gerade durch diese Hingabe - ohne jede Angst um sich selbst - wird Jesus „er selbst“.

Ist dies das wahre und echte Bild des Menschen? Erfüllt sich hierin Menschsein? Geht so die eigentliche Lebenserfüllung?

Sind wir modernen Menschen gründlich auf dem Holzweg, wenn wir dauernd angstvoll und um uns selber kreisend fragen:

„Ja, und was hab‘ ich dann vom Leben?“

Jesus sagt mir: Schiele nicht dauernd ängstlich auf dich selbst.

„Wer sich hingibt empfängt, wer sich selbst vergisst, der findet.“

Nur so gelingt und erfüllt sich auch dein Leben!

Muss man sich verschenken, um sich zu verwirklichen?

Jesu Lebenshaltung stellt mich in Frage. Sie fordert mich heraus. Und mit dieser Herausforderung bin ich noch lange nicht fertig. Jesus lebt hier jedenfalls etwas vor, was ganz anders ist als die heute verbreitete Lebenseinstellung. Das fasziniert mich.

Kann ich ihm darin ähnlich werden? Mit Mühe tue ich immer wie­der tastende Schritte. Mit vielem stehe ich immer noch am Anfang. Wo immer es aber gelingt, erfahre ich und bestätigt sich das Sprichwort: „Willst du glücklich sein im Leben, trage bei zu anderer Glück. Freude, die wir andern geben, strahlt ins eigene Herz zurück.“

Am meisten provoziert mich Jesus mit seiner Radikalität.

Bei ihm gibt es keine halbe Sachen. In der Bergpredigt etwa fordert er auf zu völlig lauterem und selbstlosem Leben: absolute Ehrlichkeit, Treue, Nächstenliebe, Versöhnungsbereitschaft (vgl. Mt 5, 20 - 48); lautere Religiosität, Gottesverehrung ohne Eigennutz, allein aus Liebe zu Gott (vgl. Mt 6, 1 - 18); rückhaltloses Vertrauen und innere Freiheit (vgl. Mt 6, 19 - 34).

Das sind eindrucksvolle Ideale. So könnte Menschsein aussehen - nicht so kleinkariert, abgewogen, gutbürgerlich, wie ich selbst doch meist lebe, sondern konsequent und darum erfüllt.

Es fasziniert mich. Aber es ist eine sehr hohe Latte. Ich merke immer wieder wie es einfach etliche Schuhnummern zu groß für mich ist und wie ich immer wieder dahinter zurück bleibe.

Vor allem, wenn ich an Jesu Tod denke: wie er mit überlegener Gelassenheit vor Pilatus steht, wie er im Vertrauen auf Gott ins Dunkel schreitet... „Christus hat uns geliebt und sich für uns hingegeben.“ Werde ich je so lieben können? Und mein Leben geben für andere? Habe ich nicht eher Angst davor?

Da tröstet mich dann wieder Jesu grenzenlose Barmherzigkeit.

Er kennt mich mit meinen Grenzen und Schwächen. Er weiß um meinen „Kleinglauben“. Er verzeiht mir immer wieder neu und sagt zu mir: „Fang wieder von vorne an! Geh weiter! Ich nehme dich an der Hand. Ich bin an deiner Seite. Ich verlasse dich nicht. Ich zeige dir den Weg. Hab Mut! Glaube! Vertraue!“

In diesem Zusammenhang bete ich gern: „Jesus, der in uns den Glauben vermehre! Jesus, der in uns die Liebe entzünde! Jesus, der in uns die Hoffnung stärke!“

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Wie geht der „Weg mit Jesus“ ganz praktisch?

Wie realisiere ich die Beziehung zu ihm?

Einmal, indem ich ihn immer wieder anrede, mit ihm im Gespräch bleibe, bete. Zu Jesus beten! Mich ihm öffnen! Mich ihm hinhalten! Ihm alles sagen und alles zu ihm hintragen. Mich selbst ihm anheim stellen. Rufen und bitten, loben und preisen. Und immer wieder danken.

Theresa von Avila sagt: „Beten ist meiner Meinung nach nichts anderes als das Verweilen bei einem Freund, mit dem wir oft und gern zusammenkommen, einfach um bei ihm zu sein, weil wir wissen, dass er uns liebt.“

Solches Beten ist dann kein Müssen und kein Tun und Machen mehr, sondern ein Suchen seiner Nähe, ein Verweilen in seiner Gegenwart. Solches Beten wird immer stiller und innerlicher. Es wird ein Hören, ein schweigendes Lauschen.

 

Wie geht der „Weg mit Jesus“ ganz praktisch?

Ein zweites ist mir wichtig: „Wachse Jesus, wachse in mir!“

Hineinwachsen in seine Gesinnung. Versuchen, immer mehr seine Konturen anzunehmen. „Bilde mein Herz nach deinem Herzen!“ Gestalte mich in deiner Liebe um! Eine ähnlich Lebenseinstellung anstreben, wie Jesus sie vorlebt: frei von Selbstbezogenheit, Leidenschaft für Gott und Leidenschaft für die Menschen, ganz im Vertrauen auf Gott, ganz in der Liebe zu den Menschen.

 

Wie geht der „Weg mit Jesus“ ganz praktisch?

Ein Drittes: „Was er euch sagt, das tut!“ Sein Stimme hören.

Auf ihn hören. Das Evangelium als Wegweiser, als Richtschnur als Maßstab. Sein Wort gibt Orientierung. Es ist ein Licht in der Dunkelheit. Es gibt Trost und Halt. Es rettet und heilt. Es richtet auf und befreit.

Manchmal provoziert es mich auch. Es stellt Fragen. Es stellt mich in Frage. Aber ich weiß, dass dies heilsam ist, dass es mich wach rüttelt, mich zur Umkehr mahnt und mich wachsen lässt.

 

Wie geht der „Weg mit Jesus“ praktisch?

Ein letztes. Für mich am wichtigsten: Vertrauen zu Jesus.

Darum nenne ich ihn „Freund“ und „Meister“ und „Wegbegleiter“.

Vertrauen ist mir nicht selbstverständlich. Vor allem, wenn etwas schief geht, wenn mein Leben dunkel wird, bei Ärger, Enttäuschungen, Leiderfahrungen. Wenn etwas quer kommt, mich aus der Bahn wirft. Dann muss ich manchmal sehr um mein inneres Gleichgewicht kämpfen und wieder neu um Vertrauen ringen.

 

Doch seltsam: sobald ich es fertig bringe, mich aus Zweifel, Schmerz oder Verwirrung heraus an Jesus zu wenden, kehrt das Vertrauen wieder und weckt eine Gewissheit, dass ich nicht allein bin und ich fühle mich trotz allem getragen. Dann spüre ich, dass Jesus mich tatsächlich begleitet, dass er das Licht ist, das mich erleuchtet, die Kraft, die mich stärkt, der Beistand, der mich nicht verlässt.

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

So steht Jesus hier und heute (am Christkönigsfest) auch vor Ihnen, vor jedem einzelnen von Ihnen. Und fragt: Willst du mir nicht dein Vertrauen schenken? Vertraue meiner Liebe! „Ich bin dein Licht und dein Heil. Ich bin die Kraft deines Lebens“ (vgl. Ps. 27). Und er sagt: Nimm mich als deinen „König“ – als Freund, als Meister, als Erlöser!

 

Du zweifelst noch? Du hast Bedenken, wohin ich dich dann führen werde? Ich verstehe dich. Doch lass dich nicht vom Kleinglauben blockieren! – Eigentlich ist es ganz einfach: Sag „ja“ zu mir! Werde immer mehr eins mit mir! Hab keine Angst! Ich bin bei dir! Lass dich von mir an der Hand nehmen. Dann zeig ich dir Schritt für Schritt den Weg. Und gebe dir die Kraft dafür.

 

Du wirst mich finden im Wort meines Evangeliums und in der Stille des Gebetes. Du wirst mir begegnen in jedem Menschen, dem Du Liebe schenkst und beistehst. Jetzt tu den ersten Schritt! Und dann tu den nächsten Schritt! Sage: „O Gott, komm mir zu Hilfe! Herr, eile mir zu helfen!“ Sage: „Ich glaube, Jesus! Hilf meinem Kleinglauben!“ Sag‘ nur: „ich glaube“, dann bin ich immer mit dir!

 

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