Exerzitien mit P. Pius

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"Der Herr aber sieht das Herz"

(4. Fastensonntag - Lesejahr A; 1 Sam, 16)

 

Wenn wir einem Menschen zum ersten Mal gegenübertreten, haben wir gleich einen Eindruck von ihm.

Vom Äußeren her, von seinem Aussehen und seiner Gestalt her machen wir uns ein Bild.

Wir schätzen ihn ein und wir ordnen ihn ein. Wir bilden uns ein erstes Urteil.

Und je nach dem finden wir jemanden sympathisch oder nicht, trauen ihm etwas zu oder nicht.

 

Beim ersten Begegnen ist es vor allem die körperliche Erscheinung, seine Statur, seine Haltung und das Outfit, (Kleidung, Haarfarbe, Brille usw.), die uns auf den ersten Blick sagen oder verraten oder zumindesten vermuten lassen, was wir für einen Menschen vor uns haben.

Aus dem, was wir sehen und wahrnehmen, versuchen wir den Charakter zu erschließen. Und fühlen uns schon im ersten Moment angezogen oder abgestoßen.

 

Dem anderen geht’s natürlich mit uns genauso.

Wir selber werden schon im ersten Augenblick taxiert, eingeschätzt, eingeordnet.

 

Bei einem Vorstellungsgespräch sind nicht nur gute Zeugnisse und Referenzen wichtig. Es kommt auch darauf an, was für einen Eindruck jemand macht, wie er sich zeigt und gibt.

Allein schon das Äußere ist aufschlussreich: die Kleidung, das Aussehen, die Frisur, die Figur. Man nennt dies den Marketingcharakter einer Person.

Jemand, der sich gut darzustellen weiß, hat gleich bessere Chancen. So tun viele alles, um nur gut auszusehen und einen guten Eindruck zu machen. Sorgfältig achten sie auf das Äußere.

 

Das kann im Alltag aber auch dazu führen, dass man sich vom äußeren Erscheinungsbild blenden lässt, dass man dem Vordergründigen auf den Leim geht, oder sich von Ruf und Titel und sonstigem Imponiergehabe beeindrucken und beeinflussen lässt.

 

Die Lesung, die wir gehört haben, erzählt von einer solchen Situation. Der Prophet Samuel hat von Gott den Auftrag, einen der acht Söhne Isais zum König über Israel zu salben.

Schon beim ersten, der ihm vorgestellt wird – es ist Eliab, der älteste der Söhne – er hat eine stattliche Statur und macht eine gute Figur, ein Mann, der wirklich etwas vorstellt und darstellt – schon da denkt er: „gewiss ist er der Auserwählte des Herrn“.

Für Isai, den Vater, lag’s wohl ebenfalls auf der Hand:

wenn einer in Frage kommt, dann doch der Erstgeborene, der Erfahrenste.

Und Eliab selbst hat sich wohl auch als geeignet, gut und tüchtig eingeschätzt.

 

Aber es kommt ganz anders. Gott sagt zu Samuel:

„Schau nicht auf sein Aussehen und seine stattliche Gestalt.

Ich habe ihn nicht erwählt. Denn ich schaue nicht auf das Äußere.

Der Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz.“

 

Gott lässt sich nicht vom Äußeren blenden. Er lässt sich nicht vom vordergründigen Erscheinen und Aussehen beeindrucken und beeinflussen.

Gott schaut tiefer. Gott schaut in das Innere des Menschen.

Er weiß, was jemand wirklich ist und nicht nur, was er nach außen zu sein scheint.

 

Und so geht es den anderen Söhnen Isais.

Allesamt stattliche Kerle! Jeder auf seine Weise tüchtig und verdienstvoll!

Aber keiner kommt zum Zug, einer nach dem anderen fällt durch.

 

David war, menschlich gesehen, alles andere als erste Wahl.

Er war der Jüngste, der „Kleine“. An ihn hat kein Mensch gedacht.

Er musste extra vom Feld beim Viehhüten geholt werden. Das sagt alles.

Und doch wird er ein ganz großer, ruhmreicher und mächtiger König werden,

nicht ohne Konflikte, nicht ohne Fehler und zum Teil auch schwere Schuld,

aber doch ein guter König, der sein Volk wirkungsvoll führt und ihm hochherzig dient.

Wie kommt David zu dieser Aufgabe? Warum wird er erwählt? Warum ausgerechnet David?

 

Das eine ist:

Samuel hört in dieser Entscheidungssituation auf seine innere Stimme hört, auf die Stimme des Herrn.

Und er gibt sich nicht mit der Auswahl und Vorführung der anwesenden Söhne Isais zufrieden, sondern fragt auch nach dem Kleinen und Nicht-Sichtbaren, nach dem Verborgenen.

 

Das andere ist:

David sieht auch gut aus. Er ist blond und schön.

Aber das Äußere ist nicht alles, es ist nicht ausschlaggebend.

David hat auch die entscheidenden Qualitäten des Herzens.

 

„Der Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz.“ Für mich ist dieser Satz der Allerwichtigste in dieser Erzählung.

 

Wenn Gott tiefer schaut, wenn er das Herz sieht, dann tut er das aber nicht als Polizist oder als Staatsanwalt.

Gott ist nicht der große Aufpasser und gnadenlose Verurteiler. Gott ist nicht wie ein Personalchef,

dem nichts entgeht, der alles registriert und irgendwann dann knallhart die Rechnung präsentiert.

 

Gott sieht vielmehr das Herz als einer der für mich Interesse hat, dem es um mich geht, dem ich wichtig bin.

Gott sieht das Herz mit Augen der Güte. Voll Liebe schaut er auf mich.

Bei ihm bin ich angesehen. Sein Blick in mein Inneres macht mich wertvoll,

ganz gleich wie es um mein Äußeres bestellt ist, egal ob es mir gut geht oder schlecht,

ob ich arm bin oder reich, gesund oder krank, angesehen und geehrt bei den Menschen oder nicht.

 

„Der Herr sieht das Herz.“

Gott schaut tiefer. Er schaut hinter Masken und Fassaden.

Er durchschaut jedes Imponiergehabe. Bei ihm gibt es keine Anbiederung und Liebdienerrei.

Ihm kann man nichts vormachen und braucht es auch nicht.

 

Gott kennt meine Ängste und Sorgen, aber auch mein Vertrauenwollen.

Er kennt meine Fragen und Zweifel, aber auch mein Bemühen um Glauben.

Gott kennt mein Versagen und meine Schuld, aber auch meinen Willen zum Guten und meine immer wieder neue Bereitschaft.

Er kennt meinen Egoismus, aber auch mein Bestreben, gut zu sein und für andere da zu sein.

Er kennt meine Neid- und Eifersuchtsgefühle, er weiß um mein Klammern und Festhalten-Wollen.

Aber er sieht auch, wie ich immer wieder versuche, meine Hände zu öffnen, loszulassen, mich zu überlassen, mich ihm anheimzustellen und mich ihm anzuvertrauen.

Wer ich auch bin, wie ich auch bin, Gott kennt mich, er weißt um mich.

Aber er lässt mich nicht fallen. Bei ihm bin ich geborgen.

Bei ihm finde ich Trost und Schutz und Halt.

 

„Der Herr sieht das Herz.“

Das heißt für mich auch, dass ich es nicht kann, zumindest nicht auf den ersten Blick.

Und das sagt mir: Hüte dich vor schnellen Schlüssen und voreiligem Urteilen!

Steck niemanden in eine Schublade!

Sei vorsichtig mit dem Urteilen.

Pass noch mehr auf mit dem Verurteilen.

Übe dich im Blick des Guten. Sprich keinem guten Willen ab!

Sei auf die Liebe bedacht! Sei barmherzig!

Denn, so sagt Jesus in der Bergpredigt:

„mit dem Maß mit dem ihr messt, wird auch euch zugeteilt und gemessen werden.“

 

Einem Menschen können wir ins Herz sehen, uns selber!

Und genau das sollten wir tun.

Das heißt: ehrlich sein vor uns selber, sich selber nichts vormachen.

Das Fehlerhafte und Bruchstückhafte sehen, zu den eigenen Schwächen stehen.

Aber auch die Stärken sehen, die guten Seiten.

Wir brauchen uns nicht schlechter zu machen als wir sind.

Auch das Positive sehen.

Sich freuen über das Schöne und Gute und Gelungene, ohne überheblich zu werden.

 

„Der Mensch sieht, was vor Augen ist – der Herr aber sieht ins Herz.“ Ist das nicht eine tröstliche Botschaft?

Für mich ist das eine sehr ermutigende Botschaft.

Ich hoffe, für sie auch!

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