geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Christi Himmelfahrt

 

In der vergangenen Woche ist mir folgendes passiert:

Es ging um eine Terminplanung am Telefon.

Ich sagte: „Donnerstag geht nicht, da ist Feiertag.“

Worauf mein Gesprächspartner am anderen Ende erwiderte:

„Ach ja, Vatertag.“

 

Ich habe nichts gegen einen Vatertag. Warum soll es – im Zuge der Gleichberechtigung – neben dem Muttertag nicht auch einen Vatertag geben?

 

Was mir jedoch zu denken gibt, ist, dass ein altes christliches Fest – so wie es aussieht – immer mehr an Bedeutung verliert und aus dem Bewusstsein verschwindet.

Woran liegt das?

 

Einen Grund sehe ich in der zunehmenden Entchristlichung unserer Gesellschaft, nicht nur Entkirchlichung, sondern auch Entchristlichung.

Einen weiteren Grund mag sein, dass viele mit „Christi Himmelfahrt“ schlichtweg nichts anzufangen wissen.

 

„Christi Himmelfahrt“: Die einen juckt es nicht, sie feiern Vatertag. Die anderen stehen hilflos diesem Fest gegenüber.

Gut, es ist ein arbeitsfreier Tag. Schön! – Die Kinder haben schulfrei. Auch schön! – Es lässt sich leicht ein verlängertes Wochenende daraus machen oder sogar ein Kurzurlaub. Prima!

 

Aber was bedeutet dieser Tag? Was feiern wir heute?

Klingt – im Zeitalter der Weltraumfahrt – nicht allein schon der Name „Himmelfahrt“ sonderbar? Als ob da einer vor 2000 Jahren wie bei einem Raketenstart vom Boden abgehoben hätte, in die Wolken geschwebt und jenseits entschwunden wäre.

Um es vorweg zu sagen: Die Frage nach der Himmelfahrt Christi ist keine Frage der Geographie oder Astronomie. Der Himmel, in denen Jesus eingegangen ist, hat nichts mit dem Weltall zu tun, in das wir Menschen immer tiefer eindringen. Der Himmel, in den Jesus aufgenommen wurde, ist weder irgendwo über unseren Köpfen, noch hinter irgendwelchen Wolken.

 

Nun denken Sie vielleicht: Aber es heißt doch, dass Jesus vor den Augen seiner Jünger emporgehoben wurde, dass eine Wolke ihn aufnahm und ihn ihren Blicken entzog (Apg. 1,9). Stimmt!

 

Allerdings, die Erzählungen von der Himmelfahrt Jesu in der Bibel wollen keinen historischen Vorgang schildern.

Sie wollen nicht sagen: Genau so war es. Genau so müsst ihr es glauben! Es sind vielmehr Bilder, Symbole aus der damaligen Zeit und entsprechend der orientalischen Umgebung.

So ist z. B. auch die „Wolke“ nichts anderes als ein Bild für die besondere Nähe Gottes, ein Bild, das auch sonst in der Bibel oft die Gegenwart Gottes symbolisiert.

 

„Christi Himmelfahrt“, ein missverständliches Wort.

Gemeint ist: Jesus ist heimgekehrt zum Vater. Die Liturgie spricht auch von „Erhöhung“ zum Vater. Gott hat Jesus, seinen Sohn an seine Seite genommen. Christus thront zur Rechten des Vaters.

Das bedeutet: Jesus Christus ist der Herr. Sein ist das Reich und die Kraft, sein ist die Macht und die Herrlichkeit.

 

Aber was bedeutet die Rückkehr Jesu zum Vater für die Jünger und Jüngerinnen Jesu? Was bedeutet sein Heimgang zum Vater für die Kirche? Und was hat das heutige Fest mit uns zu tun?

 

Zwei Aspekte sind mir wichtig und auf diese möchte ich noch hinweisen:

Erstens: Der menschgewordene, der gekreuzigte und auferstandene Christus, der jetzt im Licht und in der Herrlichkeit Gottes ist, er ist und bleibt den Seinen, der Kirche und auch uns dennoch nahe.

Seine Aufnahme in den Himmel, sein Heimgang zum Vater war nur äußerlich gesehen ein Fortgehen, ein Abschied, ein Verlust. In Wirklichkeit war und bedeutet sein Weggang für die Seinen damals und auch für uns heute eine neue Form der Gegenwart.

 

Christus ist gegenwärtig, wo Menschen sich in seinem Namen versammeln. Zwei oder drei genügen schon. – Christus ist gegenwärtig, wenn wir sein Wort hören. Er sagt uns die Frohe Botschaft. – Christus ist gegenwärtig, wenn wir das Brot brechen und das Mahl der Liebe feiern. Er kommt zu uns und schenkt sich uns in hl. Kommunion. – Christus ist gegenwärtig, wenn wir in der Tiefe des Herzens beten.

Nicht zuletzt begegnet Jesus uns im Nächsten, im Bruder und der Schwester, vor allem in dem, der unsere Hilfe braucht. Was wir einem von ihnen getan haben, das haben wir ihm getan.

 

Noch etwas, liebe Mitchristen:

Bei den Erzählungen vom Heimgang Jesu zum Vater ist fast immer auch die Rede von der Sendung des Hl. Geistes und vom Zeugnisgeben. – Bevor Jesus die Seinen verlässt, verheißt er ihnen den Hl. Geist, den Beistand, die Kraft von oben. Und er bestellt sie zu seinen Zeugen.

 

Sehen Sie: Es ist Jesus ein Anliegen, dass wir uns zu ihm bekennen und für ihn in Wort und Tat Zeugnis ablegen.

Das ist aber nur möglich im Hl. Geist. Und um diesen Geist und seine Gaben wollen und sollen wir in den kommenden Tagen der Pfingstnovene ganz besonders kräftig und inständig beten.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Himmelfahrt und Pfingsten sind sozusagen das Startsignal für Sendung, für Mission, für Evangelisierung.

Und das ist nicht nur Auftrag für die Hauptamtlichen in der Kirche. Das ist Sache und Aufgabe jedes Getauften.

„Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um anderen zu helfen, zu heilen, um Gutes zu tun. Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen. Christus hat keinen Mund, nur unseren Mund, um den Menschen von ihm zu erzählen. Christus hat kein anderes Herz als unser Herz, um die Menschen zu lieben.“

So können wir bereits hier und jetzt ein Stück Himmel schaffen, indem wir für andere da sind, indem wir helfen, wo „Not am Mann“ ist. Wir können einen Hauch von Himmel spürbar werden lassen, indem wir andere an unserem Glauben und Hoffen teilhaben las­sen. Wir können etwas vom Himmel erfahrbar machen, indem wir einander mit Offenheit und Liebe begegnen.

 

„Ihr seid meine Zeugen!“ sagt Jesus. Sind wir es?

Jesus will durch uns sein Heilswerk heute fortsetzen.

Er will durch uns seine Liebe zu den Menschen bringen.

Er sucht keine Museumswärter. Er sucht Zeugen. Er sucht Menschen, die sich zu ihm bekennen und in seinem Namen handeln.

 

Als seine Zeugen aber können und dürfen wir gewiss sein:

„Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt!“