Exerzitien mit P. Pius

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Das Gebet Jesu und unser Beten

(7. Ostersonntag, Lesejahr A; Joh 17, 1 - 26)

 

 

EVANGELIUM                                                                                                  

Vater, verherrliche deinen Sohn!

 

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes

In jener Zeit

1erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist da. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht.

2Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt.

3Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast.

4Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast.

5Vater, verherrliche du mich jetzt bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war.

6Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir, und du hast sie mir gegeben, und sie haben an deinem Wort festgehalten.

7Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist.

8Denn die Worte, die du mir gegeben hast, gab ich ihnen, und sie haben sie angenommen. Sie haben wirklich erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast.

9Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir.

10Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht.

11aIch bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt, und ich gehe zu dir.

 

 

 

Wenn jemand stirbt, ein Vater oder eine Mutter z.B., dann gibt es oft noch eine Abschiedsrede, ein letztes Wort oder einen Abschiedsbrief. – Da werden keine Belanglosigkeiten mitgeteilt, da kommt Wichtiges und Richtungweisendes zur Sprache.

 

Auch von großen Denkern sind uns Abschiedsreden und Briefe erhalten, angefangen von Sokrates bis zu dem christlichen Philosophen aus Münster Peter Wust.

Als der an Krebs erkrankte Peter Wust von seinen Studenten um ein Abschiedswort gebeten wurde, schrieb er: „Wenn Sie mich fragen sollten, bevor ich jetzt gehe und endgültig gehe, ob ich nicht einen Zauberschlüssel kenne, der einem das letzte Tor zur Weisheit erschließen könnte, dann würde ich Ihnen antworten: Jawohl.

Und zwar ist dieser Zauberschlüssel nicht die Reflexion, wie Sie es von einem Philosophen erwarten möchten, sondern das Gebet. Das Gebet als letzte Hingabe an Gott gefasst, macht still, macht objektiv… Die großen Dinge des Daseins werden nur den betenden Geistern geschenkt.“ – Ein großes Abschiedswort!

 

Jesus schreibt keinen Brief, aber er hält auch eine Ansprache an die Seinen. Er gibt ihnen Trost und macht ihnen Mut.

Dann aber betet Jesus. Er redet nicht „mit“ den Jüngern, sondern er redet über sie mit dem Vater. Er spricht den Vater an. Jesus betet. Er bittet für die Seinen, dass sie sein Wort, seine Lehre und sein Beispiel im Glauben bewahren.

Solcher Glaube ist kein gesichertes Gut. Er ist höchst angefochten. Auch die Jünger und Jüngerinnen Jesu sind oft bedroht von Mutlosigkeit angesichts des Bösen in der Welt und in ihrer Umgebung, untröstlich aufgrund der scheinbaren Gottferne inmitten von Elend, Leid und Not, und nicht selten enttäuscht auch über manche Mitchristen in der eigenen Gemeinde und solcher die einen Dienst oder ein Amt ausüben.

Jesus legt das Schicksal der Jünger in seinem Abschiedsgebet in die Hand des Vaters. „Ich habe ihnen alles geoffenbart. Bewahre sie in deinem Namen.“

 

Bei aller Hoheit und Feierlichkeit in den Worten Jesu ist dieses „hohepriesterliche Gebet“, wie es genannt wird, doch sehr persönlich. Es gibt einen intimen Einblick in die innige Beziehung Jesu zu Gott. Wir spüren seine vertraute Nähe zum Vater.

Sie wird besonders deutlich in dem Satz: „Alles, was mein ist, ist dein und alles, was dein ist, ist mein.“

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Das Hohepriesterliche Gebet kann zum Vorbild unseres eigenen Betens werden. Jesu Gebet kreist nicht um ihn selbst. Noch im Angesicht des Todes gilt es seinen Jüngern und darüber hinaus allen Menschen, damit auch sie den Vater erkennen und sie eins werden mit Gott, wie er es ist.

Für Jesus war das Gebet Grundlage all seines Wirkens, die Wurzel seiner Liebe zu den Menschen, die Quelle seines Glaubens. Deshalb sollte das Gebet auch das Fundament unseres Lebens werden.

 

Liebe Mitchristen!

Vom Beten Jesu berichten alle vier Evangelisten.

Oft geschah es, dass Jesus sich von den Menschen zurückzog in die Einsamkeit, in die Stille der Nacht, auf einen Berg.

Dort betete er – ganz allein. Das Gebet war ihm wichtig. Das macht er in vielen Hinweisen und Ermahnungen deutlich.

Jesus betete so, dass seine Jünger ihn baten: „Herr, lehre uns beten!“

 

Wiederholt wird vom spontanen Beten Jesu berichtet.

Einmal bringt Jesus unvermittelt in den Jubelruf aus: „Vater, ich preise dich, dass all das den Klugen und Weisen verborgen, den Kleinen und Unmündigen aber offenbart hast…!“ (Mt 11, 25)

Ein anderes Mal betet er aus tiefer innerer Not: „Jetzt ist meine Seele erschüttert. Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche deinen Namen!“ (Joh 12, 27)

 

Jesus liebte und praktizierte offensichtlich das freie Beten.

Auf der anderen Seite heißt es von Jesus: „Er ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in den Tempel.“

Beim Beten Jesu hat man nie den Eindruck, dass er nur ein Pensum erledigt. Dennoch liebt er auch das Ritual und die Regelmäßigkeit.

 

Ich glaube, wir können von Jesus das Zueinander von Spontaneität und guter Gewohnheit lernen.

Wo nur Lust und Laune, Bedürfnis und Beliebigkeit uns zum Beten bringen – womöglich sogar unter Berufung, dass nur spontanes Gebet echt sei – da kann sich kein Gebetsleben entfalten.

Das freie, spontane Gebet ist gut. Aber es ist nicht ratsam, sich ganz und gar darauf zu verlassen. Das Leben sprudelt nicht immer. Es gibt auch Durststrecken.

Deshalb ist es wichtig, gute vorgeformte Gebete zu kennen.

Sie können ein großer Reichtum sein. In Stunden der Leere und der Not, in Wartesälen und auf langen Autofahrten, in Krankheit, bei Schlaflosigkeit bis hin zum Sterbebett können sie eine große Hilfe sein.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Das neue Gotteslob enthält wie das alte im ersten Teil eine große Sammlung und Auswahl guter und schöner Gebete. Wenn wir die abgedruckten Psalmen dazu nehmen, haben wir hier einen echten Gebetsschatz für das persönliche Gebet.

Es sind Gebete großer Gestalten christlicher Spiritualität durch viele Jahrhunderte, Gebete von Heiligen und manche Gebete auch von engagierten Christen unserer Zeit.

 

Wo sich jemand ein solches Gebet zu eigen macht, besteht die Möglichkeit, dass er auch von der inneren Haltung dieser Menschen vieles übernimmt.

Ich denke z. B. an das Gebet des Nikolaus von der Flüe „Mein Herr und mein Gott…“ (Gotteslob 9,5), an das „Atme in mir, du Heiliger Geist...“ (Gotteslob 7,2), das dem heiligen Augustinus zugeschrieben wird oder an das Gebet von Pierre Olivaint „Wachse Jesus, wachse in mir…“ (Gotteslob 6,5).

 

Jedes Gebet hat verwandelnde Kraft. Wie sagt Peter Wust?

„Das Gebet als letzte Hingabe macht still und objektiv.“

 

Wer in schwierigen Situationen getan hat, was er konnte, wer also im Gebet Gott nicht zum Handlanger der Menschen oder zum Lückenbüßer macht, der kann und darf alles sehr bewusst, aber auch getrost in Gottes Hände legen. Man kann dadurch eine große Ruhe, innere Gelassenheit und tiefen Frieden finden.

 

Es ist ähnlich wie dort, wo ich mich bei einem Menschen meines Vertrauens ausspreche, ihm alle meine Sorgen und Probleme mitteile. Äußerlich verändert sich die Not vielleicht nicht. Aber ich weiß mich aufgehoben bei einem, der mir zugetan ist, der mich versteht, der mir Wertschätzung entgegenbringt und der ein großes Interesse daran hat, dass es mir gut geht.

 

Theresa von Avila hat einmal gesagt, im Gebet gebe es mindestens zwei Wasserstellen. Die eine müssten wir selbst graben und dafür sorgen, dass sie regelmäßig Wasser enthält. Bei der anderen, der besseren, gehe es einfach darum, „zu warten, bis das Wasser aufsprudelt“.

 

Wem das Beten schwer wird, der sollte einmal versuchen ohne Worte vor Gott zu verweilen, ruhig werden, still, schweigend da sein vor dem, in dem, der da ist, willig und vertrauend Ihm das Innere öffnen, mich ihm hinhalten, mich ihm anvertrauen, eintauchen in seine Gegenwart.

 

Eine der schönsten Definitionen von Gebet stammt von Theresa von Avila: „Beten ist meiner Meinung nach nichts anderes als das Verweilen bei einem Freund, mit dem ich oft und gern zusammenkomme, einfach um bei ihm zu sein, weil ich weiß, dass er mich liebt.“

 

Die deutsche Mystikerin, Gertrud von Helfta, sagt über das Gebet:

„Das Gebet, das ein Mensch nach bestem Können verrichtet, hat große Kraft. Es macht ein bitteres Herz süß, ein trauriges froh, ein armes reich, ein törichtes weise, ein verzagtes kühn, ein schwaches stark, ein blindes sehend, ein kaltes brennend.

Es zieht den großen Gott in das kleine Herz, es trägt die hungrige Seele empor zu Gott, dem lebendigen Quell und bringt zusammen zwei Liebende: Gott und die Seele.“

 

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